EU-Kommission fordert Identitätsprüfung bei der „elektronischen Gesundheitskarte“
Archivmeldung vom 15.06.2011
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtFür seine Forderung, die gesetzlichen Vorgaben für die Einführung der „elektronischen Gesundheitskarte“ (eGK) in Deutschland zu überarbeiten, erhielt der Centralverband Deutscher Berufsfotografen (CV) jetzt Rückendeckung von der Europäischen Kommission. Ein Hauptkritikpunkt der Berufsfotografen besteht in der Tatsache, dass eine sichere Identitätsprüfung bei der Anfertigung und Verwendung der Versicherten-Bilder für die eGK mit dem bisher vorgesehen Verfahren nicht gegeben ist.
Der Verband fühlt sich nun durch eine Klarstellung aus Brüssel bestätigt, die auf die Einhaltung der Datenschutzrichtlinien drängt. In einer Antwort auf die Anfrage der Europa-Abgeordneten Michael Gahler und Dr. Thomas Ulmer (beide CDU) erklärte die Kommission: „Die Krankenversicherungsträger und die Betreiber der elektronischen Gesundheitskarte sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die personenbezogenen Daten einschließlich der Bilddaten sachlich richtig und auf dem neuesten Stand sind.“
Hintergrund: Der Gesetzgeber hat die Krankenkassen verpflichtet, bis Ende des Jahres 2011 zehn Prozent der Versicherten mit elektronischen Gesundheitskarten auszustatten. Diese wird im Gegensatz zur bisherigen Krankenversichertenkarte nicht nur administrative, sondern auch medizinische Daten erhalten. „Medizinische Daten zählen zu einer sehr sensiblen Kategorie, die besonders zu schützen ist", erklärten Ulmer und Gahler in Ihrer Pressemitteilung vom 1. Juni 2011.
Möglicher Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG
„Zudem muss der Versicherte ein Foto an die Krankenkasse senden, seine Identität aber nicht nachweisen," sagt Ulmer, der selbst Arzt ist. Sein Fraktionskollege Gahler ergänzt: „Da haben wir uns gefragt, ob das nicht gegen die europäische Datenschutzrichtlinie 95/46/EG verstößt. Schließlich ist so eine zweifelsfreie Zuordnung des Fotos des Versicherten zu seinen medizinischen Daten nicht möglich." Ulmer weiter: „Wir fordern die Akteure daher auf, das schnellstmöglich zu überprüfen und wenn nötig, Änderungen vorzunehmen. Der Schutz von medizinischen Daten muss an oberster Stelle stehen."
Mit dieser Positionierung stellt sich die Europäische Kommission auch hinter eine Forderung des amtierenden Gesundheitsministers Daniel Bahr und der Staatssekretärin im Gesundheitsministerium Ulrike Flach vom 3. Juni 2009. Sie lehnten das bisherige Konzept der eGK ab, weil die Krankenkassen bei den Fotos nicht prüfen würden, ob darauf auch tatsächlich die Versicherten zu sehen sind. Für die FDP forderten sie außerdem, es müsse erst sichergestellt sein, dass die Voraussetzungen der Datensicherheit gewährleistet sind.
Bereits damals bezogen sich Bahr und Flach auf einen Bericht im „Hamburger Abendblatt“, in dem Andreas Gliem für den Centralverband Deutscher Berufsfotografen (CV) dargelegt hatte, dass ohne Prüfung des Versichertenfotos systematischer Missbrauch möglich wäre und dass u.a. die Anforderungen der EU nicht eingehalten werden.
„Klarstellung bedeutet einen Meilenstein im Datenschutz“
„Mit der Klarstellung der Europäischen Kommission ist für alle Beteiligten - Krankenkassen, Leistungserbringer, Bundesministerium für Gesundheit, Aufsichtsbehörden, Datenschützer, Politk und Versicherte - somit ein wichtiger Meilenstein erreicht. So können die notwendigen Voraussetzungen der Datensicherheit bei Einführung der eGK geschaffen werden“, meint CV-Geschäftsführer Gliem.
Der CV und seine Mitglieder weisen bereits seit Jahren auf die Unzulässigkeit von Prozessen ohne Identitätsprüfung bei der Lichtbildbeschaffung hin. Unter anderem wandte sich der Verband an alle Vorsitzenden und Verwaltungsratsvorsitzenden der Krankenkassen sowie an den Bundesbeauftragten und alle Landesbeauftragten für den Datenschutz. Um so mehr begrüßen die Berufsfotografen nun die eindeutige Klarstellung der Europäischen Kommission zu diesem Themenkomplex. Man werde zügig den Ausbau von Registrierstellen vorantreiben, in denen die Versicherten Lichtbilder erstellen lassen können und in denen durch speziell geschultes Personal die Identität geprüft und bestätigt wird. Die Registrierstellen übernehmen in diesem Konzept auch die datenschutzgerechte Weiterleitung an die jeweilige Krankenkasse.
„Wir hätten es begrüßt, wenn die beteiligten Krankenkassen von Anfang an im Dialog mit dem Centralverband Deutscher Berufsfotografen als zentralem Know-how Träger für alle Themen rund ums Lichtbild, datenschutz- und wettbewerbskonforme Lösungen erarbeitet hätten. So haben Krankenkassen insbesondere die vergangenen beiden Jahre ungenutzt verstreichen lassen. Niemand kennt die Situation vor Ort und die notwendigen Abläufe besser als die Fotografen. Unsere Mitglieder sind auch darauf vorbereitet, Menschen mit Behinderung oder Bewohnern von Senioreneinrichtungen ein attraktives Angebot, z.B. durch Besuche in den entsprechenden Einrichtungen, zu unterbreiten“, so Andreas Gliem.
Berufsfotografen stellten eigene Lösung vor
Die Klarstellung der Europäischen Kommission erfolgt gerade rechtzeitig vor dem Start der flächendeckenden Lichtbildbeschaffung, so dass das Gros der Versicherten nicht erneut aufgefordert werden muss, ein Lichtbild mit Identitätsprüfung an die Krankenkassen einzureichen, was dann ja zu Lasten der Krankenkassen gehen müsste.
„Wir sind auf die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben vorbereitet. Zusammen mit Partnern haben wir eine Lösung entwickelt und bereits seit Jahren in verschiedenen Testregionen der eGK erfolgreich eingesetzt, welche sowohl für Versicherte als auch für Krankenkassen preisgünstiger als das bisherige Verfahren. ,Dabei erwies es sich aber als wettbewerbskonform, für alle nutzbar, schnell, einfach und sicher“, so Hans Starosta Bundesinnungsmeister für das Fotografenhandwerk. Und weiter: „Wir werden mit verschiedensten Maßnahmen nun an die Versicherten herantreten und die Krankenkassen bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben unterstützen. Zehn Prozent der Versicherten sollen noch dieses Jahr und die große Mehrheit der Versicherten im nächsten Jahr mit datenschutzgerechten eGKs ausgestattet werden. So möchten wir dazu beitragen, den Missbrauch von Krankenversichertenkarten in Milliardenhöhe einzudämmen.“
Quelle: Perfect Sound PR