Hitzeschockproteine schützen vor grauem Star
Archivmeldung vom 29.07.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Linse im menschlichen Auge besteht aus einer hochkonzentrierten Mischung mehrerer Eiweiße. Schutzproteine verhindern, dass diese Eiweiße sich zusammenlagern und verklumpen. Versagt diese Schutzfunktion, so trübt sich die Linse; der Patient bekommt "Grauen Star".
Zwei Arbeitsgruppen des Department Chemie der Technischen Universität München (TUM) haben nun erfolgreich die molekulare Architektur eines solchen Schutzproteins aufgeklärt. Ihre in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Science) veröffentlichten Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Arbeit dieser Proteine und könnten helfen, neue Therapien zu finden.
Die Zelle verfügt über vielfältige Proteinkomplexe, die lebenswichtige Aufgaben bewältigen. Die Funktionen dieser "molekularen Maschinen" hängen wesentlich von ihrer räumlichen Struktur ab. Eiweiße oder Proteine sind zunächst lange Ketten von Aminosäuren, vergleichbar einem langen Wollfaden. So genannte Chaperone, zu Deutsch "Anstandsdamen", helfen, dass sie sich nach ihrer Produktion in die gewünschte dreidimensionale Form falten. Versagt diese Faltung, so wird aus dem Proteinfaden ein unentwirrbares, wertloses Knäuel.
Eine besonders wichtige Gruppe der Chaperone sind kleine Hitzeschockproteine (sHsps). Sie verhindern das Verklumpen von Proteinen unter Stressbedingungen. alphaB-Crystallin und das verwandte alphaA-Crystallin sind die prominentesten Vertreter der kleinen Schutzproteine beim Menschen. Während alphaA-Crystallin im Wesentlichen in der Augenlinse vorkommt, ist alphaB-Crystallin auch im Gehirn sowie im Herz- und Muskelgewebe besonders häufig anzutreffen. In der Augenlinse wirken sie Krankheiten wie dem grauen Star entgegen. Fehlfunktionen von alphaB-Crystallin in Gewebezellen können zu Krebs und neurologischen Defekten wie Alzheimer führen.
Wegen ihrer medizinischen Relevanz stehen die alpha-Crystalline im Mittelpunkt des Interesses vieler Wissenschaftler. Trotz intensiver Bemühungen konnte jedoch die molekulare Architektur dieser Proteine bisher nicht ermittelt werden. Am Lehrstuhl für Biotechnologie der TU München gelang es nun alphaA- und alphaB-Crystalline in Bakterien rekombinant herzustellen und einheitliche, klar strukturierte Komplexes zu gewinnen. Diese wurden in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Elektronenmikroskopie des Chemie Departments einer detaillierten Strukturanalyse unterzogen. Die Arbeitsgruppen konnten dabei erstmals zeigen, dass alphaB-Crystallin entgegen früherer Annahmen eine definierte, kugelige Struktur aus 24 Untereinheiten bildet, die an einen löchrigen Fußball erinnert.
Durch die Ermittlung der dreidimensionalen Struktur des alphaB-Crystallins, die derzeit verfeinert wird, ist nun die Grundlage geschaffen, gesunde und krankheitsfördernde Mutanten zu vergleichen und so deren Funktionsweise aufzuklären. Die Wissenschaftler hoffen, auf diese Weise neue Therapieansätze zu finden.
Die Arbeiten wurden unterstützt von dem SFB 594 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Exzellenzcluster CIPSM.
Quelle: Technische Universität München