Jährlich tausende Tote: Politik muss Nichtraucher besser schützen!
Archivmeldung vom 07.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittObwohl Passivrauchen jedes Jahr zu mehreren tausend Todesopfern führt, tun sich im Deutschen Bundestag immer noch zahlreiche Politiker schwer, ein umfassendes Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern zu verabschieden.
Um diesen Missstand zu beenden, fordert die Deutsche Herzstiftung die Abgeordneten eindringlich dazu auf, ihrer Verantwortung gegenüber der nichtrauchenden Bevölkerung gerecht zu werden und endlich ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, das auch ein Rauchverbot in Gaststätten einschließt, wie dies in verschiedenen Ländern Europas längst der Fall ist.
Es ist allgemein bekannt, dass Raucher nicht nur ihre eigene Gesundheit in
Gefahr bringen, sondern auch ihre Mitmenschen erheblich gefährden. Die häufigste
Todesursache aufgrund von Passivrauchen ist allerdings nicht der Lungenkrebs,
wie viele Menschen glauben. "Trauriger Spitzenreiter sind die Herzerkrankungen
wie etwa Herzinfarkte", erläutert Professor Dr. med. Helmut Gohlke,
Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung. "Denn Passivrauchen zählt wie
aktives Rauchen zu den gefährlichsten Risikofaktoren für den plötzlichen
Verschluss der Blutgefäße durch Blutgerinnsel, in dessen Folge der Herzmuskel
nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt wird und massive
Schäden davonträgt."
Trotz einfacher Möglichkeiten, diese eklatante
Gefahr auszuschalten, werden Nichtraucher in Deutschland immer noch nicht
ausreichend geschützt. Zwar wird derzeit im Bundestag über ein Gesetz
diskutiert, das ein Rauchverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln, Kinos, Theatern
und öffentlichen Gebäuden vorsieht, doch für ein umfassendes Rauchverbot in
Gaststätten hat sich bislang noch keine Mehrheit gefunden. Stattdessen kursieren
Pläne, wonach Gastronomiebetriebe mit einer Größe von über 75 m² lediglich
Nichtraucherzonen einrichten müssten, während in Gaststätten unter 75 m² das
Rauchen weiter uneingeschränkt erlaubt bleiben soll.
Wie sinnvoll jedoch
ein umfassendes Rauchverbot ist, zeigt der Blick in andere europäische Länder,
und nach USA, in denen verantwortungsvolle Gesetze zum Schutz von Nichtrauchern
existieren. "In Italien haben vor eineinhalb Jahren die Krankenhauseinweisungen
aufgrund von Herzinfarkten unmittelbar nach Einführung eines weitgreifenden
Rauchverbots in Gaststätten, Diskotheken und öffentlichen Gebäuden deutlich
abgenommen", unterstreicht Prof. Gohlke, nach dessen Hinweisen das strikte
Rauchverbot im Gastronomiebereich einer der wichtigsten Punkte des
Nichtraucherschutzes darstellt, was inzwischen durch wissenschaftlich
überzeugende Beobachtungsstudien aus USA bestätigt wurde: Das Rauchverbot in
öffentlichen Gebäuden und Restaurants leistet neben der Verhütung persönlichen
Leidens auch einen eigenen Beitrag zur Verminderung der Gesundheitskosten: In
der amerikanischen Stadt Pueblo (Colorado) wurde nach Einführung eines solchen
Rauchverbots innerhalb von eineinhalb Jahren eine Reduktion der akuten
Herzinfarkte um 27 Prozent im Vergleich zu einer Kontrollstadt beobachtet. Eine
enorme Verminderung in so kurzer Zeit, die wohl durch keine andere Maßnahme zu
erzielen ist. Auf Deutschland hochgerechnet wären dies etwa 78.000 Herzinfarkte
pro Jahr weniger: eine Kostenersparnis in Milliardengröße für unser derzeit viel
diskutiertes Gesundheitssystem.
Mehrheit in Deutschland will rauchfreie Gaststätten
Die Deutsche Herzstiftung ruft daher die Entscheidungsträger des
Bundestages nachdrücklich dazu auf, beim derzeit geplanten Gesetz zum Schutz von
Nichtrauchern auch ein generelles Rauchverbot für Gaststätten aufzunehmen und
sich auf keinen Fall in irgendeiner Weise von der Zigarettenindustrie
beeinflussen zu lassen. Dabei betont die Deutsche Herzstiftung ausdrücklich,
dass nach aktuellen Umfragen die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland für
rauchfreie Gaststätten ist, woran sich Vertreter des Deutschen Bundestages
unbedingt bei ihrer Entscheidung erinnern sollten.
Zum 1. Juli 2006 gab
es in USA 474 Gemeinden und 11 Staaten mit aktivem Nichtraucherschutz-Gesetz.
Nach der Neuauflage des Berichtes des Surgeon General im Juni 2006 haben sich
viele Gemeinden ermutigt gesehen, den aktiven Nichtraucherschutz per Anordnung
zu intensivieren.
Quellen:
Schaller K, Poetschke-Langer M,
Schultze A, Ehrmann K.: Maßnahmen zum
Nichtraucherschutz in Deutschland
[Measures of nonsmokers' protection in
Germany]. Heidelberg, DKFZ,
2005.
Carl Bartecchi, MD; Robert N. Alsever, MD; Christine Nevin-Woods,
DO, MPH; William M. Thomas, PhD; Raymond O. Estacio, MD; Becki Bucher Bartelson,
PhD; Mori J. Krantz, MD; Reduction in the Incidence of Acute Myocardial
Infarction Associated With a Citywide Smoking Ordinance; Circulation
114:1490-1496; 2006 (3.Oktober)
Jonathan M. Samet, MD, MS; Smoking Bans Prevent Heart Attacks; Circulation 114: 1450-1451; 2006
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.