Ehemalige AfD-Mitglieder gründen neue Partei - Lucke Vorsitzender
Archivmeldung vom 20.07.2015
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.07.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEhemalige AfD-Mitglieder um Bernd Lucke haben eine neue Partei gegründet. Das beschlossen rund 70 Mitglieder aus dem Vorstand und den Landesverbänden des von Lucke gegründeten Vereins "Weckruf 2015" am Sonntag bei einem Treffen in Kassel.
Lucke wurde zum Vorsitzenden gewählt. In der vergangenen Woche war Lucke aus der AfD ausgetreten, nachdem er bei der Wahl eines neuen Bundesvorsitzenden der sächsischen Fraktionsvorsitzenden Frauke Petry unterlegen war. Danach hatte er wiederholt betont, Deutschland brauche weiter eine eurokritische Partei.
Henkel will neue Lucke-Partei als Anti-Euro-Partei definieren
Der Europaabgeordnete Hans-Olaf Henkel hat sich dafür ausgesprochen, die neue Partei um den früheren AfD-Bundesprecher Bernd Lucke, die sich "Allianz für Fortschritt und Aufbruch" (ALFA) nennt, vor allem als Anti-Euro-Partei in Stellung zu bringen. "Das neue Parteiprogramm sollte mit der Aussage: "Wir sind die einzige Partei, die Alternativen zu und die Kompetenz für eine bessere Euro-Politik hat!" beginnen. Damit werden wir identifiziert", sagte Henkel dem "Handelsblatt". "Wir sollten dieses Kapital auch bei der Neugründung gut anlegen und nicht zu sehr durch ein Sammelsurium anderer Themen entwerten." Es müsse ausdrücklich betont werden, dass die ALFA "die Anti-Euro-Partei" sei, "dass wir die alternativen Rezepte haben und dass wir fast die gesamte entsprechende Euro- und Wirtschaftskompetenz aus der AfD mitgenommen haben".
Zur Begründung sagte Henkel, "dass wir mit jedem weiterem nach vorn gebrachten Thema immer Gefahr laufen, uns Wähler, die uns für unsere Euro-Kompetenz wählen, vielleicht nicht wählen, wenn sie mit dem anderen Thema nicht einverstanden sind". Überdies, so Henkel weiter, bewege sich die Euro-Skepsis auf einen "neuen Höhepunkt" zu, nachdem der Bundestag am Freitag der Aufnahme von Gesprächen über ein drittes Milliardenprogramm für Griechenland zugestimmt hat.
"Wir müssen jetzt den Doppelpass Merkel-Schäuble-Merkel entlarven", fügte der frühere BDI-Präsident hinzu. Beiden hätten in der Griechenland-Debatte nachgegeben. Das Euro-Thema wäre aus Henkels Sicht allenfalls "out" gewesen, wenn es zu einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone (Grexit) gekommen wäre.
Den von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Gespräch gebrachten und von der FDP unterstützten "temporären Grexit" bezeichnete Henkel in diesem Zusammenhang als "Quatsch". Das könne man auch "leicht" argumentieren. "Damit erwischen wir auch die FDP", so Henkel.
SPD-Vize Stegner: Neue Lucke-Partei kann niemals Partner sein
Der SPD-Bundesvize Ralf Stegner hat der neuen Partei von Ex-AfD-Bundessprecher Bernd Lucke abgesprochen, eine demokratische Partei zu sein. Lucke sei als Politiker eine "gescheiterte Existenz", der mit der "Alternative für Deutschland" (AfD) genau das geerntet habe, was er selbst angerichtet hatte, sagte Stegner dem "Handelsblatt". "Ob er nun eine neue antieuropäische Splittergruppe gründet oder nicht, ist ziemlich schnurz. Für demokratische Parteien können solche Rechtspopulisten und Wirrköpfe niemals Partner sein." Deutschland brauche eine Lucke-Partei so nötig wie einen Kropf.
Volker Beck: Neue Lucke-Partei ernst nehmen
Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck hat davor gewarnt, die vom Ex-AfD-Bundessprecher Bernd Lucke gegründete Partei "Allianz für Fortschritt und Aufbruch" (ALFA) zu unterschätzen. "Mit dem chauvinistischen und egoistischen Anti-Euro-Kurs konkurriert die ALFA vor allem mit der ins Rechtsextreme abdriftenden AfD, die wiederum in Sachsen der NPD das Wasser abgräbt", sagte Beck dem "Handelsblatt". Zu all dem komme noch die Pegida dazu. "Der Wirrwarr zeigt, dass weder Ressentiments noch Hass ein sinnvolles Programm ergeben." Aber demokratische Parteien müssten diese "Ressentiment-Partei-Projekte ernst nehmen", sagte Beck weiter.
Der Kampf für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde müsse verstärkt werden, zumal die demokratischen Errungenschaften von Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz keine Selbstverständlichkeiten seien. "Sie müssen jeden Tag im Netz, am Stammtisch und auf der Straße verteidigt werden", betonte der Grünen-Politiker.
Scharfe Kritik äußerte Beck an ALFA-Chef Lucke. Die AfD sei nur "die Betaversion der Luckes-Partei" gewesen. "Lucke muss sich vorwerfen lassen, dass er bei der AfD erst die rechten Geister rief, die dann das Ruder auf dem Geisterschiff übernommen haben", sagte der Grünen-Politiker. Damit habe er sich politisch als "Hasardeur" erwiesen. "Es würde mich wundern, wenn diese AfD-Neuauflage auf die Beine kommen sollte, zumal FDP-Chef Lindner ein Auge auf die Ex-Wähler der AfD geworfen hat."
Quelle: dts Nachrichtenagentur