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Höher, schneller, leichter: Endokrinologen warnen vor Sportlermagersucht

Archivmeldung vom 18.08.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.08.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Eine Gruppe Sportgymnastinnen.
Eine Gruppe Sportgymnastinnen.

Foto: FlickreviewR
Lizenz: CC-BY-2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die gerade zu Ende gegangenen Olympischen Sommerspiele warteten täglich mit neuen Höchstleistungen auf. Auch Sportarten wie Turnen oder Synchronschwimmen, bei denen ästhetische Aspekte eine Rolle spielen, begeisterten ein Millionenpublikum. Mitunter hungern die Sportler für den Erfolg und entwickeln daraus eine Sportlermagersucht, genannt Anorexia athletica. Dass regelmäßige Bewegung und Sport positiv auf Stoffwechsel und Hormone wirken, stehe außer Zweifel, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Eine gesundheitsgefährdende Gewichtsreduktion sei jedoch nicht durch Trainingsziele zu rechtfertigen, so die DGE.

Von Magersucht spricht man, wenn ein Mensch durch eine extreme Diät sehr stark an Gewicht verliert und sein Body-Mass-Index (BMI) weniger als 17,5 beträgt. Der BMI errechnet sich aus Gewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergröße zum Quadrat. Bei etwa einem Fünftel aller Jungen und Mädchen im Alter von elf bis 17 Jahren in Deutschland bestehen Hinweise auf Essstörungen, so der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey des Robert Koch-Instituts in Berlin. Etwa jedes dritte Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren ist betroffen. Magersucht, medizinisch Anorexia nervosa genannt, ist die am weitesten verbreitete Essstörung in Deutschland.

Wenn zu den häufig pubertätsbedingten Verunsicherungen in Bezug auf den eigenen Körper noch vermeintlich reale Erwartungen von außen kommen, könne es kritisch werden, warnt Professorin Dr. med. Birgit Friedmann-Bette, Oberärztin an der Abteilung Innere Medizin VII: Sportmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg: „Das Risiko für Essstörungen ist bei Sportlerinnen deutlich erhöht, für deren Erfolg ein niedriges Körpergewicht vorteilhaft ist“, sagt die Expertin. Das betrifft vor allem Athletinnen in ästhetisch-kompositorischen Sportarten wie Rhythmische Sportgymnastik oder Synchronschwimmen – beides auch olympische Disziplinen. Aber auch Skispringer und einige Ausdauerathleten können eine Sportlermagersucht entwickeln. Denn hier wirkt sich ein niedriges Körpergewicht positiv auf die Leistungsfähigkeit aus. „Die betroffenen Sportlerinnen und Sportler gehen oft ein erhebliches Energiedefizit ein und entwickeln nicht selten gravierende Essstörungen“, sagt Friedmann-Bette.

Professor Dr. med. Dr. h.c. Helmut Schatz, Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie aus Bochum, benennt die Gefahren einer Magersucht mit Blick auf den Hormonhaushalt: „In der Folge treten hormonelle Regulationsstörungen auf, die Knochendichte nimmt ab – bis hin zur Osteoporose mit der Gefahr von Knochenbrüchen.“ Die wichtigste Therapie sei, das Energiedefizit auszugleichen. Das gehe mitunter allerdings mit einer Gewichtszunahme einher, die auch das Ende einer leistungssportlichen Karriere bedeuten könne. Daher sollten Trainer, Ärzte und Sportler in minderschweren Fällen unbedingt auf eine ausreichende Zufuhr von Calcium, Vitamin D und Eiweiß achten.

Um Sportlermagersucht zu verhindern, muss man Sportler, Trainer und das Umfeld aufklären, mahnen die Experten der DGE. Hilfreich wäre zudem, bei Sporttauglichkeitsuntersuchungen auf Symptome der Anorexia athletica zu achten, erläutert Professor Friedmann-Bette: Geringes oder stark schwankendes Körpergewicht, Diäten und/oder Stressfrakturen in der Anamnese sowie bei Frauen und Mädchen Menstruationsstörungen bis hin zum Ausbleiben der Regelblutung. Auch die Sportfachverbände können und sollten durch entsprechende Bestimmungen einwirken. Beim Skispringen ist das schon der Fall: Ist der Sportler sehr leicht und hat einen BMI von unter 20,5 werden seine Skier gekürzt, was ungünstig für „weite Sprünge“ ist.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (idw)

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