Haushaltspolitiker wollen Komplettumzug der Regierung nach Berlin
Archivmeldung vom 04.08.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Debatte um den Komplettumzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin fordert der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Johannes Kahrs einen klaren Zeitplan. Der "Welt" sagte er: "Im Haushaltsausschuss besteht parteiübergreifend Konsens, dass die Aufteilung der Ministerien zwischen Berlin und Bonn beendet werden muss. Wir sollten jetzt einen Zeitplan für den Umzug der Ministerien nach Berlin entwickeln." Kahrs sprach sich für baldige Verhandlungen mit der Stadt Bonn aus. Vielen Städten, auch in NRW, gehe es schlechter als der ehemaligen Hauptstadt.
Er sagte weiter: "Es gibt einen Bonn/Berlin-Vertrag. Aber auch Verträge haben ihre Zeit. Die Bonn-Anhänger müssen wissen: Mit jeder Generation neuer Bundestagsabgeordneter nimmt die Bindung an das alte Bonn spürbar ab."
Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, die Linken-Politikerin Gesine Lötzsch, wies auf die Kosten der zwei Regierungsstandorte hin: "Der Bund sollte mit allen Ministerien komplett von Bonn nach Berlin umziehen. Die kostspielige Teilung der Regierung auf zwei Standorte muss endlich beendet werden", sagte sie der Zeitung.
Der doppelte Dienstsitz Berlin/Bonn hat den Steuerzahler in den vergangenen 15 Jahren rund 350 Millionen Euro gekostet. Das hatte der Bund der Steuerzahler im Auftrag der "Welt am Sonntag" berechnet. Zudem gibt der Bund für leerstehende Liegenschaften in Berlin, die für Bundesbehörden in Frage kommen, jährlich 2,8 Millionen Euro aus. Aus einer Aufstellung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die der "Welt am Sonntag" vorliegt, geht außerdem hervor, dass Mietzahlungen für die obersten Bundesbehörden in Bonn in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahr fällig werden.
1999 war die Bundesregierung von Berlin nach Bonn umgezogen. Sechs Ministerien behielten Bonn als ersten Dienstsitz. Fast 40 Prozent der Staatsdiener sind immer noch am Rhein stationiert.
Zuvor hatten sich mehrere Ministerpräsidenten östlicher Bundesländer in der "Welt am Sonntag" für die vollständige Verlagerung der Regierungsgeschäfte nach Berlin stark gemacht. "Ein Komplettumzug der Bundesregierung ist überfällig", sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte, die Entscheidung über einen vollständigen Umzug in die anstehenden Verhandlungen über die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern einzubeziehen. Die Menschen in Deutschland hätten Berlin längst als Hauptstadt angenommen und ins Herz geschlossen. "Der Komplettumzug erhöht nicht nur Effizienz und Effektivität, sondern ist auch ein wichtiger Schritt zur Vollendung der Einheit Deutschlands." Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte, die Entscheidung über einen vollständigen Umzug in die anstehenden Verhandlungen über die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern einzubeziehen. Bis heute fehle ein Hauptstadtgesetz, mit dem "25 Jahre nach der friedlichen Revolution die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland endgültig hergestellt werden könnte", sagte Haseloff der "Welt am Sonntag".
Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, 25 Jahre nach dem Fall der Mauer zeige sich auch aus Sicht der Ministerien, dass es nicht effektiv sei, an zwei Standorten zu arbeiten. "Deshalb sollten Bundestag und Bundesregierung noch einmal diskutieren, ob nicht eine Zusammenführung aller Ministerien in der Hauptstadt die zweckmäßigere Alternative zum jetzigen Ist-Zustand ist."
CDU-Vize Laschet gegen Komplettumzug der Regierung nach Berlin
Der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef und CDU-Bundesvize Armin Laschet hat eindringlich vor einem vollständigen Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin gewarnt. "Ein Komplettumzug tausender Beamter würde mehrere Milliarden Euro kosten und ist überdies vollkommen unnötig", sagte Laschet der "Welt". Das Land habe andere Probleme. "Wenn finanzielle Spielräume da sind, dann müssen sie für Zukunftsinvestitionen und nicht für Berliner Zentralismusträume genutzt werden." Laschet sprach von einer "antiquierten Debatte", die man vielleicht vor 25 Jahren vor Erfindung des Internets hätte führen können. "Doch heute, mit der modernen Informations- und Kommunikationstechnik, sitzen doch nicht tausende Beamte ständig auf dem Schoß des Ministers."
Quelle: dts Nachrichtenagentur