72 Prozent der Top-Entscheider sind mit Schwarz-Gelb unzufrieden
Archivmeldung vom 15.12.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Entscheider-Elite hat sich mit der Bundesregierung noch nicht versöhnt: Fast zwei Drittel der Führungsspitzen (72 Prozent) sind mit der Arbeit von Schwarz-Gelb unzufrieden, 61 Prozent halten die Regierung für schwach. Das ergibt das neue "Capital-Elite-Panel". 52 Prozent der Elite urteilt, dass Union und FDP nach ihren Anfangsschwierigkeiten immer noch nicht Tritt gefasst haben. Immerhin hat sich Bundes¬kanzlerin Angela Merkel von ihrem Stimmungstief aus dem Sommer dieses Jahres erholt: 54 Prozent halten sie aktuell für eine starke Kanzlerin (Juni 2010: 44 Prozent).
Dies ist allerdings immer noch der drittschlechteste Wert ihrer Amtszeit. "Die Skepsis ist groß, das Zutrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung wächst nur langsam," urteilt Prof. Dr. Renate Köcher, Chefin des Instituts für Demoskopie Allensbach, das die Umfrage für das Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 1/2011, EVT 16. Dezember) zwei Mal jährlich durchführt.
64 Prozent der Entscheider legen Westerwelle den Rücktritt nahe
Die Kritik der Top-Entscheider macht sich vor allem an der FDP fest. 85 Prozent sehen als Grund für die aktuelle Schwäche der Partei das Führungspersonal, 52 Prozent das Auftreten innerhalb der Koalition. Die Konsequenz: Fast zwei Drittel (64 Prozent) aller Befragten halten es für eine Stärkung der FDP, wenn Guido Westerwelle als Parteichef zurückträte. Als einen potenziellen Nachfolger als Parteichef sehen die Westerwelle-Kritiker Rainer Brüderle. Ihm attestieren jetzt 50 Prozent aller Top-Entscheider eine gute Arbeit, gegenüber dem letzten Panel ein Sprung von 42 Prozentpunkten.
Großer Optimismus für die Konjunktur
Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland beurteilen die Entscheider so positiv wie seit rund drei Jahren nicht mehr. Der 'Capital'-Umfrage unter 541 repräsentativ ausgewählten Führungsspitzen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung zufolge erwarten knapp zwei Drittel (64 Prozent), dass es mit der Wirtschaft in den nächsten sechs Monaten weiter aufwärts geht. Nahezu alle Top-Manager (89 Prozent) bezeichnen die Auftragslage ihres Unternehmens als gut bzw. sehr gut - ein Allzeithoch. Fast jedes zweite Unternehmen will neue Mitarbeiter einstellen, nur zwölf Prozent planen einen Personalabbau. Selbst Vollbeschäftigung erscheint 52 Prozent der befragten Top-Entscheider als eine realistische Perspektive. 69 Prozent aller Top-Entscheider sprechen sich vor diesem Hintergrund für höhere Löhne aus.
Skepsis über Stimmungshoch für die Grünen
Dem Aufstieg der Grünen begegnet die Elite mit großer Skepsis. 72 Prozent halten sie für eine Protestpartei, 68 Prozent für wirtschaftsfern, 63 Prozent sehen keine klare Linie und 59 Prozent empfinden die Grünen als realitätsfern. Lediglich 35 Prozent beurteilen sie als fortschrittlich. Als Grund für die guten Umfragewerte der Grünen sieht die Elite vor allem die Unzufriedenheit mit anderen Parteien (80 Prozent) und die Tatsache, dass die Grünen keine Regierungsverantwortung tragen (93 Prozent). Nur 13 Prozent sehen einen echten Stimmungsumschwung. "Die Grünen werden nicht auf dem Weg zur Volkspartei gesehen", konstatiert Allensbach-Chefin Köcher.
Rückendeckung für Stuttgart 21 / Nein zu Volksentscheiden
Das Projekt Stuttgart 21 findet in der Elite klare Zustimmung. 64 Prozent halten es für sinnvoll, nicht einmal ein Viertel der Befragten zweifelt am Sinn und Nutzen des neuen Tiefbahnhofs. 85 Prozent gehen davon aus, dass das Milliardenprojekt realisiert wird. Aufgeschreckt durch die Demonstrationen befürchten 75 Prozent, dass große Bauprojekte in Deutschland in Zukunft schwerer durchsetzbar sein werden. Mehr Volksentscheide als Lösung des Problems lehnen 58 Prozent grundsätzlich ab.
Datenbasis: Das "Capital-Elite-Panel" ist Europas exklusivste Führungskräfte-Umfrage, die das Institut für Demoskopie Allensbach für das Wirtschaftsmagazin 'Capital' seit mehr als 20 Jahren bei Führungs-kräften aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung zweimal im Jahr durchführt. Unter den 541 Befragten sind 77 Vorstände aus Konzernen mit mehr als 20.000 Beschäftigten sowie 24 Ministerpräsidenten und Minister und 24 Leiter von Bundes- und Landesbehörden. Die aktuelle Befragung lief vom 22. November bis 6. Dezember 2010.
Quelle: Capital