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Therapie in Aussicht: Reizdarm nur Kopfsache?

Archivmeldung vom 19.01.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.01.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Reizdarm
Reizdarm

Foto: Author
Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Woher kommt die schmerzhafte Reaktion, die als Reizdarmsyndrom bezeichnet wird? Womöglich handelt es sich dabei um Allergien, die im Zuge einer Lebensmittelvergiftung erworben wurden. Das ließ sich an Mäusen zeigen. Zellen des Immunsystems spielen dabei eine zentrale Rolle. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "Es beginnt oft mit einem Druck im Unterleib, einem aufgeblähten Bauch und kann sich zu Krämpfen, Schmerzen und Übelkeit steigern sowie dem Bedürfnis, augenblicklich das stille Örtchen aufzusuchen. Jeder Fünfte ist von solchen Problemen geplagt, verursacht durch einen Verdauungsapparat, der sich nicht zu benehmen weiß. Frauen sind öfter als Männer betroffen. In der Fachwelt spricht man auch vom „Reizdarmsyndrom“.

Während es diverse Ernährungstipps gibt, die die Symptome mehr oder minder lindern, sind die Mechanismen dahinter kaum geklärt. Deswegen wurden die Leiden oft – wegen fehlender allergischer Reaktionen – als reine Kopfsache abgetan. Doch das könnte sich nun ändern.

Bereits aus früheren klinischen Studien war bekannt, dass Darminfektionen durch Escherichia Coli oder Salmonellen die Entwicklung des Reizdarmsyndroms begünstigen und die entsprechenden Symptome bei Patienten oft auf eine Lebensmittelvergiftung folgen. Das hat ein belgisches Forscherteam veranlasst, genau das an Mäusen zu überprüfen.

Sie haben die Tiere mit einem Bakterium namens Citrobacter rodentium vergiftet und ihnen zugleich das Protein Ovalbumin gegeben, das in Eiern vorkommt. Nachdem die Tiere sich von der Infektion erholt hatten, reichte es, ihnen lediglich Ovalbumin zu geben und Immunzellen im Darm wurden sofort aktiviert. Das bedeutet, dass das Immunsystem sowohl das Bakterium als auch das Ovalbumin bei seiner ersten Immunreaktion als „Eindringling“ identifiziert hat und auch eine Allergie gegen das Ovalbumin ausgebildet wurde.

Im Zug der Immunabwehr werden Mastzellen auf den Plan gerufen und diese schütten Histamine aus und sorgen für Entzündungsreaktionen im Darm. Histamen wirken auch auf das Nervensystem, wodurch sich die starken Schmerzen im Darm erklären, obwohl dieser faktisch gar nicht schmerzhaft überdehnt ist.

Dieser Mechanismus wurde von den Forschern an gentechnisch veränderten Mäusen überprüft, die über keine Mastzellen verfügen. An diesen wurden keine Anzeichen von Schmerzen beobachtet.

Im nächsten Schritt wurden zwölf Patienten mit Reizdarmsyndrom sowie acht gesunde Probanden darauf untersucht, ob ihr Darmtrakt so reagiert wie der von Mäusen. Der Verzehr von bekannten Reizstoffen wie Soja oder Kuhmilch führte bei ersteren an den Darmwänden zu einer ähnlichen Immunreaktion, während er bei den Gesunden ausblieb.

Dabei beschränkte sich in Menschen wie in Mäusen die Immunreaktion auf die Innereien. Das unterscheidet sie deutlich von Nahrungsmittelallergien wie der Glutenallergie, bei denen das Immunsystem im gesamten Körper aktiviert wird.

Dieses Forschungsergebnis deckt sich mit klinischen Studien, die von einer Wirksamkeit von Histamin unterdrückenden Substanzen gegen das Reizdarmsyndrom berichten. Die Schlüsselrolle könnten die Mastzellen spielen, die diesen Stoff ausschütten. Da sie aber auch andere Stoffe absondern, die eine Immunreaktion vermitteln, versprechen sich die Forscher von der neuen Einsicht eine bessere Therapie gegen das Reizdarmsyndrom. Statt nur das Histamin im Körper zu blocken, könnte eine künftige Therapie die Aktivierung von Mastzellen im Darm verhindern.

Diese Studie wurde in der Fachzeitschrift „Nature“ publiziert und vom Medium „Science“ aufgegriffen."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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