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Grosse-Brömer: Gescheitertes Verbotsverfahren würde NPD nützen

Archivmeldung vom 01.12.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.12.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Holger Apfel auf einem NPD-Podium
Holger Apfel auf einem NPD-Podium

Foto: Marek Peters by Flattr
Lizenz: GFDL 1.2
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), fürchtet, dass ein gescheitertes Verbotsverfahren gegen die NPD der Partei mehr nützen als schaden würde. Grosse-Brömer sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Daher darf die Forderung nach einem Verbot der NPD keine populäre sein, sondern muss auf einem substantiell unterlegten Verbotsantrag beruhen. Nur so kann man in der Sache und in der Wirkung erfolgreich sein."

Der CDU-Politiker sagte, keiner wolle eine Partei wie die NPD: "Sie steht für Rechtsradikalismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und wendet sich damit gegen unsere freiheitliche Grundordnung." Solchem Gedankengut müsse mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Nährboden entzogen werden. "Ein Parteiverbot wäre ein Schritt in diese Richtung, auch wenn dadurch das Problem nicht der Ursache nach gelöst wird", sagte Grosse-Brömer der F.A.S. Er wies auf das Treffen der Innenminister am nächsten Mittwoch und das der Ministerpräsidenten am Donnerstag hin: "Wir blicken jetzt auf die kommende Woche, ob die Länder aufgrund der gesammelten Materialien eine eindeutige Entscheidung für einen Verbotsantrag treffen."

Ehemaliger Verfassungsrichter Hassemer sieht Chancen für NPD-Verbot

Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer hält einen Erfolg des angestrebten NPD-Verbotsverfahrens für möglich. Hassemer sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Der vorige Versuch, die NPD zu verbieten, scheiterte, weil das Gericht nicht unterscheiden konnte, ob das zur Begründung eines Verbots beigebrachte Material von der NPD selber oder von V-Leuten stammte. Dieses Problem existiert offenbar nicht mehr."

Hassemer, der im Jahr 2003 wegen dieser V-Leute-Problematik zu jenen Verfassungsrichtern gehörte, die sich für eine Einstellung des NPD-Verbotsverfahrens ausgesprochen hatten, sagte, nun gebe es gute Chancen, dass das Verfassungsgericht "auch zum materiellen Problem" vordringe. "Das besteht nicht nur in irgendwelchen dummen Texten der NPD, sondern in deren aggressiver Vorgehensweise. So könnte es dieses Mal tatsächlich zu einem Verbot der NPD kommen", sagte Hassemer.

Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) sprach sich entschieden für ein NPD-Verbot aus. Dieses wäre "ein Gewinn für die politische Kultur in Deutschland", sagte er der F.A.S. McAllister sagte: "Auf der Basis des Gutachtens von Richter Dollinger schätzen wir in Niedersachsen die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Verfahrens als groß ein." Er werde sich daher auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. Dezember für einen Verbotsantrag aussprechen.

Zeitung: Länderinnenminister verweigern Friedrich "Testate" für NPD-Verbotsverfahren

Für das geplante NPD-Verbotsverfahren verweigern einige Landesregierungen die Zusicherung, dass das Beweismaterial ohne die Hilfe von V-Leuten des Verfassungsschutzes gesammelt wurde. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" lehnen mehrere Landesinnenminister ihre Unterschrift ab und wollen stattdessen nur die Präsidenten der Verfassungsschutz- und Landeskriminalämter unterzeichnen lassen. Ohne die Testate steigt nach Auffassung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Wahrscheinlichkeit, dass das Bundesverfassungsgericht in einem möglichen NPD-Verbotsverfahren die Klarnamen von V-Leuten genannt haben möchte.

In einem der "Welt am Sonntag" vorliegenden vertraulichen Schreiben von Friedrich und Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) an die Innenminister-Konferenz (IMK) heißt es dazu: "Das wäre äußerst problematisch, weil es einerseits Menschenleben gefährden und andererseits die Arbeit des Verfassungsschutzes über viele Jahre erschweren würde." Beide warnen ausdrücklich vor den Prozessrisiken: "Unter Berücksichtigung der im Bericht enthaltenen Ausführungen und in Abwägung der dargestellten prozessualen Risiken muss der Ausgang des Verfahrens nach übereinstimmender Ansicht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe als offen betrachtet werden." Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts sei "nicht prognostizierbar".

NPD-Chef befürwortet Verbotsantrag gegen seine Partei

Der Bundesvorsitzende der NPD, Holger Apfel, befürwortet einen Verbotsantrag gegen seine Partei. "Wir würden es begrüßen, wenn der Verbotsantrag endlich gestellt würde. Es gibt nichts unbefriedigenderes als ein fortwährendes Damoklesschwert eines Verbotes", sagte Apfel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Er gehe gleichwohl von einem Scheitern des Verbotsverfahrens aus - entweder vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHfM) in Straßburg. In einem Verfahren vor dem EuGHfM werde sich seine Partei auf die Europäische Menschenrechtskonvention berufen. Die Partei leide in Deutschland schon jetzt unter einem "faktischen Parteiverbot" und könne in Straßburg deshalb "Rechtsschutz" einfordern. Sollte das Bundesverfassungsgericht den von der NPD eingereichten Antrag auf "Feststellung der Verfassungskonformität" ablehnen, wolle die NPD sich eigenständig an Straßburg wenden, "um nicht wie das Kaninchen vor der Schlange zu stehen", sagte Apfel. Ein laufendes Verbotsverfahren sei ihm lieber als dessen fortwährende Androhung. "Wir würden es sehr, sehr begrüßen, wenn nicht nur mit dem Säbel gerasselt wird, sondern dem Säbelgerassel auch Taten folgen würden", so Apfel weiter.

Kramp-Karrenbauer zweifelt an NPD-Verbotsverfahren

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zweifelt am Erfolg eines möglichen NPD-Verbotsverfahrens. Der "Welt" sagte Kramp-Karrenbauer, sie sei schon als Innenministerin beim ersten Verbotsverfahren dabei gewesen und aus Schaden klug geworden. "Damals hat das Material nicht ausgereicht, um die NPD zu verbieten. Und ich weiß nicht, ob es heute reicht", sagte die CDU-Politikerin. "Wir sollten deshalb sehr genau überlegen, bevor wir der NPD wieder die Möglichkeit geben, sich mit einem gescheiterten Verbot ein weiteres Mal als Partei auf dem Boden der Verfassung zu inszenieren."

In der kommenden Woche beraten die Innenminister und anschließend die Länderchefs über die Einleitung eines NPD-Verbotsverfahrens. Inzwischen haben sich fast alle Bundesländer dafür ausgesprochen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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