Lindner fühlt sich von Kanzler-Schelte "nicht angesprochen"
Archivmeldung vom 10.08.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIm Haushaltsstreit der Ampelkoalition hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf das Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reagiert.
"Ich
fühle mich von der Botschaft des Kanzlers nicht angesprochen", sagte
der FDP-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe
(Samstagausgaben). "Es gibt Unterschiede in der Interpretation der
Stellungnahmen, aber mein Ministerium hat nie vertreten, dass die
Vergabe von Darlehen prinzipiell verfassungswidrig wäre."
Lindner
fügte hinzu, solche Darlehen dürften nicht so ausgestaltet sein, dass
es in Wahrheit verdeckte Zuschüsse seien. "Dann wäre es eine Umgehung
der Schuldenbremse und damit ein Bruch der Verfassung. Außerdem kann die
Ersetzung von Zuschüssen durch Darlehen möglicherweise unwirtschaftlich
sein."
Scholz hatte ungewöhnlich deutliche Worte an die Adresse
Lindners gerichtet: "Es bleibt ein Mysterium, wie das eigentlich klare
Votum des juristischen Gutachtens vorübergehend grundfalsch aufgefasst
werden konnte."
Kritik aus der Koalition an seinem Vorgehen ließ
Lindner nicht gelten. "Wir haben einen Haushaltsentwurf beschlossen, der
noch einen Handlungsbedarf von 17 Milliarden Euro umfasst. Dazu wurden
insbesondere drei verfassungsrechtliche und ökonomische Prüfaufträge
verabredet", sagte er. "Dem Bundestag war zugesagt, die erforderlichen
Stellungnahmen eines juristischen Gutachters und des Wissenschaftlichen
Beirats beim Finanzministerium zur Verfügung zu stellen. So ist es
gekommen."
Auf die Nachfrage, ob es guter Stil sei, die
Koalitionspartner öffentlich zu überrumpeln, sagte der Finanzminister:
"Ich habe mich an das vereinbarte Verfahren gehalten. Die Gutachten sind
nicht geheim. Vertraulich sind die Beratungen zu den Konsequenzen
daraus."
Lindner kündigte an, der Haushaltsentwurf werde
planmäßig Mitte August dem Bundestag zugeleitet. "Ende November soll
planmäßig der Bundestag beschließen. Bis dahin werden noch viele offene
Fragen zu beantworten sein. Übrigens kommen ja auch noch
Wirtschaftsprognosen, die eingearbeitet werden." Unter dem Strich gehe
es um eine Lücke von fünf Milliarden Euro. "Das kann man bei gutem
Willen lösen", sagte er. "Ich werde allerdings in Interviews keine
Vorschläge machen. Das wäre dann schlechter Stil."
Darauf
angesprochen, dass der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr bereits
den Vorschlag gemacht habe, im Sozialetat und bei der Entwicklungshilfe
zu kürzen, sagte Lindner: "Es ist kein Geheimnis, dass die FDP-Fraktion
hier weiteres Potential sieht." Zugleich kritisierte er, aus SPD und
Grünen kämen "Vorschläge zu Steuererhöhungen und Notlagenbeschlüssen,
obwohl die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für eine Haushaltsnotlage
gewiss nicht mehr vorliegen".
Quelle: dts Nachrichtenagentur