Bericht: Merz sorgt sich um SPD
CDU-Chef Friedrich Merz hat sich am Dienstagabend in der kurzfristig anberaumten Sitzung der Unionsfraktion kritisch über seinen wahrscheinlichen Koalitionspartner geäußert. Wie der "Spiegel" unter Berufung auf ein ausführliches Protokoll der Sitzung berichtet, sagte Merz: "Die SPD ist eine tief erschütterte Partei, und ich bin mir noch nicht sicher, ob Frau Esken oder Herr Klingbeil überhaupt in der Lage sind, die Partei wieder aus der Krise herauszuführen."
Der Eindruck, den er bei seinen bisherigen Gesprächen bekommen habe, sei
nicht sehr ermutigend. "Ich habe den beiden gesagt, ich möchte ihnen
helfen", sagte Merz, "wir können kein Interesse daran haben, dass diese
Partei kaputtgeht, denn dann wird es in der politischen Mitte ziemlich
einsam."
Vor den Abgeordneten begründete Merz seinen plötzlichen
Kurswechsel in der Schuldenfrage mit der geänderten außenpolitischen
Lage. "Ich bin sehr dankbar, dass wir die außen- und
verteidigungspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik
Deutschland mit dieser Entscheidung heute vollumfänglich unter Beweis
stellen", sagte Merz. "Wenn es heute Nacht passieren sollte, dass Trump
tatsächlich einen Austritt aus der Nato erwägt oder gar verkündet, dann
sind wir als Bundesrepublik Deutschland die Ersten, die bereits im
Vorgriff darauf richtig reagiert haben." Merz bezog sich auf Gerüchte,
dass der US-Präsident bei seiner Rede vor dem Kongress einen Austritt
aus der Nato verkünden könne.
Merz wurde laut "Spiegel" in der
Sitzung von Ralf Brinkhaus kritisiert, seinem Vorgänger im
Fraktionsvorsitz. Die Aufweichung der Schuldenbremse für den
Verteidigungshaushalt könne er ja nachvollziehen, sagte Brinkhaus, "denn
wir haben eine Dramatik und Dynamik, die sicherlich sehr groß ist. Auch
wenn man da vielleicht schon vor vier oder acht Wochen hätte
draufkommen können. Aber das Sondervermögen für Infrastruktur? Da bin
ich mehr als skeptisch", kritisierte er Merz, "das ist eine
100-prozentige SPD-Forderung. Vielleicht ist das der Preis, der bezahlt
werden muss, aber dieser Preis ist ziemlich hoch." Brinkhaus weiter:
"Und ganz ehrlich - wir sind acht Wochen durch den Wahlkampf gerannt und
haben immer wieder gesagt, sorry, das machen wir nicht, das müssen wir
aus den laufenden Mitteln rauskriegen."
Merz verwies auf die
Zahlen, die Finanzminister Jörg Kukies (SPD) den Sondierern von SPD und
Union vorgelegt habe. Schon der Fehlbetrag im bestehenden Haushalt liege
"irgendwo bei 68 Milliarden Euro". Er habe den Sozialdemokraten gesagt,
dass er keinen Abschluss machen werde, "der den Konsolidierungsbedarf
des Haushaltes gänzlich auf null fährt und wir dann nur wieder fröhlich
weitere Ausgaben machen".
Auch das Verteidigungsministerium habe
Zahlen vorgelegt. "Die sind viel, viel schlechter als das, was uns die
Bundesregierung bisher im Haushaltsentwurf für 2025 vorgelegt hat. Die
haben selber gesagt, dass dieser Haushalt, so wie sie ihn uns vorgelegt
haben, wahrscheinlich mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, weil sie
einfach die Haushaltsgrundsätze nicht eingehalten haben", so Merz.
Quelle: dts Nachrichtenagentur