SPD kritisiert Lindner-Äußerungen zu Stabilität der Ampelkoalition
Archivmeldung vom 26.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie SPD im Bundestag hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) scharf dafür kritisiert, dass dieser ihren Vorsitzenden, Rolf Mützenich, als Risiko für die Zukunft der Ampel-Koalition dargestellt hat. "Ich kann dem FDP-Vorsitzenden nur anraten vielleicht jetzt mal durchzuatmen und sich auf seinen Urlaub zu fokussieren", sagte Fraktionsvize und Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Dirk Wiese, dem "Handelsblatt" am Freitag.
Die SPD-Bundestagsfraktion sei "eine entscheidende Stütze dieser
Koalition", insbesondere dann, wenn FDP und Grüne mal wieder mehr
öffentlich streiten als nötig oder die FDP-Politiker Wolfgang Kubicki
und Agnes Strack-Zimmermann "mehr sich selbst als das Land im Blick
hatten". Kubicki und Strack-Zimmermann hatten sich in der Debatte über
die deutsche Unterstützung der Ukraine scharf gegen Mützenich
positioniert.
Juso-Chef Philipp Türmer sprach von einem "Egotrip"
Lindners. "Dass ein Finanzminister sich gegenüber einem Vertreter des
Haushaltsgesetzgebers so aufführt, ist eine massive Respektlosigkeit",
sagte er dem "Handelsblatt". Er verlangte, bei den anstehenden
Haushaltsberatungen im Bundestag "keine weitere falsche Rücksicht auf
den Schuldenbremse-Fetisch von Christian Lindner" zu nehmen.
Der
Thüringer SPD-Spitzenkandidat Georg Maier appellierte "dringlich an alle
führenden Vertreter der Ampel, jetzt endlich innezuhalten und den
unsäglichen öffentlichen Streit bleiben zu lassen". Man habe es im
Wahlkampf schon schwer genug. "Auf dieses Berliner Theater kann ich
gerne verzichten", sagte Maier dem "Handelsblatt".
Ralf Stegner,
SPD-Bundestagsabgeordneter, sagte dem "Tagesspiegel" (Samstagausgabe),
es sei "richtiger Quatsch" der SPD mangelnde Koalitionstreue
vorzuwerfen. "Wer blockiert denn bitte die Mietrechtsreform? Der
Vorsitzende unseres kleinsten Koalitionspartners argumentiert als
Scheinriese. Er plustert sich aus Angst vor der Fünf-Prozent-Hürde auf",
sagte der SPD-Politiker. "Vielleicht braucht der Herr Finanzminister
etwas Urlaub."
Ohne SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich habe die
Ampel-Koalition nicht durchhalten können, sagte Stegner. In drei Jahren
Ampel hätten FDP und Grüne "häufiger Ärger gemacht", etwa mit dem
Heizungsgesetz von Klimaminister Robert Habeck (Grüne) oder "heftigen
Angriffen gegen die Besonnenheit des Kanzlers im Ukrainekrieg". Die SPD
hingegen sei "vernünftig und hat die Streithähne moderiert", sagte
Stegner.
So werde das im vierten Regierungsjahr nicht weiter
gehen, sagte Stegner. Man sei "jetzt faktisch im Wahlkampf". Die SPD
werde für ihre Ziele streiten, unter anderem für die Reform der
Schuldenbremse. "Der Kanzler wird seine Politik etwas prägnanter
erklären. Olaf Scholz wird mehr führen, öfter sagen, wo es lang geht,
wenn Sie so wollen: Olaf Scholz wird etwas mehr Helmut Schmidt."
Ähnlich
äußerte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer. "Die
SPD-Bundestagsfraktion ist der größte Garant der Bundesregierung, anders
als der Finanzminister sagt", sagte er dem "Tagesspiegel"
(Samstagausgabe). "Herr Lindner müsste eigentlich wissen, dass das
Parlament niemals einen Haushalt eins zu eins absegnet. Der Bundestag
wird seine Spielräume nutzen."
Die SPD werde "für jedes Projekt
kämpfen, um den Bundeshaushalt sozialer zu machen", sagte der
langjährige SPD-Abgeordnete. Lindners Attacken auf die SPD schadeten
"allen drei Regierungspartnern, auch der FDP". Schäfer rechnet mit einem
Scheitern der FDP bei den Ost-Landtagswahlen im September. "So wird der
FDP-Chef das erwartbare Scheitern der Liberalen bei den Ost-Wahlen und
womöglich bei der Bundestagswahl 2025 nicht abwenden."
Lindner
hatte dem SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich vorgeworfen, innerhalb
weniger Tage in der Sicherheits- und in der Haushaltspolitik sowie bei
den geschärften Anforderungen an das Bürgergeld die
Grundsatzentscheidungen der Bundesregierung "infrage gestellt" zu haben.
"Meine größte Sorge hinsichtlich der Stabilität der Bundesregierung bis
zur Bundestagswahl ist inzwischen die SPD-Bundestagsfraktion", hatte er
dem "Handelsblatt" (Freitagausgabe) gesagt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur