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Steigende Coronazahlen durch falsche Tests?

Archivmeldung vom 03.09.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.09.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Symbolbild
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Bild von Engin Akyurt auf Pixabay

Die Zahl der Neuinfizierten steigt, die Politik verschärft die Corona-Regeln. Kommt die zweite Welle? Glaubt man Medien und Politik, ist sie bereits da. Dabei sind die Intensivbetten leer und die Todeszahlen fast Null. Woher kommen also die gestiegenen Zahlen? Wird möglicherweise falsch getestet?

Zu diesen Fragen ließt man auf der deutschen Webseite des russischen online Magazins "Sputnik": „Ende August kam es zu einem spürbaren Anstieg der Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland. Die Politik reagierte mit Krisensitzungen und verschärften Hygieneregeln. Viele Menschen verstärkten auch von sich aus wieder die Vorsichtsmaßnahmen, stornierten für den Herbst sehnlichst erwartete Urlaube, vermieden erneut soziale Kontakte. Die Angst vor einer zweiten Welle macht die Runde. Die Politik führte Strafen für Maskenverweigerer ein und erneut Quarantäne für Reiserückkehrer aus sogenannten „Risikogebieten“, als welche das Robert-Koch-Institut (RKI) im Moment den Großteil der Welt definiert.

Mehr Tests – geringere Quote

Nur selten erklärt wurde jedoch, dass die gestiegenen Infektionszahlen nicht nur auf verseuchte Reiserückkehrer, sondern vor allem auf stark gestiegene Testzahlen zurückzuführen sind. Wurden zur Hochzeit der Pandemie im April knapp 300.000 Personen pro Woche getestet, sind es inzwischen fast eine Million Tests pro Woche. Die Quote der positiv auf Corona Getesteten liegt im Moment bei etwa einem Prozent, während es im April im Schnitt neun Prozent waren. In Zahlen ausgezählt ergibt dieses eine Prozent jedoch stattliche 1000 bis 1500 Neuinfizierte pro Tag, was bedrohlich viel klingt.

Eigentlich wurde vor Wochen von der Bundesregierung ein neuer Richtwert zur Einschätzung der Pandemielage gesetzt – nicht mehr als 50 Infektionen pro 100.000 Einwohner und Woche – sonst regionaler Lockdown. Dieser Wert liegt jedoch seit Wochen je nach Landkreis zwischen null und acht Infektionen pro 100.000 Einwohner und scheint nicht mehr als Messlatte zu taugen.

Kaum Intensiv-Kranke und Tote

Epidemiologien und andere Corona-Experten schauen in erster Linie nicht auf die Zahl der Infizierten, sondern auf die Zahl der belegten Intensivbetten und die Zahl der Coronatoten. Beide Werte sind nahezu in ganz Europa seit Wochen äußerst gering mit Tendenz gen Null. Selbst im „Sündenfall“  Schweden gab es seit dem 23. August nicht einen Covid-19-Toten mehr.

Die Experten vermuten als einen Grund für die geringe Zahl von Krankheits- und Todesfällen, dass inzwischen vor allem jüngere Menschen an Covid-19 erkranken. Deren Immunsystem scheint die Krankheit meist besser zu verkraften. Möglicherweise liegt auch bereits eine gewisse Immunisierung der Bevölkerung , eine Adaption an das Virus vor. Auch sind ältere und schwächere Menschen wohl inzwischen besser geschützt durch die ergriffenen Maßnahmen, sowohl aus Eigeninitiative als auch in Einrichtungen wie Altenheimen.

Der Altersdurchschnitt der an Covid-19 Verstorbenen beträgt in Deutschland 81 Jahre. Je jünger ein Mensch ist, desto unwahrscheinlicher ist es für ihn, ernsthaft an Covid-19 zu erkranken oder gar zu sterben. Die Kurve ist hierbei expositional: während die Sterblichkeitsrate bei unter 20-Jährigen ohne Vorerkrankung bei 0,00004 Prozent liegt, beträgt sie für Männer über 80 mit Vorerkrankungen immerhin 20,1 Prozent. 85 Prozent der Todesfälle durch Covid-19 waren 70 Jahre oder älter.

Gesundheitssystem nicht belastet

Bedenkt man, dass das Hauptargument der Bundesregierung für den Lockdown im März die Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems war, sind erneute Verschärfungen der Corona-Maßnahmen nur schwer vermittelbar. Zurzeit befinden sich in ganz Deutschland, bei mehreren Zehntausend vorhandenen Intensivbetten, nur gut 200 Corona-Patienten in intensivmedizinischer Isolationsbehandlung. Selbst zur Corona-Hochzeit im April kam es nie auch nur zu einer ansatzweisen Überlastung des deutschen Gesundheitssystems durch Corona. Aus den Statistiken des RKI geht hervor, dass die größte Auslastung der Intensivbetten mit 2922 Patienten am 19. April erreicht wurde.

