Forsa-Chef hält "Wahlwochen" für "Quatsch"
Archivmeldung vom 27.12.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtMobile Wahlkabinen und Wahlwochen seien "völliger Quatsch", sagte der Forsa-Chef der Berliner Tageszeitung "B.Z.". "Wir wissen aus Studien, dass technische Hindernisse oder Zeitmangel für die Wahlbeteiligung kaum eine Rolle spielen." Die meisten Nichtwähler blieben zu Hause, weil sie sich von der Politik übergangen fühlten.
Güllner rief die Politiker auf, zu einer einfachen und verständlichen Sprache zurückzufinden. Dann kämen auch die Wähler zurück. "Dem Bundeskanzler Helmut Schmidt konnte damals selbst meine sechsjährige Tochter folgen." Der Meinungsforscher warnte davor, die Wahl weiter zu "entwerten", wie es durch die Briefwahl bereits geschehen sei. "Wir müssen im Gegenteil die Wahl wieder zu einem besonderen Tag machen", fordert er.
Hasselfeldt weist SPD-Vorstoß für Wahl im Supermarkt zurück
Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, hat den SPD-Vorstoß abgelehnt, wonach künftig auch in Supermärkten gewählt werden sollte. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Hasselfeldt, mit der Briefwahl könnten die Menschen schon heute am heimischen Küchentisch ihre Bürgerpflicht erfüllen. "Näher am Wähler geht nicht", sagte Hasselfeldt. Wer die Möglichkeit der Briefwahl nicht wahrnehme, gehe auch nirgendwo anders hin.
Grüne geben Merkel die Schuld an sinkender Wahlbeteiligung
Die Vorschläge von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi für ein neues Wahlverfahren treffen auch in der Grünen-Führung auf Skepsis. Die schwindende Wahlbeteiligung müsse man "an der Wurzel bekämpfen", sagte Grünen-Chefin Simone Peter der "Welt". "Wir brauchen in Deutschland wieder mehr ehrliche Diskurse und glaubwürdige Politik, wenn wir die Menschen zur Wahl bewegen wollen." Die Regierungsarbeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ziele darauf ab, "das Interesse der Menschen an Politik einzunebeln", kritisierte Peter. "Die einzige politische Richtung ist der Weg des geringsten Widerstandes, jegliche Kontroversen werden von vornherein vermieden."
Die Grünen-Vorsitzende bekräftigte die Forderungen ihrer eigenen Partei zur Ankurbelung der Wahlbeteiligung. Konkret nannte sie eine Absenkung des Wahlalters auf 16 sowie mehr direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung. Als ein Mittel gegen sinkende Wahlbeteiligung hatte Fahimi ganze Wahlwochen statt der bisherigen Wahltage vorgeschlagen. "Ich bin dafür, statt eines einzigen Wahltags ganze Wahlwochen wie in Schweden anzupeilen, in denen man seine Stimme abgeben kann - und zwar nicht nur an seinem Wohnort, sondern überall", sagte Fahimi der "Welt".
Die SPD-Generalsekretärin will ihre Vorschläge Anfang des Jahres mit ihren Amtskollegen der anderen Parteien diskutieren. Fahimi sagte weiter, sie lasse derzeit auch prüfen, "ob so etwas wie eine fahrende Wahlkabine möglich ist, vergleichbar mit einer mobilen Bücherei in ländlichen Gebieten". Denn: "Ich möchte mich nicht abfinden mit einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent."
Der Koalitionspartner CSU griff Fahimi wegen ihrer Vorschläge persönlich an. "Als ehemalige Gewerkschaftssekretärin hat die SPD-Generalsekretärin Fahimi ja keine parlamentarische Erfahrung", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der "Welt am Sonntag". "Vom Wähler, dem Wahlhelfer im Wahllokal bis zum Kandidaten einer Partei wird der Vorschlag nach einer Wahlwoche statt wie bisher einem Wahltag nur Kopfschütteln hervorrufen. Etwas Praxisfernes und Manipulationsanfälliges werden wir in unserer funktionierenden Demokratie nicht zulassen."
Innenminister lehnen Fahimis Wahlreformvorschläge ab
Die Vorschläge von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi für ein neues Wahlverfahren sind bei führenden Innenpolitikern von Union und SPD auf Ablehnung gestoßen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der "Welt", er habe Zweifel, dass ein Wahlkorridor von einer oder gar mehreren Wochen mehr Menschen als sonst an die Wahlurne locken würde. Herrmann erinnerte daran, dass schon jetzt Wochen vorher problemlos und unbürokratisch mit Briefwahl abgestimmt werden könne. "In gewisser Weise ist die Briefwahl schon ein vierwöchiger Wahlkorridor", argumentierte der CSU-Politiker.
Nach Ansicht Herrmanns führen auch mobile Wahlkabinen oder Wahlurnen etwa am Bahnhof nicht zu einer größeren Wahlbeteiligung. Eine Stimmabgabe gleichsam im "Vorbeigehen" am Bahnhofskiosk werde dem demokratischen Wahlakt nicht gerecht, kritisierte der Minister. Fahimi hatte sich im Interview der "Welt" dafür ausgesprochen, Bürgern auch das Wählen an öffentlichen Plätzen zu ermöglichen, um damit eine höhere Wahlbeteiligung zu erzielen. Auch sprach sie sich für fahrende Wahlkabinen aus und ebenso dafür, nach dem Vorbild Schwedens ganze Wahlwochen anzupeilen, in denen man seine Stimme abgeben kann "und zwar nicht nur an seinem Wohnort, sondern überall". Über diese und weitere Vorschläge soll ein überparteiliches Bündnis im neuen Jahr beraten.
Auch Fahimis Parteifreund, der Hamburger SPD-Innensenator Michael Neumann, äußerte sich skeptisch gegenüber den Ideen. "Es ist aus meiner Sicht eine Pflicht oder besser Selbstverständlichkeit, an Wahlen in unserem Land teilzunehmen", sagte Neumann der "Welt". Vorschläge zur Vereinfachung könnten an politischem Desinteresse und mangelnder Wertschätzung für unsere Demokratie kaum etwas ändern, zeigte sich der SPD-Politiker überzeugt. Laut Neumann hat der Gesetzgeber bisher darauf verzichtet, "solcherlei Angebotsausweitungen zu ermöglichen". Er sagte weiter: "Welche Gründe er auch immer dafür gehabt haben mag, es ist an ihm, dies gegebenenfalls zu verändern. Persönlich halte ich jedoch wenig davon."
CSU weist SPD-Vorschlag zur Steigerung der Wahlbeteiligung zurück
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat die Vorschläge seiner Amtskollegin Yasmin Fahimi (SPD) zur Steigerung der Wahlbeteiligung eine Absage erteilt. "Die Wähler sind nicht wie nach Fahimis Theorie bequem und faul, sondern intelligent und sich ihres Verhaltens sehr bewusst", sagte Scheuer dem Berliner "Tagesspiegel".
Wahrheit und Vertrauen seien die besten Mittel gegen eine schlechte Wahlbeteiligung, fügte er hinzu. Die SPD solle deshalb schnell für Aufklärung in der Affäre um den Ex-SPD-Abgeordneten Sebastian Edtahy sorgen. "Es schadet der Politik und den Parteien insgesamt, wenn die Wähler nur noch von Lüge, Rache und Verrat hören."
Quelle: dts Nachrichtenagentur