Zusammenhang zwischen Streptokokkenangina und Streptokokken-Nachkrankheiten entschlüsselt
Archivmeldung vom 21.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Münchner Forschergruppe von Prof. Jörg Prinz an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie des Klinikums der Universität München hat den Zusammenhang zwischen Streptokokkenangina und Streptokokken-Nachkrankheit näher charakterisiert. Eine Hauterkrankung, die durch Streptokokkeninfektionen ausgelöst werden kann, ist Psoriasis vulgaris, die Schuppenflechte.
Sie ist eine eminent chronische, nach ihrem Ausbruch oft lebenslang anhaltende Erkrankung von Haut und Gelenken. Bei der Psoriasis induzieren und unterhalten chronische Streptokokkenanginen eine besonders entzündliche, exanthematische Verlaufsform der Schuppenflechte. Interessanterweise kann eine Entfernung der Mandeln durch Tonsillektomie zu einer deutlichen Besserung oder sogar Abheilung dieser Psoriasisform führen. Die Arbeit wird nun bei der Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München (23. - 28. Juli 2006) mit dem Serono-Forschungspreis in Höhe von 10.000 Euro ausgezeichnet.
Psoriasis vulgaris wird heute als T-Zell-vermittelte Autoimmunerkrankung angesehen. Hierbei kommt es zu einer klonalen Expansion der krankheitsvermittelnden T-Zellen in der Haut der Patienten. Diese T-Zellen können durch ein bestimmtes Molekül, den T-Zell-Rezeptor, identifiziert werden, der letztendlich die Spezifität der T-Zellen vermittelt. Durch molekularbiologische Untersuchungen konnten die Wissenschaftler die krankheitsvermittelnden T-Zellen nun gleichzeitig in den Hautveränderungen und in den Tonsillen von Patienten nachweisen, die wegen einer Streptokokken-induzierten Psoriasis tonsillektomiert worden waren. Dabei ließen sich die Krankheitsvermittelnden T-Zellen in der Fraktion der Tonsillen-T-Zellen nachweisen, die durch ein bestimmtes Molekül, das cutaneous lymphocyte-associated antigen, gezielt in die Haut einwandern können. Da in allen drei untersuchten Fällen die Psoriasis abheilte, folgerten die Wissenschaftler, dass Streptokokkeninfektionen der Tonsille zu einer Aktivierung und Expansion der pathogenen T-Zellen führen, die dann speziell in das jeweilige Organ der Streptokokken-Nachkrankheit einwandern. Die Elimination der Tonsillen unterbindet den Nachschub dieser krankheitsvermittelnden Zellen und kann so den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Diese Erkenntnis sollte die Therapie der Streptokokken-Nachkrankheiten entscheidend beeinflussen.
Epidemien mit
hoher Morbidität und Mortalität
Zahlreiche Autoimmunerkrankungen werden durch bakterielle oder virale Infektionen ausgelöst. Dabei wird in einem genetisch prädisponierten Individuum durch den infektiösen Erreger eine Immunantwort ausgelöst, die sich letztendlich gegen körpereigene Strukturen richtet und so eine chronische, organschädigende Entzündung vermittelt.
Eine der am längsten
bekannten, durch Infektionen ausgelösten Autoimmunerkrankungen sind die so
genannten Streptokokken-Nachkrankheiten. Zu dieser Gruppe gehören das
rheumatische Fieber mit Entzündungen des Herzmuskels und der Herzklappen,
Gelenksentzündungen, Entzündungen der Niere (Glomerulonephritis) und des
Zentralnervensystems. Sie werden ausgelöst durch eine
Tonsillitis/Mandelentzündung mit ß-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A
nach Lancefield, einem gram-positiven Bakterium. Streptokokken-Nachkrankheiten
spielten über die Jahrhunderte vor allem in der "vorantibiotischen Ära" eine
große Rolle, da sie mit erheblicher Morbidität und auch Mortalität verbunden
waren. Auch heute kommt es immer wieder zu Epidemien, die vor allem in den
Entwicklungsländern, aber auch in der westlichen Welt mit entsprechenden
Krankheitsfolgen verbunden sind.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.