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Argumente gegen E-Zigarette oder Tabakerhitzer bei Sekundärprävention von Gefäßerkrankungen schwinden

Archivmeldung vom 03.03.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.03.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Prof. Dr. Knut Kröger, Angiologe /  Bild: "obs/Medical Data Institute GmbH/Jan Hinnerk Timm"
Prof. Dr. Knut Kröger, Angiologe / Bild: "obs/Medical Data Institute GmbH/Jan Hinnerk Timm"

Die Arbeitsgruppe von Stanton Glantz vom Center for Tobacco Control Research and Education an der University of California, San Francisco, USA, publizierte 2019 einen viel beachteten Artikel in der amerikanischen Kardiologenzeitschrift Journal of the American Heart Association (JAHA) mit dem Titel "Electronic Cigarette Use and Myocardial Infarction Among Adults in the US Population Assessment of Tobacco and Health".

Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass "wenn statistisch für das Rauchen brennbarer Zigaretten adjustiert wird, der gelegentliche und der tägliche Gebrauch von E-Zigaretten mit einem erhöhten Risiko für einen Myokardinfarkt verbunden ist." Außerdem schlossen sie, dass "die Wirkung von E-Zigaretten denen herkömmlicher Zigaretten gleicht und die gleichzeitige Verwendung von E-Zigaretten und herkömmlichen Zigaretten sogar ein doppelt so hohes Risiko hat wie die alleinige Verwendung eines der beiden Produkte."

Grundlage dieser Aussagen war eine Befragung von 26.447 Erwachsenen zwischen September 2013 und Dezember 2014 mit erneuter Reevaluation zwischen Oktober 2014 bis Oktober 2015. Diese Befragung wurde von den Autoren aber nicht selbst durchgeführt, sondern als Teil einer nationalen repräsentativen bevölkerungsbasierten Kohortenlängsstudie zur Verwendung von Tabakerzeugnissen bzw. deren Gesundheitswirkung. Nun wurde den JAHA-Herausgebern bewusst, dass die Umfrage in dem oben genannten Artikel bestimmte Informationen nicht vollständig berücksichtigte, und sie überprüften den Peer-Review-Prozess, der die Publikation der Studie befürwortet hatte.

Dieser neue Überprüfungsprozess kam zu dem Schluss, dass die wichtige Frage der Studie, ob die Myokardinfarkte vor oder nach dem Beginn des Gebrauchs von E-Zigaretten auftraten, nicht klar nachvollzogen werden konnte und forderten die Autoren auf, zusätzliche Daten, z.B. zum Alter beim ersten Myokardinfarkt oder zum Alter beim ersten Gebrauch einer E-Zigarette, zu liefern. Daher wurden die Autoren Dr. Bhatta und Dr Glantz aufgefordert, eine Analyse unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der erstmaligen Verwendung von E-Zigaretten durchzuführen. Die Autoren stimmten dem Verlangen der Herausgeber zwar zu, lieferten diese Analyse aber nicht, da sie nach eigenen Angaben nicht auf die Daten zugreifen können. Angesichts dieser Probleme sind die Verantwortlichen des JAHA besorgt, dass die Schlussfolgerung der Studie unzuverlässig ist und haben den Artikel von der Veröffentlichung in JAHA zurückgenommen.

Negative Schlagzeilen werden immer schnell verbreitet. Die Rücknahme einer wissenschaftlichen Publikation zur Korrektur dieser negativen Schlagzeile vollzieht sich immer leise. Bei der teils kontroversen Diskussion über den Nutzen von E-Zigaretten und Tabakerhitzern zur Sekundärprävention von Gefäßerkrankungen in Deutschland, sollte dies aber berücksichtigt werden. Der Versuch, den medizinischen Nutzen von E-Zigaretten und Tabakerhitzern, bzw. potentiellen Risiken, die mit dem Gebrauch einhergehen wissenschaftlich zu untermauern, ist lobenswert. Die Rücknahme dieser Publikation zeigt aber, wie schwierig dies ist und dass vorschnelle unvollständige Analysen dem Thema eher schaden als nutzen.

Wichtig für die weitere Diskussion ist, darauf hinzuweisen, dass die selben Autoren auf der gleichen Datenbasis wenig später eine zweite Publikation zu Lungenerkrankungen und E-Zigaretten im American Journal of Preventive Medicine publiziert haben. Wenn der Zeitpunkt des Beginns des erstmaligen Konsums einer E-Zigarette auch hier nicht nachvollzogen werden kann, bleibt abzuwarten, ob auch dieses Journal die Publikation zurückzieht.

Insgesamt wird Desinformation durch unzulängliche Publikationen und deren Verbreitung durch die Medien in der Fachwelt als gefährlich eingestuft. Dies ist aus der Diskussion in verschiedenen Foren abzulesen: Wir müssen offen und kritisch gegenüber der Wissenschaft sein, so der Tenor. Dabei sollten wir zweimal nachdenken, wenn wir Geschichten über heiß umkämpfte Themen im Gesundheitswesen lesen. Bei Themen, die viel Aufmerksamkeit erregen, veröffentlichen Zeitschriften möglicherweise eher Forschungsergebnisse mit nicht adäquaten Methoden oder nicht belastbaren Schlussfolgerungen, und die Gutachter gehen möglicherweise weniger kritisch vor als sonst. Alarmierende Schlagzeilen sind eingängig, aber Fehlinformationen könnten auch tödlich sein.

Reference: Retraction to: Electronic Cigarette Use and Myocardial Infarction Among Adults in the US Population Assessment of Tobacco and Health. J Am Heart Assoc. 2020;9:e014519. Bhatta DN, Glantz SA. Electronic Cigarette Use and Myocardial Infarction Among Adults in the US Population Assessment of Tobacco and Health. J Am Heart Assoc. 2019;8:e012317. Bhatta DN, Glantz SA. Association of E-Cigarette Use With Respiratory Disease Among Adults: A Longitudinal Analysis. Am J Prev Med. 2020;58:182-190

Quelle: Medical Data Institute GmbH (ots) von Knut Kröger, Krefeld

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