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Bundestag legalisiert psychiatrische Zwangsbehandlung

Archivmeldung vom 19.01.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.01.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
PatVerfü-Plakat
PatVerfü-Plakat

Der Deutsche Bundestages hat der Gesetzesvorlage der Regierungskoalition zur Legalisierung psychiatrischer Zwangsbehandlungen mit Zustimmung der SPD angenommen; während sich Grüne/Bündnis90 enthielten, lehnt die LINKE die Reform ab.

Künftig dürfen Ärzte Patienten in stationären Einrichtungen und gegen ihren Willen behandeln, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • der Patient kann die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen,
  • es wurde versucht, den Patienten/Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
  • die Zwangsmaßnahme ist nötig, “um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden”,
  • der zu erwartende Nutzen des Eingriffs in die Selbstbestimmung überwiegt “die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich” und
  • die Zwangsmaßnahme wurde durch ein Betreuungsgericht / Vormundschaftsgericht genehmigt.

Ferner sieht das Gesetz die Einschaltung eines Verfahrenspflegers vor, der dem “besonderen Schutzbedürfnis” der Betroffenen Rechnung tragen soll. [http://www.gegen-stimmen.de/?p=19737]

Dieser Artikel erschien dazu am 17. Januar 2013 auf der Webseite zwangspsychiatrie.de

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 mit zwei Beschlüssen Rechtssicherheit geschaffen, mit denen es festgestellt hat, dass psychiatrische Zwangsbehandlung zwar überall praktiziert wurde, es aber in den 63 Jahren seit Bestehen dieser Republik noch nie ein grundgesetzkonformes Gesetz gab, das sie hätte legalisieren können. In der Reaktion darauf, dass alle diese Gesetze immer grund- und menschenrechtlich illegal waren, hat die Psychiatrie nun offen sichtbar gemacht, dass sie tatsächlich nur ein Vergewaltigungssystem ist, das sich zur Täuschung der Öffentlichkeit in einem Helfermäntelchen versteckt hatte und sich angeblich immer gerade wieder reformiert habe. Diese falsche Fassade des “Helfens” und eines “reformerischen Fortschritts” konnte sie nun nicht mehr aufrecht erhalten, sondern musste ihr wahres Gesicht zeigen: ihre verbrecherische Gewaltfratze.

Wäre Helfen ihr inneres Ziel, wäre diese Gewaltausübung in der Profession als eine gesellschaftlich ihr aufgetragene Bürde empfunden worden und sie hätte diese Befreiung von der Gewaltausübung per höchstrichterlichem Beschluss freudig begrüßt. So aber musste sie ihren tatsächlichen Charakter offenbaren, sich decouvrieren, also alles Tarnen und Täuschen aufgeben und die sofortige Restaurierung der praktizierten Gewalttätigkeit als angebliche “Notwendigkeit” fordern: z.B. in Erklärungen der DGPPN und der DGSP, der psychiatrischer Gewalt immer hilfsbereit zur Seite stehenden Diakonie und der Richter des Deutschen Richterbundes. Wir sparen uns eine Aufzählung weiterer Speichellecker. Der Bundestag ist heute den Rufen gefolgt und hat gehorsam im Eilverfahren ein Gesetz zur Legalisierung von Zwangsbehandlung verabschiedet.

Dabei hat er alle Warnungen aus Rechtsgutachten und Briefen an alle Abgeordneten* in den Wind geschlagen und systematisch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts missachtet. So verhöhnt diese Legalisierung der zweitschwersten Grundrechtsverletzung nach der Todesstrafe mit Hilfe eines Gesetzestextes voller unbestimmter Rechtsbegriffe das Bundesverfassungsgericht und seine Forderungen. Haben die Richter doch 2011 explizit festgelegt, dass ein Gesetz die Umstände der Zwangsbehandlung genau festzulegen, also bestimmte und klar definierte Kriterien für die Anwendung zu benennen habe. Es darf eben gerade nicht gutachterlicher und richterlicher Willkür überlassen bleiben, wer mit staatlichem Segen Körperverletzung zu erdulden hat. Gleichzeitig hat damit der Bundestag die Bedingungen, die der Bundesgerichtshof im sogenannte “Rezepturteil”** schon 2006 für jede Zwangsbehandlung gesetzt hat, völlig außer Acht gelassen. Mehr Rechtsunsicherheit hätte der Gesetzgeber also kaum schaffen können und selbstverständlich rufen wir alle Betroffenen auf, diese Rechtsunsicherheit zu nutzen und sich mit rechtlichen Mitteln zur Wehr zu setzen, koste es was es wolle.

