Fake-Zitate im Bayern-Wahlkampf: Falsche „AfD-Plakate“ sorgen für Verwirrung
Archivmeldung vom 25.09.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm bayerischen Wahlkampf geht es aktuell heiß her. Nicht selten übersteigt die Wahlwerbung die Grenzen des guten Geschmacks: Politiker werden denunziert oder Fakten verdreht. Doch nun ist im Freistaat ein AfD-Wahlplakat im Umlauf, das falsche Zitate von Grünen-Politikern zeigt. Die AfD streitet eine Beteiligung vehement ab, schreibt das russische online Magazin "Sputnik".
Weiter heißt es auf deren deutschen Webseite: "Auf Twitter kursiert derzeit das Foto eines AfD-Wahlplakats, das mit dem Slogan „Heimat bewahren – AfD wählen“ vier Bilder und Zitate von Grünen-Politikern zeigt. Zu sehen sind die Hamburger Grünen-Politikerin Stefanie von Berg, der ehemalige Außenminister Joschka Fischer, Grünen-Urgestein Daniel Cohn-Bendit und der Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin. Alle Zitate behandeln die Migrations- und Flüchtlingspolitik.
Sputnik geht für Sie die einzelnen Zitate durch und überprüft ihre Echtheit. So soll Stefanie von Berg in einer Rede am 11.11.2015 gesagt haben:
„Es ist gut so, dass wir Deutsche bald in der Minderheit sind.“
Allerdings hat die Politikerin dies nie so gesagt. In Wirklichkeit sagte sie, dass es ihrer Meinung nach in 20 bis 30 Jahren in Hamburg keine ethnischen Mehrheiten mehr gebe. Das heißt, jede Ethnie habe einen gleichen Anteil, von Minderheit ist keine Rede. Im weiteren Verlauf der Rede macht von Berg außerdem darauf aufmerksam, dass diese Veränderung Probleme und Herausforderungen mit sich bringe.
Auf dem angeblichen AfD-Plakat wird auch Joschka Fischer zitiert, der im Jahr 2005 Folgendes gesagt haben soll:
„Deutschland muss von außen eingehegt und von innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi verdünnt werden.“
Dieses Zitat ist falsch. Es stammt nicht etwa von dem Grünen-Politiker, sondern von der Journalistin Miriam Lau. Entstanden ist ihre Aussage bei einer Buchbesprechung. Dort schreibt Lau über das zu dem Zeitpunkt erschienene Buch „Risiko Deutschland“ von Joschka Fischer. Jene Formulierung aber kommt in dem Buch nicht vor, sondern ist eine Interpretation der Autorin.
Der deutsch-französische Publizist und Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit findet sich ebenfalls mit einem Zitat auf dem Wahl-Plakat wieder:
„Wir, die Grünen, müssen dafür sorgen, so viele Ausländer wie möglich nach Deutschland zu holen. Wenn sie in Deutschland sind, müssen sie für ihr Wahlrecht kämpfen. Wenn wir das erreicht haben, werden wir den Stimmenanteil haben, den wir brauchen, um diese Republik zu verändern.“
Verbreitung fand diese Aussage schon im Oktober 2015, als die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach das angebliche Zitat twitterte. Steinbach wurde dort mehrmals nach einer Quelle gefragt, worauf sie antwortete, sie habe es „im Internet gefunden“. Das Zitat las man bereits 2011 auf Seiten der NPD. Eine Quelle wurde aber auch da nicht angegeben.
Das vierte Zitat auf dem Plakat stammt angeblich von Jürgen Trittin, Bundestagsabgeordneter und einst grüner Umweltminister:
„Es geht nicht um Recht oder Unrecht in der Einwanderungsdebatte. Uns geht es zuerst um die Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils in diesem Land.“
Erschienen ist dieses Zitat angeblich in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 2. Januar 2005. Die „Braunschweiger Zeitung“ recherchierte und fragte bei der FAS nach. Doch die Mitarbeiter des dortigen Archivs konnten das Zitat nicht bestätigen. Ein Interview mit der entsprechenden Aussage ist nicht auffindbar.
Die AfD selbst äußerte sich nun ebenfalls zum angeblich von der Partei stammenden Wahlplakat. Gegenüber „Buzzfeed News“ betonte ein Sprecher, dass die AfD nicht der Urheber des Plakates sei. Es handele sich um einen Versuch, die Partei zu diskreditieren, indem ihr Dinge untergeschoben würden, die sie nicht behauptet habe. Man werde außerdem rechtliche Schritte gegen die missbräuchliche Nutzung des Parteilogos unternehmen, wenn bekannt werde, wer das Plakat erstellt oder verwendet habe."
Quelle: Sputnik (Deutschland)