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Bundeswehrverband: Alle Vorgesetzten müssen Ausbildung und Menschenführung im Zentrum für Innere Führung lernen

Archivmeldung vom 07.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Konsequenzen bei der Nachwuchs-Auswahl, eine verstärkte Schulung der Vorgesetzten im Zentrum für Innere Führung und eine deutlich verbesserte Nachbesprechung von Patrouillefahrten im Rahmen von Auslandseinsätzen hat der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst Bernhard Gertz, angemahnt. Dies ergebe sich aus dem Skandal um Totenkopf-Fotos junger Soldaten der Bundeswehr während ihres Afghanistan-Einsatzes, so Gertz gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag-Ausgabe).

"Ganz sicher ist der Verteidigungsminister gut beraten, keine Haupt- und Staatsaktion aus den bekannt gewordenen Fällen zu machen, da man das Fehlverhalten Einzelner nie ganz ausschließen kann." Alles müsste deshalb akribisch untersucht werden. "Trotzdem muss der Minister zusammen mit dem Generalinspekteur dafür sorgen, dass wirklich auch der letzte Soldat in Vorgesetztenfunktion messerscharf in der Lage ist, zu erkennen, wann Soldaten in ihrem Verhalten den Respekt vor der Menschenwürde, den Respekt vor den Menschenrechten verlieren." Das sei ein zentraler Schlüssel auch für das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform. "Deswegen muss auch das Zentrum für Innere Führung noch stärker eingeschaltet werden. Es darf nicht sein, dass es Vorgesetzte gibt, die dort keine Ausbildung absolviert haben."

Zugleich müsse die Nachbesprechung von Patrouillen sehr viel ernster als bisher genommen werden. "Das ist ein Schlüssel, um solche Fälle wie die mit den Totenschädel-Fotos möglicherweise schon im Keim zu ersticken." Jeder Vorgesetzte habe dabei die Pflicht, zu fragen, welche Route genommen worden sei, ob Fotos gemacht worden seien, notfalls müsse man sich auch die Fotos auf Handys zeigen lassen. "Dieses Briefing danach ist offenbar von manchen Vorgesetzten nicht immer mit gleicher Qualität gemacht worden."

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte zuvor gegenüber der Zeitung bereits festgestellt, "Führungsfähigkeiten und der lebenskundliche Unterricht" müssten für alle Vorgesetzten verpflichtend am Zentrum für Innere Führung organisiert werden. Dies sei umso notwendiger, "je stärker der Verlust moralischer Werte und religiöser Bindungen im Alltag zu beklagen ist". Der Bericht über notwendige Konsequenzen aus dem Fotoskandal soll, nach Informationen der Zeitung, mit rund zweiwöchiger Verspätung vorgelegt werden. Innerhalb der Führung gibt es offenbar eine anhaltende Debatte über den Umfang der einzuleitenden Konsequenzen. Minister Jung, der den Bericht eigentlich bis Ende November erwartete, signalisierte dem verantwortlichen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, ihm sei an einer gründlichen und umfassenden Aufarbeitung gelegen. Innerhalb des Ministeriums soll es dazu, nach Informationen der Zeitung, unterschiedliche Positionen geben. Erste Berichtsentwürfe seien als "ungenügend" qualifiziert worden. Zugleich wurde die Vermutung laut, nicht alle Beteiligten seien in gleichem Maße an einer Aufklärung aller Vorgänge interessiert, gerade solcher, die zeitlich zurückliegen.

Verbandspräsident Gertz machte gegenüber der Zeitung auf ein "qualitatives Problem" bei der Nachwuchs-Rekrutierung insbesondere im Bereich der längerdienenden Mannschaften aufmerksam. Er reagierte damit auf Informationen der Zeitung, wonach dem Bundesverteidigungsministerium bereits entsprechende Klagen von Kommandeuren nach Auslandseinsätzen vorliegen, die sich auf das Verhalten junger Unteroffiziere und bei den Mannschaften beziehen.

"Wir müssen genauer hinsehen, wen wir in die Bundeswehr holen", meinte dazu Oberst Gertz gegenüber der "Leipziger Volkszeitung". "Das Rekrutierungsproblem wird sich noch deutlich verschärfen", sagte Gertz unter Hinweis auf die seit der Wende deutlich gesunkene Geburtenrate in den neuen Ländern. "Wenn die Alternative kein Arbeitsplatz ist, geht man natürlich zur Bundeswehr." Bei einem ostdeutschen Bevölkerungsanteil von knapp 20 Prozent liege deren Anteil beim Bundeswehr-Nachwuchs derzeit bei rund 45 Prozent. Das Potenzial aus Ostdeutschland werde schon ab dem kommenden Jahr wegen der Geburtenrate auf ein Drittel absinken. Das müsse "Konsequenzen bei der Ausbildung haben", so Gertz.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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