Aber die Zwangspsychiatrie hat nur einen Pyrrhussieg errungen, denn es gibt die PatVerfü!

Unter dem Motto: Geisteskrank Ihre eigene Entscheidung! schließt diese spezielle Patientenverfügung jede psychiatrische Diagnostizierung rechtswirksam aus. Das hat zur Folge, dass weder eines der alten noch das neue Sonder-Entrechtungsgesetz angewendet werden kann, weder zur Zwangseinweisung noch zur Zwangsbehandlung oder gar zu einer zwangsweisen “Betreuung”, die tatsächlich eine Vormundschaft ist. Dass es bei der “Betreuung” um eine radikale Entrechtung geht, zeigt auch wieder das neue Gesetz, das gerade für diese Menschen gelten soll, die durch die Entmündigung schutzlos gestellt wurden. Deshalb kann jedem Erwachsenen nur dringend empfohlen werden, eine im Internet unter www.patverfue.de kostenlos zu beziehende PatVerfü zu unterschreiben und immer bei sich zu tragen.

Das Resultat der neuen Gesetzgebung ist also, dass folgender Unterschied deutlicher hervortritt: Entweder ist nahezu jederzeit der freie Fall in das psychiatrische Terrorsystem möglich, wenn man keine PatVerfü hat, oder, wenn man eine PatVerfü hat, gelten für einen die Grund- und Bürgerrechte ohne zwangspsychiatrische Ausnahme. Also bleibt zwar das Bild der Gewaltverhältnisse das alte, aber die Kontraste haben sich erhöht: logischerweise gibt es weniger falsche Hoffnungen in die psychiatrischen Praktiken, sondern es werden sich immer mehr Menschen mit der PatVerfü ihre Selbstbestimmung, Freiheit und Würde absichern. Hatten kritische Stimmen schon geunkt, dass der Werbespot für die PatVerfü überholt sei, weil die darin gezeigte Zwangsbehandlung illegal geworden sei, hat nun die Psychiatrie bewiesen, dass Zwang und Gewalt zur direkten Körperverletzung, oder um damit drohen zu können, ihr Wesenskern ist.

Immer mehr genutzt, wird die PatVerfü die psychiatrischen Macht- bzw. Definitionsansprüche zersetzen. Wer dieses Papierstück rechtzeitig unterschrieben hat, kann keine “psychischen Krankheiten” mehr bekommen: Das beweist, dass das ganze Krankheitsgefasel der Psychiatrie nichts als verleumderische Floskeln sind, denn es kann sich weder um eine Krankheit gehandelt haben, noch je um eine handeln, wenn die Nutzung eines Rechts, dokumentiert in einem Stück Papier, dagegen immunisieren kann. Das öffnet die Augen dafür, dass es sich bei dem Glauben an “psychische Krankheit” nur um eine Trübung des Blicks durch ein Machtverhältnis gehandelt hat, wie in der Bewunderung für des Kaisers neue Kleider in Andersens Märchen.

So zersetzt die neue Gesetzgebung die sogenannte “Compliance”. Misstrauen gegen jede/n PsychiaterIn ist angesagt. Dass nun auch der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener zum Mitherausgeber der PatVerfü geworden ist, ist ein Zeichen dafür, dass die Versuche der Psychiatrie, verlorene Legitimität mit Gewalt zurück zu holen, nur zu deren weiterem Verlust führt:

Halten Sie Abstand von jedem/r PsychiaterIn.
Sprechen Sie am besten nie ein Wort mit einen/r PsychiaterIn.

Dies ist eine Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener: die-bpe.de, Irren-Offensive: antipsychiatrie.de, Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg: psychiatrie-erfahren.de, Werner-Fuß-Zentrum: psychiatrie-erfahrene.de, IAAPA Polska anty-psychiatria.info

* siehe: http://www.die-bpe.de/#b1 und http://www.die-bpe.de/#b2
** “Rezepturteil”: Obiter dictum des BGH vom 1.2.2006 mit dem Aktenzeichen XII ZB 236/05 :
“Die Sache gibt weiterhin Anlass zu dem Hinweis, dass in der Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB die von dem Betreuten zu duldende Behandlung so präzise wie möglich anzugeben ist…, dazu gehören bei einer Behandlung durch Verabfolgung von Medikamenten in der Regel auch die möglichst genaue Angabe des Arzneimittels oder des Wirkstoffes und deren (Höchst-) Dosierung sowie Verabreichungshäufigkeit.”

Wir weisen zusätzlich auf die Pressemitteilung der Monitoringstelle für die Behindertenrechtskonvention hin, die wir dringend zur Lektüre empfehlen: http://tinyurl.com/a3dm9xq

Quelle: politaia.org

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