Merkel: Keine weiteren Castoren nach Lubmin
Archivmeldung vom 13.06.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat versichert, dass keine Castoren in das bundeseigene Zwischenlager Lubmin gebracht werden. Sie habe diese Frage auch mit dem Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), "geklärt", sagte Merkel nach dem Treffen mit den Ministerpräsidenten im Kanzleramt der "Ostsee-Zeitung".
Der Standort in Vorpommern komme für die 26 noch ausstehenden Castoren mit Atommüll aus den Wiederaufbereitungsanlagen in England und Frankreich definitiv nicht infrage, betonte die Kanzlerin. Sie verwies auch darauf, dass es für eine Lagerung dieser Behälter, die ab 2015 wieder nach Deutschland kommen sollen, keine Genehmigung gebe. Ein entsprechendes Genehmigungsverfahren dauere Jahre, erklärte Merkel.
Trittin weist Altmaier-Vorschlag zur Castor-Aufnahme zurück
Der Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl, Jürgen Trittin, hat den Vorschlag von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) zurückgewiesen, nur rot-grün regierte Länder für die Aufnahme der noch verbleibenden 26 Castor-Behälter aus der Wiederaufarbeitung im Ausland in Betracht zu ziehen. "Die Verabredung am 9. April war, dass rechtssicher ausgeschlossen wird, dass die 26 Castor-Behälter aus dem Ausland nach Gorleben kommen. Dies muss Herr Altmaier nun rechtssicher umsetzen", sagte Trittin dem "Handelsblatt".
Eine Formulierung für eine Änderung des Atomgesetzes habe der Minister bisher nicht vorgelegt. "Wenn dies aber erfolgt, ist die Frage, in welche Standortzwischenlager der Atommüll dann kommt, keine politische Frage, sondern eine Sachfrage", sagte Trittin weiter. Im Prinzip müssten dann alle Standortzwischenlager dafür in Betracht gezogen werden. "Wohin der Atommüll kommt, muss dann nach den Transportwegen und nicht nach den politischen Machtverhältnissen entschieden werden", fügte der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion hinzu.
Flachsbarth: Zwischenlagerung so kurz wie möglich halten
Die ehemalige Vorsitzende des Gorleben-Untersuchungsausschusses, Maria Flachsbarth (CDU), hat versichert, die Zwischenlagerung von Atommüll so kurz wie möglich halten zu wollen. "Was wir jetzt im Moment suchen, ist tatsächlich ein Zwischenlager für einen sehr umschriebenen Zeitraum: 10 Jahre, 15 Jahre, vielleicht noch ein bisschen länger", so die CDU-Politikerin im Interview mit dem "Deutschlandfunk".
Flachsbarth zeigte Verständnis für die Forderung, dass kein weiterer Castor im Zwischenlager Gorleben eingelagert werden soll. "Ehrlich gesagt haben der damalige niedersächsische Umweltminister Sander von der FDP und ich selber schon im November 2011 diesen Vorschlag gemacht, haben uns dadurch nicht unbedingt beliebt gemacht bei unseren eigenen Parteifreunden", erklärte die CDU-Abgeordnete. Sie habe den Vorschlag selbst eingebracht, um nicht den Anschein zu erwecken, dass man mit der Einlagerung in Gorleben eine Vorfestlegung erreichen will.
Kompromiss im Streit um Atommüllendlager
Die neue Suche nach einem atomaren Endlager muss möglicherweise doch nicht am Verbleib von einigen wenigen Castoren scheitern: Kurz vor den entscheidenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern am Donnerstagnachmittag gibt es nach Informationen der Onlineausgabe der "Süddeutschen Zeitung" einen Kompromissvorschlag aus dem Bundesumweltministerium, mit dem selbst Niedersachsen leben könnte. Das könnte den Konsens zur Endlagersuche in letzter Minute retten.
Danach würde die Entscheidung über die künftigen Castor-Zwischenlager erst einmal vertagt - auf die Zeit nach der Bundestagswahl. Damit wäre die heikelste Frage erst einmal auf der Welt. Denn bisher hatten sich Bund und Länder nur darauf geeinigt, keine weiteren Atommüllbehälter mehr ins Zwischenlager Gorleben zu bringen.
Es sollte den Eindruck zerstreuen, die neue Endlagersuche laufe am Ende doch nur wieder auf den umstrittenen Salzstock hinaus - schließlich bleibt Gorleben auch bei dem neuen Suchverfahren im Rennen. Nur: Wohin die insgesamt 26 Castoren stattdessen sollten, die in den nächsten Jahren mit Resten aus der Wiederaufarbeitung nach Deutschland zurückkehren, das war bislang unklar. Nur Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg hatten eingewilligt, einen Teil der Castoren zu übernehmen - aber eben nicht alle. Bayern und Hessen, die an ihren Atomkraftwerken ebenfalls Castoren lagern könnten, schwiegen dazu beharrlich.
