Flutgeschädigte dürfen immer noch keine Spenden annehmen
Archivmeldung vom 22.02.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićEs war ein Jahrhundert-Hochwasser, das am 14. Juli des vergangen Jahres Teile von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen regelrecht flutete. Rund 200 Tote und Tausende von zerstörten Häusern waren das Ergebnis von mangelhaften Warnungen der Behörden vor dem Hochwasser. Aber wie man die Bevölkerung auch vor der Katastrophe regelrecht hängenließ, ist die Situation auch nach der Flut seitens der Behörden irritierend. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Ein Beispiel sind Spendengelder, die nicht an die Geschädigten ausgezahlt werden dürfen – das Steuerrecht verhindert dies. Eine Posse aus Schilda, könnte man meinen.
Szenenwechsel: Als im vergangenen August Millionen für Afghanistan benötigt wurden, ging es schnell, sogar sehr schnell. Innerhalb von Tagen stand die Zusage fest, dass die deutsche Regierung mehrere Millionen für die Rettung von Ortskräften freigibt. Dabei hatte man ein Jahr zuvor schon 430 Millionen Euro für Afghanistan zugesagt. Geld, das förmlich abgeschrieben werden kann, die Unterstützung für ein scheindemokratisches Afghanistan war sinnlos, heute regieren wieder die Taliban. Und auch der deutsche Mali-Einsatz, der bislang zwei Milliarden Euro kostete, steht auf der Kippe – auch hier wegen Erfolgslosigkeit. Wer die Höhe der Summen zur Kenntnis nimmt, muss vermuten, dass der deutsche Staat auch seinen eigenen Bürgern gegenüber spendabel sein wird, wenn sie in Not geraten. Aber wie war das noch gleich bei der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr?
Winzer besonders betroffen
An der Ahr in Rheinland-Pfalz, unweit zur Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen, hat es im vergangenen Jahr besonders einen Berufszweig hart getroffen: Die Winzer. Rund 100 Winzerfamilien gibt es an der Ahr, meist Einzelunternehmen oder GmbHs, obwohl es sich zumeist um sehr kleine und vor allem familiär geführte Betriebe handelt. Das ist ihnen nun zum Verhängnis geworden.
Spenden für Winzer kommen nicht an
Der Verein „Ahr – A wineregion needs Help for Rebuilding“ sammelte nach der Flut über fünf Millionen Euro für geschädigte Winzerbetriebe. Doch geltendes Steuerrecht macht die Auszahlung unmöglich. Denn nach deutschem Steuerrecht dürfen Spenden nicht an Unternehmen ausgezahlt werden. Im Grundsatz zwar eine sinnvolle Regelung, aber in diesem Fall sehr schlecht für die Betroffenen. Denn die Winzer an der Ahr sind doppelt betroffen, meist privat mit ihrem Hab und Gut und dann nochmals geschäftlich. In solchen Fällen könnten Ausnahmeregelungen getroffen werden. Das liegt allerdings in der Hand der Politik – und die ist entweder unwillig oder unfähig. Denn bis heute, immerhin nach über sieben Monaten seit der Flutkatastrophe, hat sich die große Politik nicht dazu durchringen können, eine entsprechende Ausnahme zu beschließen. „Keiner in der Politik will Verantwortung übernehmen“, kritisiert Marc Adeneuer, der erste Vorsitzende des Vereins die Lethargie der Politik scharf.
Lindner verweist auf untere Finanzbehörden
Adeneuer, selbst betroffener Winzer, kritisiert auch den Finanzminister Christian Lindner (FDP) scharf, dessen Ministerium auf Nachfrage behauptet, die unteren Finanzbehörden könnten bei der Auslegung der Gesetze großzügig zu sein und die Auszahlung doch irgendwie gestatten. Ein Sachbearbeiter kann eben nicht entscheiden, ob der Verein Spenden an Firmen auszahlen darf oder nicht, gibt Adeneuer zu bedenken. Und in der Tat muss man sich fragen, ob der Finanzminister dazu aufruft, gegen geltende Gesetze zu verstoßen. Denn einzig und allein eine Ausnahmeregelung wäre gesetzeskonform – aber die fehlt bis heute.
So lässt man deutsche Opfer im Stich
Ist es die Zahl der Betroffenen, nur rund 100 Winzer, weshalb es die vorherige und auch die aktuelle Regierung nicht geschafft haben, innerhalb von sieben Monaten eine entsprechende Regelung gesetzeskonform auf den Weg zu bringen? Oder „lohnt“ es sich im Vergleich zu den zuvor genannten Fällen nicht, wenn es „nur“ um 5 Millionen Euro geht? Oder sind es ja nur deutsche Opfer, mit denen man weltweit keinen Beifall mit der sprichwörtlichen Scheckbuchdiplomatie generieren kann?
Fragwürdige Reaktion von Lindner
Mittlerweile hat der Finanzminister zwar eine Regelung angekündigt, aber nur gegenüber der nachfragenden Presse. Kein Wunder also, dass der ebenfalls das Ministerium anfragende Vereinsvorsitzende Adeneuer verstimmt ist: „Diese Vorgehensweise ist schon ein bisschen eigentümlich. Da liegt der Verdacht nahe, dass es eher um deren eigene Öffentlichkeitsarbeit geht. Das ist eine Unverschämtheit.“ Damit dürfte er zweifelsfrei recht haben, oder?"
Quelle: Wochenblick