Wie Abwehrzellen des Immunsystems zu Krebs-Mittätern werden
Archivmeldung vom 21.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFresszellen (Makrophagen) des Immunsystems haben die Aufgabe, zwischen "Freund" und "Feind" zu unterscheiden und dabei zu helfen, die "Feinde" zu eliminieren. Zu den Feinden zählen Bakterien, Viren und auch körpereigene Zellen, die zu Tumorzellen entartet sind. In unmittelbarer Nähe von Tumoren kehrt sich das Verhalten der Makrophagen aber offenbar um:
Sie fördern hier die Streuung von Krebszellen in entfernte Gewebe
(Metastasierung). In welcher Form Signalmoleküle der "Wnt-Familie" an der
Umwandlung der Fresszellen zu "Dienern" der Tumore beteiligt sind, haben
Wissenschaftler der Abteilung Hämatologie und Onkologie (Direktor: Prof. Dr.
Lorenz Trümper) am Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen untersucht.
Die Ergebnisse sind am 4. April 2006 in der renommierten Fachzeitschrift
"Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)" erschienen.
Die
Göttinger Forscher hatten beobachtet, dass Makrophagen die Aggressivität von
Krebszellen steigern, wenn sie mit ihnen gemeinsam in der Kulturschale gezüchtet
werden. Im Kulturmedium fanden sie das Signalmolekül Wnt 5a. Bisher galt Wnt 5a
als Gegenspieler bei der Entstehung von Tumoren. Doch im Umfeld von Tumorzellen
scheint das Signalmolekül andere Funktionen zu übernehmen. Wnt 5a-produzierende
Makrophagen fördern nun die Metastasierung von Tumoren, indem sie das
Bindegewebe um sich herum für auswandernde Krebszellen durchlässig machen. Wie
es den Krebszellen gelingt, die Makrophagen für ihre Zwecke umzupolen, ist noch
unklar.
"Es war seit längerem bekannt, dass Makrophagen in Tumore
einwandern. Unklar war aber, warum sie einwandern und was sie dort tun. Diesen
Fragen sind wir deutlich näher gekommen. Jetzt wollen wir die Signale finden,
mit denen Tumore die einwandernden Makrophagen für ihre Zwecke umprogrammieren.
Gelingt uns das, können wir hoffentlich therapeutische Ansätze entwickeln, mit
denen die 'abtrünnigen' Makrophagen wieder zurück in den Dienst des Körpers
gestellt werden können", sagt Prof. Dr. Lorenz Trümper, Direktor der Abteilung
Hämatologie und Onkologie am Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen.
"Unsere Ergebnisse sind ein gutes Beispiel dafür, wie Forscher mit
unterschiedlichem wissenschaftlichen Hintergrund gemeinsam neue Ansätze in der
angewandten Grundlagenforschung entwickeln können. Das ist Synergismus", sagt
Prof. Dr. Claudia Binder, Oberärztin in der Abteilung Hämatologie und Onkologie.
Prof. Binder hat ihre Expertise über Makrophagen in das Projekt eingebracht,
während Dr. Tobias Pukrop, Assistenzarzt in der Abteilung Hämatologie und
Onkologie, seine Fachkenntnisse über zelluläre Signalwege beisteuerte. "Auf
Grundlage unserer Veröffentlichung in der Zeitschrift 'PNAS' haben wir jetzt
Fördergelder für ein großes, fächerübergreifendes Forschungsprojekt bei der
Deutschen Forschungsgemeinschaft beantragt. Unser Ziel ist es, die Funktionen
von Wnt- und Wnt-verwandten Signalen in der Embryonal- und der Tumorentwicklung
genauer zu untersuchen", sagt Dr. Pukrop.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.