Aktion `Wahlabsage´ warnt Hamburger Spitzenkandidaten vor Bagatellisierung des Nichtwählerphänomens
Archivmeldung vom 23.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Nichtwähler-Bewegung `Wahlabsage´ befürchtet, dass führende Politiker auch in der Hansestadt Hamburg der Versuchung erliegen werden, den zu erwartenden hohen Anteil nicht abgegebener Stimmen bei den anstehenden Bürgerschaftswahlen als heimliche Zustimmung zur jeweils eigenen Politik umzumünzen.
Besonders augenfällig wurde dieser gefährliche neue Trend zuletzt bei der Wahl zum Oberbürgermeisteramt der Stadt Frankfurt am Main. Hier wurde Petra Roth (CDU) bei einer Wahlbeteiligung von lediglich rund 34 Prozent vor einem Jahr als Stadtoberhaupt wiedergewählt. Damals bagatellisierte Roth laut Frankfurter Rundschau das Wegbleiben der Mehrheit der Bürger von den Wahlurnen als `großstadttypisch´.
Die bundesweite Nichtwähler-Initiative hofft, dass Ole von Beust aber
auch Michael Naumann nach der Wahl an der Elbe die Größe besitzen
werden einzuräumen, dass die Akzeptanz des Parlamentarismus in der
Bundesrepublik gefährdet ist und das demokratische System in
Deutschland modernisiert werden muss, um sich künftig der Zustimmung
der Bevölkerungsmehrheit sicher sein zu können.
Auf einer Berliner Podiumsdiskussion anlässlich der Landtagswahlen in
Hessen und Niedersachsen widersprach der Demokratietheoretiker Florian
Felix Weyh (`Die letzte Wahl´) zwar der Wertung des Phänomens
umgemünzter Nichtwählerstimmen als `dreist´. Er bestätigte aber dennoch
die Tatsache, dass Nichtwählen in der Fachliteratur traditionell eher
mit einem `Anti-Motiv´ bezüglich politischer Strukturen erklärt wird.
Der Soziologe und `Wahlabsage´-Initiator Hartmut Lühr warnt indes die
politischen Parteien in der Bundesrepublik davon auszugehen, den Frust
vieler Nichtwähler noch lange mit hoch bezahlten
Public-Relations-Maßnahmen für das eigene Image übertünchen zu können:
„Die Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Wahlboykott schlägt im
Internet heute bereits erheblich höhere Wellen als die Programme der
Parteien. Auch wenn Herr von Beust und Herr Naumann vielleicht
persönlich wenig vorm PC surfen - mit den Ergebnissen der
Meinungsbildung im Internet gerade bei jungen Leuten werden die
Parteipolitiker schon bald konfrontiert werden. Es steht zu befürchten,
dass ihnen diese nicht besonders gefallen werden und dass dann auch
keine rhetorischen Tricks wie in Frankfurt mehr nützen. Daher müssen
verantwortliche Staatsmänner endlich Schritte hin zu einer
Modernisierung des parlamentarischen Systems und weg von der Allmacht
der großen Parteien und der Lobbys machen. Mehr Elemente direkter
Demokratie wären hierbei ein Anfang.“
Quelle: Aktion `Wahlabsage´