ÄFI: Keine HPV-Impfkampagne in Schulen
Archivmeldung vom 31.01.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag hat kürzlich einen Antrag eingebracht mit dem Ziel, eine HPV-Impfkampagne an Schulen einzuführen. Die Ärtzinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung (ÄFI) hat anlässlich dieser Initiative eine kritische Stellungnahme verfasst und für die Ausschussanhörung eingereicht. Darin wird die schwache Evidenzlage für die HPV-Impfung betont und auf den Nutzen einer informierten Impf-Entscheidung hingewiesen.
In ihrem Antrag formulierte die FDP-Landtagsfraktion mehrere Ziele: die Information über die HPV-Impfung zu stärken, um die Eigenverantwortung junger Menschen zu fördern; „Misstrauen gegenüber der Impfung zu reduzieren und so die Motivation zum Impfen zu steigern“, insbesondere auch Jungen und junge Männer von der Impfung zu überzeugen; um „an nordrhein-westfälischen Schulen ein landesweit koordiniertes Programm freiwilliger HPV-Impfungen einzuführen“ (DS 18/5426). Der Titel des Antrags: „HPV-Impfungen fördern – freiwillige Schulimpfungen einführen!“
Im Vorfeld der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 17. Januar hatten die DAK, das Deutsche Krebsforschungszentrum und Kinderärzte die Werbetrommel pro Impfung gerührt. Dass die federführende FDP-Abgeordnete Susanne Schneider als zuletzt ausgeübten Beruf „Pharmareferentin“ angibt, fügt sich in dieses Bild.
Evidenzlage für Nutzen der HPV-Impfung ist schwach
Die Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V. (ÄFI) haben eine kritische Stellungnahme zum aktuellen Stand der HPV-Impfung verfasst und für die Anhörung im Ausschuss eingereicht. Darin begrüßt ÄFI grundsätzlich Präventionsmaßnahmen gegenüber sexuell übertragbaren Erkrankungen durch HPV und andere Erreger.
Das Humane Papillomvirus (HPV) ist die Hauptursache für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom), wobei Infektionen mit HPV-Erregern in den allermeisten Fällen asymptomatisch verlaufen. Die Evidenz zu HPV-Impfstoffen bezieht sich vor allem auf den Schutz vor Krebsvorstufen, wenn es noch zu keiner fortdauernden Infektion gekommen ist. Die Infektion erfolgt vor allem durch Geschlechtsverkehr, die Impfung entfaltet ihre Wirkung dann, wenn noch keine HPV-Infektion stattgefunden hat.
Aus diesem Grund weist ÄFI darauf hin, dass eine Immunisierung, wenn überhaupt, vor Beginn der sexuell aktiven Phase erfolgen sollte. Dabei ist auf die informierte Zustimmung der zu impfenden Person zu achten.
Allerdings ist die Evidenzlage für den Nutzen der HPV-Impfung für junge Mädchen nach wie vor schwach, insbesondere aber für die Einbeziehung männlicher Jugendlicher. Die Auswirkungen der Impfung gegen HPV auf die Erkrankungsrate an Gebärmutterhalskrebs sowie andere Krebsarten bei Männern über längere Zeiträume hinweg sind bisher nicht bekannt.
Vor allem steht die Sicherheit der HPV-Impfung weiterhin in der Diskussion: Zulassungsstudien der vorliegenden Impfstoffe sind bisher nicht vollständig veröffentlicht worden. Die Abwägung von Nutzen und Risiken der Impfung ist vor diesem Hintergrund derzeit noch nicht möglich.
Impf-Programm an Schulen ist überzogen und kontraproduktiv
Angesichts dieser Unklarheiten hält ÄFI ein landesweit koordiniertes Impf-Programm nicht nur für überzogen, sondern sogar für kontraproduktiv: Auf diesem Wege entsteht keine Bewusstheit gegenüber möglichen Risiken des eigenen Verhaltens. Stattdessen wird jungen Menschen eine Sicherheit durch die Impfung suggeriert, für die es keine Evidenz gibt. Kinder und Jugendliche haben vielmehr Anspruch auf eine faire Aufklärung über das, was man weiß und nicht weiß.
Für seine Stellungnahme hat ÄFI dankende Rückmeldungen aus den Fraktionen von FDP, CDU und SPD erhalten. Auch von anderer Seite wurden bei der Anhörung kritische Stimmen laut. Die Vertreterin der Ärztekammer Nordrhein, Prof. Dr. Susanne Schwalen, und Dr. Anne Bunte von der Ärztekammer Westfalen-Lippe lehnten die Initiative ebenfalls ab, jedoch nicht aufgrund der unzureichenden Evidenz der Impf-Wirksamkeit: Sie betonten die Bedeutung einer aufgeklärten, unabhängigen Entscheidung jedes Einzelnen, die im Rahmen einer solchen Impfkampagne in der Schule nur schwer sichergestellt werden könne.
„Wir werden die HPV-Impf-Initiative für die Schulen in NRW im Auge behalten. Sollte die FDP-Fraktion sie trotz der gewichtigen Gegenargumente in den Landtag einbringen, werden wir erneut aktiv werden“, kommentierte ÄFI-Vorstandssprecher Dr. med. Alexander Konietzky die Anhörung.
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Quelle: ÄFI