Wenn Duschen krank macht
Archivmeldung vom 13.10.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.10.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtWarmwasserheizungen, Klimaanlagen oder Duschen sind ein wahres Eldorado für Legionellen. Über feinste Lufttröpfchen gelangen die Keime tief in unsere Atemwege – eine Lungenentzündung droht. Weil sich Legionellen jedoch nur schwer isolieren und kultivieren lassen, ist ein Nachweis der unterschiedlichen Erregertypen sehr kompliziert. Forscher des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) haben nun ein sehr genaues und schnelles Diagnoseverfahren auf molekularer Ebene entwickelt.
Die Methode ermöglicht es, nicht nur Legionellen im Trinkwasser aufzuspüren, sondern auch festzustellen, ob sie zu einem gefährlichen Stamm gehören. Die Ergebnisse veröffentlichte das Wissenschaftsmagazin „Applied and Environmental Microbiology“ in seiner jüngsten Ausgabe.
Legionellen-Erkrankungen sind weltweit verbreitet. Die für den Menschen bedeutsamste Art Legionella pneumophila verursacht die Legionellose oder Legionärskrankheit. Die stäbchenförmigen Bakterien wurden erstmals 1976 bei einem Veteranentreffen der „American Legion“ in Philadelphia festgestellt, bei dem über 30 Menschen an schweren Lungeninfektionen starben. Eine Übertragung des Krankheitserregers erfolgt meist über die Luft, über sogenannte „erregerhaltige Aerosole“, zum Beispiel aus Klimaanlagen oder Duschköpfen. Allein in Deutschland treten nach Schätzungen etwa 10.000 Legionella-Erkrankungen pro Jahr auf. Bis zu 2000 Erkrankungen verlaufen tödlich.
„Bisher war es oft sehr schwierig, die Ursache einer Epidemie schnell festzustellen, da man die Bakterien, ihre Virulenz und ihre Herkunft nicht genau bestimmen konnte“, sagt Manfred Höfle, Forscher am HZI. „Allein bei Legionella pneumophila gibt es 14 Untergruppen, sogenannte Serotypen. Die Unterscheidung dieser verschiedenen Serotypen ist sehr aufwändig, da Legionellen sich nur schwer isolieren lassen: Sie wachsen sehr langsam oder werden von konkurrierenden Bakterien überwuchert.“
Die Erreger werden daher über charakteristische Abschnitte ihrer DNA nachgewiesen. Manfred Höfle und seinen Forscherkollegen ist es jetzt gelungen, die erprobten Verfahren zur Gewinnung und Vervielfältigung von Legionellen-DNA weiterzuentwickeln und so zu verfeinern, dass ein Nachweis einzelner Bakterienstämme direkt aus Wasserproben möglich wurde.
„In der Vergangenheit waren die Konzentrierung und Aufreinigung von DNA aus Trinkwasser problematisch. Zudem wurde der notwendige genetische Auflösungsgrad bisher nicht erreicht“, sagt Höfle. Sein Team, erfahren in der Analytik von Wasserproben und dem Nachweis darin enthaltener Keime, überwand die Schwierigkeiten durch verbesserte Verfahren.
„Wir können jetzt kurze, sich wiederholende DNA-Abschnitte, sogenannte tandem repeats, im Erbgut der Legionellen nachweisen“, sagt Höfle. „Diese Tandemabschnitte werden farbig markiert und ergeben vergleichbare Muster für die verschiedenen Bakterienstämme. Damit können wir nicht nur überprüfen, welchen Keim die Wasserprobe enthält, sondern auch, wie krankmachend er für den Menschen ist.“ Die Nachweismethode kann zukünftig einen bedeutenden Beitrag für das Risikomanagement von Trinkwassersystemen leisten, um zum Beispiel tote Winkel und Biofilmaufwüchse aufzuspüren und besser zu kontrollieren, die Legionellen begünstigen.
Die Forschungsarbeit entstand im Rahmen der Doktorarbeit von Leila Kahlisch, innerhalb des von der Europäischen Union geförderten Projektes „Healthy-Water“.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung