Einfluss von Yoga auf Selbstwahrnehmung und Problembewältigung bei Grundschulkindern
Archivmeldung vom 17.03.2016
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtYoga scheint bei Grundschulkindern einen positiven Effekt auf das physische Selbstkonzept und den Umgang mit potentiell angsterzeugenden Situationen zu haben. Zu diesem Schluss kommen Forscherteams der Universitäten Regensburg und Münster. Die Forscher um die Regensburger Prof. Dr. Petra Jansen (Lehrstuhl für Sportwissenschaft), Dr. Stefanie Richter und Dr. Susanne Ziereis (beide am Institut für Sportwissenschaft) untersuchten den Einfluss eines Yoga-Trainings auf die kognitiven Funktionen, die Motorik, das physische Selbstkonzept und die Emotionen von Kindern im Grundschulalter. Die Studie erschien in der Zeitschrift „Movement Science and Sport Psychology“ (DOI: 10.3389/fpsyg.2016.00203).
Yoga erfreut sich in letzter Zeit großer Beliebtheit– im Rahmen des Stress-Managements, aber auch, um das Bewusstsein für sich selbst und die Welt zu erhöhen („Awareness“). Dabei wird Yoga auch für Kinder, die beispielsweise in der Schule einem gewissen Druck ausgesetzt sind, immer interessanter und es gibt speziell für diese Zielgruppe entwickelte Yoga-Programme. Für Erwachsene und ältere Kinder liegen bereits einige Studien vor, die den positiven Einfluss von Yoga auf „Awareness“ und Stressbewältigung belegen. Für jüngere Kindern im Grundschulalter wurden die Wirkungen von Yoga bisher kaum untersucht.
Vor diesem Hintergrund führten die Forscherteams aus Regensburg und Münster einen Versuch durch, an dem insgesamt 24 Kinder (12 Jungen, 12 Mädchen) im Alter von 6 bis 11 Jahren teilnahmen. Je 12 Kinder führten über sechs Wochen ein Yoga-Training oder ein Sport-Training (als Vergleichsgruppe) durch. Das Sport-Training bestand aus Übungen wie Klettern an einem Seil und Balancieren sowie verschiedenen Ballspiel-Aufgaben. Pro Woche fanden zwei Trainingseinheiten von je 45 Minuten statt.
Vor und nach der sechswöchigen Trainingsphase wurden computergestützte Aufgaben zu den kognitiven Funktionen durchgeführt, bei denen die Kinder mit Tastendruck auf bestimmte Reize reagieren sollten. Die anderen Tests wurden ebenfalls vorher und nachher durchgeführt: Der Motorik-Test umfasste Aufgaben zur Handgeschicklichkeit, Ballfertigkeit und Balance. Zur Erfassung der Emotionen diente ein standardisierter Fragebogen zur Ängstlichkeit, bei dem den Kindern Situationen in Form von Bildern präsentiert wurden, die – wenn sie wirklich erlebt werden – potentiell Angst auslösen können (Bsp.: einen Ball zurückholen, der beim Nachbarn in den Garten gefallen ist; eine Spinne sehen o.ä.). Die Kinder gaben an, wie sie auf diese Situationen reagieren würden. Ein weiterer Fragebogen zum physischen Selbstkonzept erfasste Kategorien wie Kraft („Ich bin stark“), Ausdauer („Ich kann lange laufen“) oder Geschwindigkeit („Ich bin schnell“). Die Kinder sollten auf einer vierstufigen Skala einschätzen, wie stark eine Aussage auf sie zutrifft.
Unterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen zeigten sich einerseits mit Blick auf die Selbsteinschätzung der Schnelligkeit: Kinder der Yoga-Gruppe beurteilten ihre Schnelligkeit nach dem Training langsamer ein als vorher, Kinder der Sport-Gruppe schätzten sich hinterher schneller ein. Dieser Befund passt zu dem Umstand, dass Yoga eine Sportart ist, die auf langsame und bewusste Bewegungen setzt bzw. auf das Halten besonderer Positionen abzielt. Auf der anderen Seite zeigten die Kinder der Yoga-Gruppe eine etwas stärkere Problemvermeidung als vorher, während die Kinder der Sport-Gruppe eine geringere Problemvermeidung aufwiesen. Problemvermeidung bedeutet, dass die Kinder angaben, Probleme nicht aktiv anzugehen, sondern sie eher zu vermeiden. Ein möglicher Grund könnte darin liegen, dass die Kinder durch das Yoga-Training ein stärkeres Bewusstsein für sich und die Welt entwickelten (eine stärkere „Awareness“) und dadurch Probleme oder Konflikte stärker wahrnahmen. Da sie keine neuen Bewältigungsstrategien erlernt hatten, wurden die stärker wahrgenommenen Probleme vielleicht als Überforderung gesehen und eher eine Vermeidungsstrategie gewählt.
Wegen der verhältnismäßig kleinen Versuchsgruppen und aufgrund der Tatsache, dass sich in anderen Bereichen keine oder kaum Unterscheider erkennen ließen, sind weitere Studien notwendig. In diesen müssten die ersten Beobachtungen der Forscher genauer untersucht und verifiziert werden. Interessante Fragestellungen für zukünftige Studien wären demnach die nach der Veränderung der „Awareness“ durch Yoga und die Effekte auf Ängstlichkeit oder die Bewältigung von Problemen.
Quelle: Universität Regensburg (idw)