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Protest in Brüssel: foodwatch wirft EU massive Versäumnisse beim Gesundheitsschutz vor

Archivmeldung vom 11.09.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: foodwatch e.V.
Bild: foodwatch e.V.

Die europäische Verbraucherorganisation foodwatch hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker massive Versäumnisse beim Gesundheits- und Verbraucherschutz vorgeworfen. Regelmäßig werde Europa von Lebensmittelskandalen erschüttert, doch die Brüsseler Behörde versäume es, Verbraucherinnen und Verbraucher effektiv zu schützen, heißt es in einem Offenen Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Es sei "realitätsfern" zu behaupten, dass das europäische Lebensmittelrecht ausreichend vor Gesundheitsgefahren schützt. Der nächste Lebensmittelskandal sei nur eine Frage der Zeit, sollte das EU-Lebensmittelrecht nicht umfassend reformiert werden, schrieb die Verbraucherorganisation. foodwatch-Aktivisten überreichten den Offenen Brief in Brüssel und protestierten vor dem Gebäude der EU-Kommission: Ein als Präsident Juncker verkleideter Demonstrant präsentierte europäischen Bürgerinnen und Bürgern bekannte Skandal-Lebensmittel der vergangenen Jahre - wie etwa Fipronil-Eier oder Pferdefleisch-Lasagne - als schmackhafte Delikatessen, die bedenkenlos verzehrt werden könnten.

"Egal ob Fipronil in Eiern, verseuchte Lactalis-Babymilch oder Pferdefleisch in der Rindfleisch-Lasagne: Europa wird immer wieder von Lebensmittelskandalen erschüttert, häufig verbunden mit Gesundheitsgefahren für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Statt die 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Europa zu schützen und Schwachstellen im EU-Recht zu beheben, tut Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker so, als sei alles in bester Ordnung", kritisierte foodwatch-Expertin Lena Blanken.

Die Verbraucherorganisation legte der Kommission eine Schwachstellenanalyse des EU-Lebensmittelrechts einschließlich konkreter Verbesserungsvorschläge vor. So müsse die EU beispielsweise die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln sicherstellen. Der Fipronil-Skandal etwa habe gezeigt, dass die im EU-Lebensmittelrecht eigentlich vorgeschriebene lückenlose Rückverfolgbarkeit in der Lebensmittelkette bis heute nicht funktioniert. Zudem müssten Unternehmen dazu verpflichtet werden, ihre eigenen Produkte auf gesundheitliche Unbedenklichkeit zu testen. Auch das Warnsystem kritisierte foodwatch als mangelhaft: Im EU-Lebensmittelrecht müsse klar geregelt werden, dass Behörden bei Verstößen die Verbraucherinnen und Verbraucher schnell und umfassend informieren müssen - und zwar unter Nennung der Namen der Hersteller und Produkte und sowohl in Fällen, in denen Gesundheitsgefahr besteht als auch bei Betrug. Außerdem forderte foodwatch für Verbraucherverbände die rechtliche Möglichkeit, Behörden zu verklagen, wenn diese ihre Verpflichtungen im Rahmen des EU-Rechts missachteten. Erst das schaffe das nötige Druckmittel für Verbraucherorganisationen.

Jean-Claude Juncker selbst sieht jedoch offenbar kaum Handlungsbedarf: Erst kürzlich ließ er über eine Sprecherin mitteilen, dass Lebensmittel entlang der gesamten Produktionskette rückverfolgt werden könnten. Nur so habe der Fipronil-Skandal so schnell aufgearbeitet werden können. foodwatch kritisierte diese Behauptungen in dem Schreiben an Herrn Juncker als "komplett falsch und respektlos gegenüber den europäischen Bürgerinnen und Bürgern". Bis heute wüsste niemand, wie viele Millionen Eier mit dem Insektengift Fipronil belastet sind und wohin diese geliefert wurden.

Die Europäische Kommission hat zwar im April einen Reformvorschlag für das europäische Lebensmittelrecht vorgelegt. Dieser sieht aber lediglich neue Regeln bei der Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln vor - alle anderen Bereiche bleiben unberührt. foodwatch kritisierte den Vorschlag als nicht ausreichend. Vielmehr müssten die grundlegenden Schwachstellen im EU-Recht abgestellt werden. Das allgemeine europäische Lebensmittelrecht, die sogenannte EU-Basisverordnung 178/2002, wurde 2001 als Antwort auf die BSE-Krise ("Rinderwahnsinn") beschlossen. Im Rahmen des "REFIT-Prozesses" (Regulatory Fitness and Performance Programme) der Europäischen Kommission soll es jetzt überarbeitet werden.

Weiterführende Informationen:

Quelle: foodwatch e.V.


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