Bouffier unterstützt CSU in Zuwanderungsdebatte
Archivmeldung vom 06.01.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat der CSU im Zuwanderungsstreit Rückendeckung gegeben. "Ich werde auch als Ministerpräsident mit schwarz-grüner Mehrheit ein Freund klarer Worte bleiben", sagte Bouffier der "Welt am Sonntag". "Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass niemand gern sein Heimatland verlässt. Wenn er es aus Armut tut, dann müssen wir ihn dort unterstützen. Gleichzeitig müssen wir aber auch einfordern, dass er sich darum bemüht, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten."
Hintergrund des Streits ist ein Papier der CSU für die Klausurtagung in Wildbad Kreuth in der kommenden Woche. Darin fordert die CSU-Landesgruppe, härter gegen so genannte Armutszuwanderung vorzugehen. Anlass ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgarien und Rumänen, die seit Jahresanfang gilt.
Besonders umstritten ist der Satz im CSU-Papier: "Wer betrügt, der fliegt." Die große Koalition will nun prüfen, ob die Regelungen gegen einen möglichen Missbrauch von Sozialleistungen verschärft werden sollen. Das neue Bundeskabinett soll dazu auf seiner ersten Sitzung im neuen Jahr am Mittwoch einen Staatssekretärs-Ausschuss einsetzen.
Zuwanderungsdebatte alarmiert Teile der Wirtschaft
Die hitzig geführte Zuwanderungsdebatte hat Teilte der Wirtschaft alarmiert. "Wir sind stark interessiert an Fachkräften aus Rumänien und Bulgarien und werden uns diesem Thema öffnen", sagte Michael Knipper, der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB) der "Welt am Sonntag". "Die Leute sind gut ausgebildet, motiviert und haben eine faire Chance verdient."
Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber weist darauf hin, dass Zuwanderung angesichts des Fachkräftemangels "ein zentraler Baustein der Arbeitsmarktpolitik" sei. Nötig sei eine umfassende Willkommenskultur. "Hier besteht weiterhin Aufholbedarf." Der Zustrom von Ausländern ist derzeit so stark wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. 2013 sind nach einer aktuellen Hochrechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) rund 400.000 Menschen mehr eingewandert, als das Land verlassen haben.
Auch die neue Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) warnt davor, Stimmung gegen die Einwanderer aus ärmeren EU-Ländern zu machen. "Es gibt zu viele pauschale Vorurteile", sagte die Staatsministerin im Kanzleramt der "Welt am Sonntag". Deutschland profitiere in hohem Maße von gut ausgebildeten EU-Bürgern, die bei uns ihre Arbeitskraft anbieten. Ähnliche Befürchtungen, wie sie jetzt in Bezug auf Rumänen und Bulgaren geäußert würden, hätte es vor einigen Jahren auch gegenüber Spaniern, Portugiesen und Polen gegeben. Die Menschen seien keineswegs in Massen gekommen. Und viele der europäischen Zuwanderer seien längst wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.
"Wir brauchen in der EU keine Einreisesperren", betonte Özoguz. Zwar hätten einige Kommunen wie etwa Dortmund oder Berlin Unterstützung bei der Integration ärmerer Zuwanderer nötig, weil sie dies finanziell allein nicht leisten könnten. "Aber dadurch wird Deutschland keineswegs überfordert. Das ist machbar." Den Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel, hierzu einen Staatssekretärs-Ausschuss einzusetzen, begrüßte Özoguz zur Versachlichung der Debatte ausdrücklich.
Gauweiler verteidigt CSU-Kurs in der Zuwanderungsdebatte
Der CSU-Vizechef Peter Gauweiler hat die harschen Töne seiner Partei gegen Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien verteidigt. "Bei uns gibt es keinen Anti-Ausländer-Sound. Die CSU-Landesgruppe spricht doch ein sehr ernstes Problem an", sagte Gauweiler im Gespräch mit dem "Spiegel". "Menschen kommen zu uns, um von unserem Sozialsystem zu profitieren, obwohl das nach EU-Recht wie nach deutschem Sozialrecht unterbunden sein soll."
Das "Erschleichen von Sozialleistungen" sei nicht zu leugnen. Man dürfe das umstrittene Thesenpapier der CSU-Landesgruppe für die Klausurtagung in Kreuth nicht "auf einen Satz reduzieren", sagte Gauweiler in Anspielung auf die CSU-Forderung: "Wer betrügt, der fliegt."
Der CSU-Politiker verteidigte diese Formulierung, die Wahlkampfparolen der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich gleicht. Diesen Satz "würde auch der Personalchef des "Spiegel" unterschreiben". Den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit wies er zurück: "Wir spielen nicht mit Negativbildern von Stämmen und Nationen." Die CDU habe mit Parolen wie "Kinder statt Inder" viel drastischere Vergleiche gewählt.
Neuer CSU-Generalsekretär verteidigt Europa-Kurs seiner Partei
Der neue CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat Kritiker am Europakurs seiner Partei scharf kritisiert. Behauptungen, die CSU führe einen Angst-Wahlkampf, seien "völliger Blödsinn", sagte Scheuer der "Welt". "Wir von der CSU sind die Vernunfteuropäer." Die CSU wirke "als Frühwarnsystem".
Scheuer riet "EU-Funktionären", sie sollten sich "aus ihren De-Luxe-Büros herausbewegen und mit den Menschen sprechen". Dann könnten sie Politik betreiben, die mit der Praxis zu tun habe. Die SPD rief der dazu auf, "die erhitzten Emotionen jetzt mal wieder auf ein Normalniveau sinken" zu lassen. Qualifizierte Arbeitnehmer seien in Deutschland "herzlich willkommen", betonte der neue Generalsekretär. Doch rechne die Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr mit bis zu 180.000 Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien, weil der europäische Arbeitsmarkt sich öffne. Nach den Zahlen der Bundesagentur hätten 46 Prozent der seit 2007 zugewanderten Rumänen und Bulgaren keine abgeschlossene Berufsausbildung.
"Warum sollte Deutschland die soziale Reparaturwerkstatt Europas werden? Weshalb sollten wir uns die Probleme anderer Länder nach Deutschland holen?" fragte Scheuer. "Es darf keine Freizügigkeit in die sozialen Sicherungssysteme geben. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber den Beitragszahlern."
Im Koalitionsvertrag stehe "eins zu eins", was die CSU jetzt in die Diskussion gegeben habe. "Auch, dass Anreize für Migration in die sozialen Sicherungssysteme verringert werden sollen." Gleichzeitig formulierte Scheuer hohe Ziele für die Europawahl im Mai. "Wir wollen an die Wahlergebnisse 2013 nahtlos anknüpfen", sagte er. "Wir kämpfen dafür, wieder möglichst nah an die 50-Prozent-Marke zu kommen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur