Studie: Samenspendern geht es primär nicht ums Geld
Archivmeldung vom 17.09.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Samenspende ist ein kontrovers diskutiertes Thema in der Gesellschaft. Samenspender sehen sich mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Um diese auszuräumen, gab die Erlanger Samenbank eine Studie unter wissenschaftlicher Begleitung der Uni Nürnberg-Erlangen in Auftrag. Befragt wurden aktive Samenspender sowie Männer, die eine Spende in Erwägung ziehen.
Das Wichtigste vorab: Geld ist es nicht, das die Männer antreibt. Die finanzielle Aufwandsentschädigung wird von einem Großteil der Männer als das gesehen, was sie ist: ein Ausgleich für Anfahrtskosten und investierte Zeit. Viel wichtiger, das zeigen die Zahlen eindrucksvoll, ist es ihnen "kinderlosen Paaren zu helfen": Dieses Motiv gaben 75 Prozent der aktiven und 60 Prozent der potentiellen Spender zu Protokoll. Kein Wunder: Für 50 Prozent der Befragten ist der unerfüllte Kinderwunsch von Freunden oder die eigene Familienplanung der Auslöser gewesen, sich überhaupt erst mit dem Thema Samenspende zu beschäftigen.
29,5 Prozent der potentiellen und immerhin 15,2 Prozent der aktiven Spender gaben an, sie fänden es "toll, dass Kinder mit eigenen Zügen" geboren werden. Auch Neugier bezüglich der eigenen Zeugungsfähigkeit und gesundheitlichen Verfassung ist eines der Motive für eine Samenspende. So nennen 21,6 Prozent der potentiellen Spender (aktive Spender 18,6%) den umfassenden medizinischen Check als wichtig, den jeder Bewerber vor Beginn des Spendenprozesses durchlaufen muss. Dieser schließt u.a. Infektionskrankheiten aus und stellt die Qualität der abgegebenen Proben fest. Eine überdurchschnittliche Spermienqualität ist für die Samenspende notwendig, weil die Proben auch nach dem verfahrensbedingten Einfrieren und Auftauen hoch fertil bleiben müssen. 74 Prozent der potenziellen Spender gaben an, ein positives Ergebnis im Gesundheitscheck würde sie in ihrem Vorhaben bestärken, eine Spende abzugeben. Ob sie später eigene Kinder zeugen können, interessiert 65 Prozent von ihnen.
Barrieren vor einer Samenspende
Als die größten Barrieren vor der Entscheidung für eine Samenspende bestätigt die Studie bekannte Diskussionspunkte. Insbesondere eine als zu gering wahrgenommene gesellschaftliche Akzeptanz von Samenspendern. Nicht zuletzt deshalb gaben wohl nur 25,8 Prozent der potentiellen Spender an, sich offen zur Spende bekennen zu wollen. Aktive Spender suchen positives Feedback eher im vertrauten Umfeld (52,1 Prozent). Am wichtigsten ist beiden Gruppen, was die aktuelle Partnerin über der Spende denkt - das gaben 52,1 Prozent der potentiellen und 38,5 Prozent der aktiven Spender an. Ein spannender Punkt im Studienbericht ist die Einstellung zur Samenspende im Elternhaus: Sie wird von den Befragten entweder stark positiv oder stark negativ eingeschätzt. 23,8 Prozent der potentiellen und 30 Prozent der aktiven Spende würden ihren Eltern die Spende verheimlichen - dem stehen 29,4 Prozent (potentiell) bzw. 30 Prozent gegenüber, die im Elternhaus offen darüber sprechen würden.
Zweitwichtigste Barriere ist die rechtliche Situation. Fast 58 Prozent der potentiellen Spender haben Angst, im Nachhinein belangt zu werden - etwa durch Unterhaltszahlungen. Sie wünschen sich mehr rechtliche Sicherheit. Ein Großteil der aktiven Spender, 40 Prozent, fürchtet hingegen keinerlei Konsequenzen. Die Männer sehen sich nicht als Vater, sondern lediglich als Erzeuger. Dafür, dass der Spender grundsätzlich frei von Ansprüchen bleibt, sorgt nicht zuletzt ein Vertrag, der von den Paaren, die durch eine Samenspende schwanger werden möchten, unterzeichnet wird. Das Risiko, später Unterhalt für das Kind zahlen zu müssen, ist hohen juristischen Hürden unterworfen und daher eher theoretisch und sehr gering. Auch gab es in Deutschland noch nie einen Fall, in dem ein Kind überhaupt versucht hätte, einen Samenspender gerichtlich als Vater feststellen zu lassen.
Einstellungen zur Samenspende
Der Aufwand, welcher zur Abgabe einer Samenspende nötig ist, wird von 64 Prozent der potentiellen Spender und 69 Prozent der aktiven Spender als angemessen angesehen. Und das, obwohl die Spende mindestens die Abgabe von sechs geeigneten Spenden in einem Spendenzyklus sowie ärztliche Untersuchungen zu Beginn und Ende umfasst. Als Spender in Frage kommen dann nur die Kandidaten, bei denen mehr als drei der abgegebenen Spenden tauglich sind. Fazit: Nur einer von zehn Bewerbern wird auch Spender. Neben den medizinischen Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, stehen auch ausführliche Vorgespräche mit den Ärzten an. Die Entscheidung für eine Spende ist somit eine sehr reflektierte. Das zeigt sich auch in der Studie: Vor der Befragung konnten sich nur 36 Prozent der potentiellen Spender vorstellen, tatsächlich eine Samenspende abzugeben. Nach der Befragung waren es 41 Prozent. Erstmals hatten die Männer wohl alle Facetten einer Samenspende ausführlich durchdacht. (4883 Zeichen inkl. Leerzeichen)
Über die Studie: Nach einer qualitativen Vorstudie wurden 210 Männer im Alter von 20 bis 50 Jahren über einen Online-Fragebogen befragt. Darunter befanden sich 80 Personen, die bereits mehrere Samenspenden abgegeben haben (aktive Spender) und 130, die sich für das Thema generell interessieren (potentielle Spender). Die Studie wurde in einer Forschungskooperation der Erlanger Samenbank mit der Juniorprofessur für Innovationsmanagement der Universität Erlangen-Nürnberg und dem Studiendienstleister VEND consulting im Januar 2014 durchgeführt.
Quelle: Erlanger Samenbank (ots)