Liebe ist die beste Medizin
Archivmeldung vom 28.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHormonausschüttung besser als beim Sport – Glückliche Beziehungen stärken das Immunsystem ein Bericht von Rolf Froböse
Columbus/Ohio – Wer sich in einer harmonischen Beziehung regelmäßig
erotisch betätigt, bringt sein Hormonsystem auf Trab und stärkt sein
Immunsystem. Zu diesem Ergebnis kommen die beiden amerikanischen
Hormonexperten Janice Kiecolt-Glaser und Ronald Glaser – ein
Forscherehepaar an der amerikanischen Ohio State University in
Columbus. Als Resultat einer mehrjährigen Studie haben die beiden
herausgefunden, dass die Qualität der Ehe die Gesundheit der Partner
positiv beeinflusst. „Ist die Beziehung glücklich, so wirkt sich dies
auch positiv auf den Gesundheitszustand der Partner aus“, lautet ihr
Resümee.
Die These der Forscher stützt sich auf Langzeitstudien der
Stresshormonspiegel und des Wundheilungsprozesses an 90 verheirateten
Paaren. Hierbei zeigte sich, dass sowohl Männer als auch Frauen auf die
Qualität ihrer Beziehung über den Spiegel an Stresshormonen im Blut
sowie über die Stärke der Immunfunktion reagieren. Das Forscherpaar
beobachtete zum Beispiel, dass ein heftiger Ehestreit das Immunsystem
deutlich schwächt. Als Konsequenz verschlechtern sich Impfwirkungen und
Wundheilungszeiten.
Um eine Verwundung nachzuahmen, wurden den Testpersonen durch Ansetzen
eines Vakuums auf dem Arm Blasen zugefügt. “Wir konnten ziemlich genau
feststellen, was in der Wunde während einer sozialen Interaktion
passiert“, versichert Ronald Glaser. Dabei hatten die Forscher
insbesondere Cytokine und Neutrophile, eine besondere Sorte weißer
Blutkörperchen, im Auge. Stress in der Beziehung, so warnen die
Glasers, kann letztlich über eine Blockierung der Cytokine zu einer
Verzögerung des Heilungsprozesses führen.
Bei geschiedenen Paaren konnten die Wissenschaftler wiederum auffallend
hohe Werte von Stresshormonen wie Adrenalin, Corticotropin und Cortisol
nachweisen – ganz anders als bei Paaren, die in einer harmonischen
Beziehung leben oder diese zumindest anstreben.
„Allein die Tatsache, dass Ehepaare über Veränderungen sprechen –
sei es, daß sie sich besser organisieren wollen oder beide planen
gemeinsam abzunehmen, wirkt sich generell positiv auf den
Gesundheitszustand aus“, versichert Glaser. Eine positive Einstellung
so Glaser, spiegelt sich offenbar auch in reduzierten Cortisolwerten
wider. Glaser: „Je geringer der Cortisolwert ist, umso schneller heilen
zumindest die äußeren Wunden.“
Ein aktives Liebesleben beugt auch Erkältungskrankheiten vor. Das haben
wiederum die Psychologen Carl J. Charnetsk und Francis Brennau von der
Wilkens University im US-Bundesstaat Pennsylvania herausgefunden. Ihre
Untersuchungen zufolge zeigt sich bei Menschen, die ein bis zwei Mal
pro Woche Intimverkehr haben, sich ein höherer Immunglobulin-Level.
Dieser Antikörper schützt wirksam vor Schnupfen und anderen
Infektionen. Und einer an der britischen Universität Bristol
durchgeführten Langzeitstudie zufolge ist sexuelle Aktivität auch eine
geeignete Prävention gegen Herzinfarkt. Darüber hinaus soll sich
speziell bei Männern sexuelle Aktivität auch positiv auf die
Gedächtnisleistung auswirken und das Schlaganfallrisiko reduzieren.
Ganz klar darf Sexualität auch als Form sportlicher Betätigung
bezeichnet werden. So verbrennen bei einem halbstündigen Liebesspiel
durchschnittlich 350 Kalorien, was wiederum einem rund 40minütigen
Jogging entspricht. Da hierbei auch die Bauchmuskulatur angespannt
wird, kann ein durchschnittlicher Sexualakt darüber hinaus mit einem 15
Minuten dauernden Entfettungstraining im Fitneßstudio mithalten. „Sex
ist der genussvollste Weg, um Kalorien zu verbrennen“, so brachte es
der amerikanische Schauspieler Jack Nicholson („Einer flog über das
Kuckucksnest“) einmal auf den Punkt.
Überaus positiv wirkt sich der beim Liebesakt ausgeschüttete
Hormoncocktail aus, der nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen
wesentlich vielseitiger als der durch sportliche Hochleistungen
provozierte Hormonschub ist. Während beim Sport vorwiegend Adrenalin
ausgeschüttet wird und unter extremen Situation – etwa beim
Marathonlauf – auch köpereigene Opiate im Blut zirkulieren, kommen beim
Sexualakt darüber hinaus auch das Kuschelhormon Oxytocin, das
Antistresshormon Prolaktin, der Botenstoff sowie das Glückshormon
Serotonin zur Entfaltung. Diese einzigartige Kombination wirkt unter
anderem als vortreffliches Schmerzmittel, da die vom Körper
produzierten opiumähnlichen Substanzen vor allem Gelenk- und
Kopfschmerzen merklich lindern können. Hinzu kommt, dass der Botenstoff
Dopamin jegliche Stressgefühle für rund zwei Stunden hinwegfegt. Zu
diesem Ergebnis kommt der amerikanische Neurologe Dr. James Couch von
der Oklahoma-Universität in Oklahoma City. Couch empfiehlt seinen
Migränepatientinnen deshalb sogar Sex während eines Anfalls und rät
auch bei Menstruationsbeschweren zu Intimkontakten.
Last not least macht Liebe auch schön. Dafür sorgt unter anderem das
verstärkt ausgeschüttete Östrogen, welches die Regenerationsfähigkeit
der Zellen verbessert und die Bildung von Kollagen fördert. Dadurch
bleibt die Haut länger straff, elastisch und faltenfrei. Studien der
US-Gesundheitsbehörde haben ergeben, dass Frauen, die mindestens einmal
pro Woche lieben, deutlich mehr Östrogen im Blut haben als
enthaltsamere.
„Auch Küssen ist gesund“, meint Dr. Klaus Hartmann, Geschäftsführer der
Heidelberger biomedparc GmbH. Seinen Angaben zufolge werden bei einem
Kuss rund 40.000 Bakterien ausgetauscht, was sich positiv auf die
Immunabwehr auswirke. Doch nicht nur das. „Bei einem intensiven Kuß
sind nicht nur die Zunge und die Lippen, sondern vielmehr auch 34
unterschiedliche Gesichtsmuskeln beteiligt“, zieht Hartmann eine
positive Bilanz. Das verleihe der Haut einen besonders straffen und
jugendlichen Touch und beuge auf angenehme Weise Mimikfalten vor.
Buchtipp:
Wer mehr über das Thema erfahren möchte, dem sei das Buch von Gabriele und Rolf Froböse „Lust und Liebe – alles nur Chemie?“ empfohlen. Es ist im Weinheimer Wiley-VCH Verlag erschienen und kostet EUR 24,90.