Munderkrankungen auch psychisch verursacht
Archivmeldung vom 30.11.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlWie eng Psyche und Zähne zusammen gehören, hat der Volksmund schon lange erkannt: Man beißt sich durch, auf Granit oder die Zähne zusammen, zeigt sie dem Gegner, nimmt etwas zähneknirschend hin oder kaut an Problemen. Rund ein Viertel der Bundesbürger leidet unter psychosomatischen oder psychischen Erkrankungen.
Aber auch die
extreme Angst vorm Zahnarzt, die bis zu 10 Prozent der Bevölkerung
plagt, fällt in diesen Zusammenhang. Ein "Leitfaden für Zahnärzte zur
Psychosomatik in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde" soll dem
Zahnarzt in Zukunft einen wissenschaftlich begründeten und
gleichzeitig praxisnahen Problemaufriss liefern, psychische Probleme
frühzeitig zu erkennen und bei der Lösung zu helfen. Er wird von der
Bundeszahnärztekammer (BZÄK) herausgegeben und ist von Vertretern des
Arbeitskreises Psychologie und Psychosomatik in der Deutschen
Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) erarbeitet
worden. Anlässlich des Deutschen Zahnärztetages 2006 in Erfurt wurde
er der Öffentlichkeit vorgestellt.
"Der Leitfaden stellt die wesentlichen psychosomatischen
Störungen, Krankheitsbilder und therapeutischen Ansätze im
zahnärztlichen Versorgungsalltag dar und führt darüber hinaus in die
professions-übergreifende Zusammenarbeit ein", erläutert
BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich. "Er soll die
zahnärztliche Diagnostik und Therapie um den psychosomatischen
Blickwinkel erweitern." Denn organisch nicht erklärbare Beschwerden
im Mundraum können psychischer Natur sein. Hier helfen rein
zahnärztliche Maßnahmen dann nicht mehr weiter. Dr. Oesterreich:
"Manchmal ist der Zahnarzt der Erste, der die psychischen Probleme
eines Patienten erkennen kann."
Auf aktuelle Zahlen bezieht sich PD Dr. Anne Wolowski (Münster),
um die Bedeutung psychosomatischer Aspekte zu unterstreichen. Die
erste Vorsitzende des Arbeitskreises Psychologie und Psychosomatik in
der DGZMK verweist auf einen oft jahrelangen und schmerzhaften
Leidensweg der Patienten. Rund ein Viertel der Bevölkerung in
Deutschland leiden zu einem gegebenen Zeitpunkt ihres Lebens unter
einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung. Da im
Unterschied zu Facharztpraxen der Zahnarzt die "Allgemeinbevölkerung"
behandelt, kann man davon ausgehen, dass etwa 20 % der Patienten, die
mit Beschwerden in eine Zahnarztpraxis kommen, psychisch
beeinträchtigt sind. Diese Zahlen belegen, wie omnipräsent
psychosomatische Krankheitsbilder auch in der zahnmedizinischen
Praxis sind und welche gesundheitsökonomische Konsequenzen das haben
kann. "Um diesen Menschen besser helfen zu können, haben wir einen
interdisziplinären Ansatz entwickelt, der neben weiteren
Fachdisziplinen der Medizin, wie Radiologie, Orthopädie,
Rheumatologie, Neurologie oder Hals-Nasen-Ohrenheilkunde auch die
Psychosomatische Medizin mit einbezieht", so Dr. Anne Wolowski.
Auf Basis des Leitfadens soll der Zahnarzt künftig besser klären
können, wann ein Patient weiterreichende Hilfe benötigt. Er
unterstützt bei der biopsychosozialen Anamnese und der
Patientenführung. Gleichzeitig steht der Leitfaden auch als Beleg
einer vom Berufsstand selbst getragenen zahnärztlichen Fortbildung,
die sich thematisch und fachlich an den Bedürfnissen der Patienten
und nicht an denen staatlicher Zwangsvorgaben ausrichtet.
Den Leitfaden "Psychosomatik in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde" können interessierte Zahnärzte bei ihren zuständigen (Landes-) Zahnärztekammern anfordern.
Quelle: Pressemitteilung Bundeszahnärztekammer