PCR-Tests zu genau

Aktuell sind vor allem die PCR-Tests umstritten. Es ist durchaus selten, dass der bekannte Virologe Hendrik Streeck und der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach beim Thema Corona einer Meinung sind oder zumindest auf Twitter denselben Zeitungsartikel teilen. In dem Beitrag der „New York Times" kritisiert ein Mediziner, dass die weltweit zur Zeit üblichen PCR-Tests in gewisser Weise zu genau sind. Außerdem seien sie zu teuer und zu langsam. Deshalb schlägt der Experte vor, zu den zu Beginn der Pandemie eingesetzten Corona-Schnelltests beziehungsweise neueren Antigen-Schnelltests zurückzukehren. Diese schlagen durchaus bei einer infektiösen Erkrankung an, erfassen jedoch nicht zwangsläufig asymptomatische Erkrankungen, von denen zunehmend ausgegangen wird, dass sie nicht oder kaum ansteckend sind. Genau das ist das Problem bei den aufwendigen PCR-Tests: sie registrieren jede Spur von Corona, unabhängig davon, ob der Getestete gerade wirklich am Virus erkrankt oder gar ansteckend ist. Dies hat zur Folge, dass jeder positiv Getestete in Quarantäne geschickt wird.

Ct-Wert zu hoch

Der Ct-Wert gibt die Virenlast, also die Konzentration der Viren an. Aktuell wird in den PCR-Tests alles bis zu einem sogenannten Ct-Wert von 40 erfasst. Dies führt zu der relativ hohen Zahl an Neuinfizierten in Deutschland und den konstant hohen Werten in den USA. Das RKI empfiehlt dagegen bereits bei einem Ct-Wert von unter 30, Patienten nicht mehr in Quarantäne zu schicken, da sie höchstwahrscheinlich nicht ansteckend sind.

Würde man den Ct-Wert der Tests auf 35 oder 30 senken, wie es bei den meisten üblichen Schnelltests der Fall ist, hätte dies dramatische Auswirkungen auf die Zahl der als infiziert Eingestuften. So schreibt die „New York Times“ in ihrem Artikel, dass bei einem Ct-Schwellenwert von 30 aktuelle Tests in New York nur noch bei 30 Prozent der positiv Getesteten angeschlagen hätten. In Massachusetts wären somit sogar 85 bis 90 Prozent negativ statt positiv getestet worden.

Auf diesen Schwachpunkt der PCR-Tests weist nicht nur der Bonner Virologe Hendrik Streeck hin, sondern sogar sein Berliner Pendant Charité-Virologe Christian Drosten. In der „Zeit“ schreibt er, dass es „eine Testung auf Infektiosität statt auf Infektion“ brauche. „Würden wir uns zutrauen, aus den inzwischen vorliegenden wissenschaftlichen Daten eine Toleranzschwelle der Viruslast abzuleiten, könnten Amtsärzte diejenigen sofort aus der Abklingzeit entlassen, deren Viruslast bereits unter die Schwelle gesunken ist. Es würden wohl die allermeisten sein“, so Drosten.

Hier kommen die Schnelltests ins Spiel. Inzwischen sind viele Wissenschaftler der Meinung, dass deren relative Ungenauigkeit, nämlich nur Ct-Werte von mehr als 30 zu erfassen, möglicherweise besser geeignet ist, wirklich an Covid-19 Erkrankte beziehungsweise Infektiöse zu erfassen. Schnelltests schlagen nicht an, wenn die Viruslast zu gering ist, um ansteckend zu sein. Zumindest für die Ersterfassung und Isolierung sollten diese preiswerteren und schnelleren Tests ausreichen.

Bei Personen, bei denen der Test anschlägt, könnte dann ein zweiter PCR-Test durchgeführt werden. Es würden jedoch im ersten Schritt viel mehr Menschen durchs Raster fallen und müssten nicht in Quarantäne geschickt werden. Der US- Epidemiologie Michael Mina, der in dem „New York Times“-Artikel zitiert wird, ist sich sicher, dass Schnelltests ausreichen, um die ansteckendsten Personen und vor allem so genannte „Superspreader“ zu erfassen. Denn genau diese sind die Haupttreiber einer Pandemie. „Das allein würde Epidemien praktisch auf null bringen“, so Mina.

Der Schweizer Pharmakonzern Roche will Ende September einen Corona-Antigen-Schnelltest in Europa auf den Markt bringen. Der Test soll nicht in ein Labor eingeschickt werden müssen und das Testergebnis soll bei einer hohen Zuverlässigkeit innerhalb von 15 Minuten vorliegen. Würde dieser Test offiziell anerkannt werden, würde dies die Reisemöglichkeiten wahrscheinlich entscheidend vereinfachen. Und die Neuinfektionszahlen, die die Menschen in Panik versetzen, wären auch deutlich geringer."


Quelle: Sputnik (Deutschland)

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