Studie: Mehr Patienten sehen sich als Opfer von Ärztefehlern
Archivmeldung vom 04.02.2017
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Freigeschaltet durch André OttImmer mehr Patienten geben an, von Ärzten falsch behandelt worden zu sein: Die Zahl der Verdachtsfälle auf Behandlungsfehler ist bei der Techniker Krankenkasse (TK) 2016 um 26 Prozent auf 4.400 Fälle gestiegen, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Dies geht aus einer Erhebung der Krankenkasse hervor, die den Zeitungen vorliegt. Die meisten Verdachtsfälle - 1.372 - wurden der Studie zufolge im chirurgischen Bereich gemeldet.
Es folgen Zahnärzte mit 606 Verdachtsfällen, Allgemeinmediziner (382), Orthopäden (378), Gynäkologen (222) und Augenärzte (155). Insgesamt hat die Techniker Krankenkasse im vergangenen Jahr 14 Millionen Euro von Ärzten und Kliniken für die Folgekosten nach falschen Behandlungen zurückgefordert.
Den starken Anstieg der Meldungen führt die Techniker Krankenkasse vor allem auf ein größeres Rechtsbewusstsein ihrer Mitglieder zurück. So habe die TK verstärkt über Hilfsangebote bei möglichen Fehlbehandlungen informiert.
"Wir gehen fest davon aus, dass sich die Versorgung in den Krankenhäusern und Arztpraxen nicht in diesem Ausmaß verschlechtert hat", sagte der TK-Medizinrechtsexperte Christian Soltau der Funke-Mediengruppe. Nach dem neuen Patientenrechtegesetz sind gesetzliche Krankenkassen verpflichtet, ihre Patienten bei möglichen Beratungsfehlern zu unterstützen. Dies kann beispielsweise durch die Finanzierung eines ärztliches Gutachtens erfolgen.
So hat die Techniker Krankenkasse 2016 insgesamt 1.492 Gutachten für ihre Patienten beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) erstellen lassen, nach 1.460 im Vorjahr. 61 Fälle wurden vor Gericht verhandelt. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), bewertet den deutlichen Anstieg als Folge des Patientenrechtegesetzes.
"Immer mehr Menschen nehmen dieses Recht selbstbewusst wahr. Die steigende Zahl vermuteter Behandlungsfehler zeigt auch: Das Patientenrechtegesetz wirkt." Jeder Behandlungsfehler sei zu viel, doch klar sei auch, so Laumann: "Wo Menschen am Werk sind, passieren Fehler." Behandlungsfehler dürften daher weder bagatellisiert noch skandalisiert werden.
"Und derjenige, der einen Fehler macht, muss dazu stehen", forderte Laumann. "Wir müssen alles dafür tun, um aus den Fehlern zu lernen, damit diese sich nicht wiederholen. Daher brauchen wir auch in allen medizinischen Bereichen ein effektives und konsequent umgesetztes Risikomanagement." Laumann mahnt zudem schnellere Gerichtsverfahren an: "Es ist nicht zu rechtfertigen, wenn sich einzelne Verfahren über viele Jahre hinziehen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur