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Wettlauf zwischen Erreger und Wirt

Archivmeldung vom 20.10.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In der aktuellen Online- und ab Freitag in der Print-Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Science berichten Forscher der Universität Freiburg und des Cancer Research Institute London über die Entdeckung einer bisher unbeachteten Struktur auf dem Erbgut von Grippeviren, welche von Körperzellen erkannt wird, um das antivirale Abwehrsystem zu aktivieren.

Zudem konnten die Wissenschaftler aufdecken, auf welche Weise der Erreger versucht unerkannt zu bleiben.

Das Überleben aller höheren Organismen hängt von der Fähigkeit ab, bedrohliche Virusinfektionen schnell zu entdecken und so lange in Schach zu halten, bis das Immunsystem maßgeschneiderte Antikörper und Abwehrzellen produziert hat. Die Detektion von Viren als körperfremde Partikel ist jedoch schwierig. Viren bestehen - im Unterschied zu Bakterien - aus demselben Material wie die Wirtszelle, welche gekapert und zu einer Virusfabrik umprogrammiert wird. Bisher ging man davon aus, dass doppelsträngige Ribonukleinsäuren, die so genannte ds-RNA, der einzige zuverlässige Indikator der Virusvermehrung sind. Mehrere zelluläre Rezeptoren sind in der Lage, ds-RNA zu binden und eine Signalkaskade einzuleiten, die zur Produktion von Interferonen führt. Die Interferone wirken als Botenstoffe, die das betroffene Gewebe in einen "antiviralen Zustand" der erhöhten Abwehr versetzen und das Immunsystem alarmieren.

Die Forschergruppe um Dr. Friedemann Weber an der Abteilung Virologie des Universitätsklinikums (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Otto Haller) konnte nun nachweisen, dass Grippeviren es geschafft haben, von vorneherein die Produktion des Indikatormoleküls ds-RNA zu vermeiden. Im Team mit dem ehemaligen Doktoranden Andreas Pichlmair, der als Postdoc in der Gruppe von Caetano Reis e Sousa am Cancer Research Institute London arbeitet, konnten die Wissenschaftler dann zeigen, dass die Zelle dennoch einen Weg gefunden hat, Grippeviren eindeutig zu erkennen. Die Enden der viralen Erbgutstränge weisen markante Phosphatreste auf, die stark Interferon-induzierend wirken.

Durch gezieltes Ausschalten zellulärer Gene identifizierten die Forscher den dafür zuständigen Rezeptor. Interessanterweise wird dieser Rezeptor wiederum von einem viralen Protein gebunden und inaktiviert, das schon lange im Verdacht stand, die Wirksamkeit der Interferonantwort zu dämpfen. Virus und Wirtsorganismus befinden sich also in einem stetigen Wettlauf, der wesentlich durch den Zeitpunkt der Interferon-Aktivierung entschieden wird.
Diese neuen Erkenntnisse über das besondere molekulare Kennzeichen der Grippeviren, den passenden zellulären Rezeptor und seine gezielte Ausschaltung durch ein virales Protein können helfen, therapeutische Strategien zu verbessern und neuartige Impfstoffe zu entwickeln.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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