Der ganze Kompromiss drohte daran zu scheitern. Nun aber könnte es Aufschub geben. "Mit den Kraftwerks-Betreibern wird bis Anfang 2014 ein umfassendes Konzeptzur Umsetzung und Durchführung erarbeitet", heißt es in einem Kompromisspapier, das Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstagmorgen vorlegte. Die 26 Behälter sollten "auf mehrere (drei) bestehende Standort-Zwischenlager verteilt werden".
Auch das Atomgesetz würde entsprechend geändert. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen kann selbst Niedersachsen mit dieser Lösung leben. Das Land hatte eine verbindliche Lösung für die Gorleben-Abfälle zur Bedingung gemacht, damit es dem Kompromiss auch im Bundesrat zustimmt.
Anders als in bisherigen Vorschlägen Altmaiers soll auch nicht mehr die Entfernung von Häfen das entscheidende Kriterium sein. Mit diesem Argument hatte er zuletzt für Zwischenlager in Norddeutschland geworben - was Hessen und Bayern entgegenkam. Stattdessen werden in dem Papier nun vor allem Sicherheit und Kosten als Grundlage der Bewertung genannt.
"Die Entscheidung, in welche Zwischenlager die Behälter transportiert werden, soll aufgrund objektiv nachprüfbarer Kriterien erfolgen", heißt es weiter. Und das letztlich auch nur mit Zustimmung des betroffenen Bundeslandes. Die Vertagung des Problems kommt vor allem den Wahlkämpfern in Hessen zugute. Dort hätte das Atomkraftwerk Biblis gute Chancen, ebenfalls einige Behälter aufzunehmen.
Die Landesregierung hatte das bisher abgelehnt, nicht zuletzt aus Angst vor einer Atommüll-Debatte im Wahlkampf. Die Lage könnte sich nach der Wahl im Herbst entspannen - zumal die rot-grüne Opposition schon hat durchblicken lassen, dass sie einen Teil der Castor-Verantwortung übernehmen würde. Im Falle eines Wahlsiegs zumindest.
SPD attackiert in Endlager-Debatte Bayern und Hessen
Die SPD lehnt einen Atommüll-Endlager-Konsens ohne die Einbindung der von Union und FDP regierten Bundesländer ab. "Dass sich ausgerechnet die schwarz-gelben Atomfans aus Bayern und Hessen, Horst Seehofer und Volker Bouffier, jetzt bei diesem Teil ihrer Verantwortung für die Energiewende in die Büsche schlagen wollen, ist ein Skandal", sagte der Vorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, "Handelsblatt-Online".
Der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, sieht die Endlager-Suche bereits vor dem Aus. "Bundeskanzlerin Merkel und Schwarz-Gelb lassen Peter Altmaier im Stich", sagte Kelber. Sie hätten kein wirkliches Interesse daran, einen Konsens beim Atommüll zu erreichen. Aber ohne Unterstützung sei "die Methode Altmaier, Zustimmung durch große Ankündigungen, ans Ende gelangt".
Weder könne der Umweltminister eine faire Lastenverteilung bei der Zwischenlagerung erreichen, weil sich alle Länder mit Regierungsbeteiligung seiner eigenen Partei verweigerten, noch erreiche er mit den Atomkonzernen eine Einigung. "Wie schon so oft in den letzten fünfzehn Jahren scheint die dringend notwendige Endlagersuche an CDU und CSU zu scheitern", sagte Kelber.
Stegner, der auch Koordinator der Linken im SPD-Bundesvorstand ist, nannte weitere Bedingungen für einen Endlager-Konsens. Die SPD im Norden sei seit Jahrzehnten gegen die Atomenergie auch wegen des für Hunderttausende Jahre strahlenden Atommülls. Deshalb unterstütze seine Partei die Energiewende auch durch die Bereitschaft, Mitverantwortung bei der Zwischenlagerung zu übernehmen. Dafür gebe es aber "glasklare Bedingungen", betonte Stegner: Neben höchsten Sicherheitsanforderungen, der Kostenübernahme durch den Bund und die Atomkonzerne, einer zeitlichen Begrenzung und der Bürgerbeteiligung gehöre dazu auch die Mitverantwortung anderer Länder.
Quelle: dts Nachrichtenagentur