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Neues Mitglied des Deutschen Ethikrats unterstützt Schäubles Position in der Lebensschutz-Debatte

Archivmeldung vom 29.04.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.04.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Frauke Rostalski (2019)
Frauke Rostalski (2019)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Die Kölner Juristin und Philosophin Frauke Rostalski, soeben von der Bundesregierung in den Deutschen Ethikrat entsandt, unterstützt die jüngste Intervention von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) zur Corona-Krise.

In einem Gastbeitrag für den "Kölner Stadt-Anzeiger" unterstreicht die Direktorin des Instituts für Straf- und Strafprozessrecht der Universität zu Köln Schäubles Aussage, dass die Verfassung keinen absoluten Lebensschutz garantiere. "Vielmehr wird auch das Leben gegen andere Rechtsgüter abgewogen." Als Beispiel nennt Rostalski den Verzicht auf Organentnahmen an Verstorbenen, wenn diesem dem vorher nicht zugestimmt haben.

"Wir tun dies nicht, obwohl auf diese Weise Leben gerettet werden könnten - weil wir die Selbstbestimmungsfreiheit des Menschen auch über seinen Tod hinaus schützen und in dieser Konstellation also stärker gewichten als den Lebensschutz", erläutert Rostalski. "Übertragen auf die potentielle Lockerung von Corona-Maßnahmen heißt das: Wenn wir entscheiden, dass Kitas und Schulen weiter geschlossen bleiben oder aber Menschen ihre Reha-Maßnahmen (wieder) antreten dürfen, befinden wir uns schon mitten in der Abwägung." Sie halte es für zwingend notwendig, über die Bedeutung von Bildungschancen, die Angst vor drohendem Jobverlust, Einsamkeit und vieles mehr zu sprechen und dies in ein Verhältnis zur jeweils aktuell zu beurteilenden Gefahr durch das Virus zu setzen.

"Wer an das 'Wir' appelliert, muss dies auf der Basis guter Gründe und damit unter Einbeziehung sämtlicher relevanter gesellschaftlicher Interessen tun. Denn Verständnis ist der einzige Weg zu Solidarität", so Rostalski. Die 35 Jahre alte Juristin, die auch im Fach Philosophie promoviert hat, ist das jüngste von 24 Mitgliedern im neu besetzten Ethikrat. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören rechtliche Fragen rund um die Künstliche Intelligenz (KI). Die Berufung durch Bundestagspräsident Schäuble erfolgt zum 30. April. Das Gremium musste wegen des turnusgemäßen Ausscheidens einiger Mitglieder - unter ihnen der bisherige Vorsitzende Peter Dabrock - neu formiert werden. Das geschieht je zur Hälfte auf Vorschlag des Bundestags und der Bundesregierung.

Zu ihrer Nominierung sagte sie der Zeitung, sie freue sich sehr und fühle sich geehrt. Mit der Corona-Krise sei ein wichtiger Themenschwerpunkt für die Arbeit des Ethikrats quasi von selbst gegeben. Für wichtig halte sie darüber hinaus die Herausforderungen durch die Digitalisierung und die Fortschritte im Bereich der Biomedizin. Auch Fragen der Migration, der Zukunft der Arbeit oder des Tierwohls sieht die Juristin als bedeutsam für den Ethikrat. "Ich hoffe, durch meine Mitwirkung Akzente im gesellschaftlichen Diskurs setzen und die Arbeit von Regierung und Parlament mit wissenschaftlicher Expertise unterstützen zu können."

Der Deutsche Ethikrat ist das Nachfolgegremium des 2001 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) installierten Nationalen Ethikrats. Auf Basis des Ethikratsgesetzes von 2008 berät er Politik und Gesellschaft in den großen Fragen des Lebens. Seit seiner Gründung hat der Deutsche Ethikrat 17 Stellungnahmen erarbeitet, unter anderem zur Gendiagnostik, zur Intersexualität, zum Patientenwohl und zu Big Data.

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)


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