Nierenlebendspende für Spender gefährlicher als ihr Ruf
Archivmeldung vom 10.03.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAnlässlich des Weltnierentages am 08. März 2012 ist mit einer Flut von Pressemeldungen zum ebenfalls aktuellen Thema Organspende auf die Situation von Tausenden Dialysepatienten hingewiesen worden, die auf ein Spenderorgan warten. Teilweise so lange, dass sie vor einer möglichen Organtransplantation versterben. Neben der Nierenspende durch einen hirntoten Menschen rückt die Nierenlebendspende immer mehr in den Fokus. Von ihr erhofft man sich eine wirksame Unterstützung des viel zu geringen Organangebots durch hirntote Menschen.
Der in den Presseveröffentlichungen vertretenen Ansicht, dass die Nierenlebendspende für den Spender gesundheitlich unbedenklich sei, tritt die "Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V." entschieden entgegen.
Nicht nur, dass ca. 10 % der Spender nach Aussage der "Stiftung Lebendspende" an Narbenschmerzen und Wundheilstörungen leiden, sondern darüber hinaus leiden Nierenlebendspender auf Grund des Organverlustes sehr häufig an Symptomen wie chronische Müdigkeit bis hin zur chronischen Erschöpfung. Ebenfalls mit erschreckender Regelmäßigkeit wird übereinstimmend von kognitiven Einschränkungen berichtet. Konzentrations- und Kurzzeitgedächtnisprobleme sind häufig die Folge der Spende. Hinzu kommen chronische Erkältungssymptome wie Halsschmerzen und Schleimbildungen in den Atemwegen. Das körperliche und geistige Leistungsvermögen wird als deutlich eingeschränkt beschrieben.
Die Ursachen dieser negativen hormonellen und immunologischen Veränderungen liegen zum Einen im System, die Natur hat den Menschen nicht mit einer "Reserveniere" ausgestattet, zum Anderen in der ungenügenden Vorauswahl (Evaluation) der Spender. Fokussiert auf das Wohlergehen der dialysepflichtigen nierenkranken Menschen, werden vermeintlich gesunde Menschen als Spender deklariert, die bei genauem Hinsehen gesundheitlich nicht geeignet gewesen wären. In der Folge werden drei Viertel der Spender als moderat Nierenkrank (CKD-Stufe III, Quelle AQUA-Institut) meistens viel zu früh aus der Klinik entlassen. Werden die o. g. Symptome bei Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung als typisch anerkannt (u. a. Nephrologie, S. 312, 5. Auflage 2008, Verlag Georg Thieme), so gelten sie bei Spendern nicht.
Weil diese Umstände ein permanenter Verstoß gegen das Transplantationsgesetz sind, wird über diese Zusammenhänge und erheblichen Risiken einer Nierenlebendspende nicht aufgeklärt, obgleich diese bekannt sind und es eindeutige wissenschaftliche Aussagen gibt, dass ein großer Teil der Spender nach der Spende über Beeinträchtigungen klagt. Je nach einer der zahlreichen Untersuchung liegt sie zwischen 8 % und mehr (Prof. Thiel, Report Mainz ARD, 2011) und 42 % (Dr. Wloch, Dissertation Charité Berlin, 2011).
Die meisten konsultierten Mediziner schieben die Patientenvorträge über Einschränkungen beiseite oder veranlassen psychiatrische Behandlungen. Zusammen mit der ungeklärten versicherungsrechtlichen Absicherung der Spender oft deren gesundheitliches, wirtschaftliches und mentales K.o.
Nur wenige Ärzte trauen sich aus "der Deckung" und geben dezente Hinweise auf die Richtigkeit dieser Zusammenhänge ("Trotzdem arbeitet die eine Niere etwas anders, vielleicht vorstellbar wie ein Auto das einen Gang runter schaltet." Prof. Dr. Lutz Renders, Leitender Oberarzt, Abteilung für Nephrologie, Klinikum rechts der Isar, München im Transplantforum im Internet am 02.02.2012).
Zusätzlich befeuert wird die Werbung um die vermeintlich unbedenkliche Nierenlebendspende von den wirtschaftlichen Interessen der Krankenkassen. Pro Nieren-Lebendspender etwa sparen sie - hochgerechnet auf die durchschnittliche Lebensdauer einer Spenderniere - rund 260.000 Euro im Vergleich zur Dialyse (Thomas Gutmann, Prof. für Medizinethik in Münster lt. Presseveröffentlichungen vom 05.03.2012).
Wir fragen: Ist es ethisch vertretbar, einen über die Risiken unaufgeklärten, gesunden Menschen zu Gunsten eines kranken Menschen krank zu operieren?
Die "Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V.", gegründet von betroffenen Lebendspendern, Empfängern und Unterstützern wird weiter auf diese Missstände hinweisen, bis die Transplatationsmedizin, die Krankenkassen und die Politik endlich von diesem "stillen Leiden" Notiz nimmt und entsprechend reagiert.
Die Politik ist aufgefordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, nach der eine Nierenlebendspende nur in streng eingeschränkter Form zwischen nahen Verwandten und emotional sich sehr nahe stehenden Personen möglich sein darf und ihr eine umfassende wissenschaftlich korrekte Aufklärung und äußerst gewissenhafte medizinische Abklärung der Eignung vorausgehen muss.
Wirtschaftliches oder einseitiges medizinisches Interesse darf nicht über gesundheitliche und damit ethische Verantwortung gestellt werden.
Auch Empfängern ist an der gesundheitlichen Unversehrtheit der Spender gelegen.
Quelle: Interessengemeinschaft Nierenlebendspende (ots)