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Österreichs Frühgeburtenrate "verheerend"

Archivmeldung vom 04.05.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Frühgeborenes: Rate steigt weltweit ständig. Bild: pixelio.de/Schmitz
Frühgeborenes: Rate steigt weltweit ständig. Bild: pixelio.de/Schmitz

Weltweit ist die Zahl der Frühgeburten in den vergangenen zehn Jahren angestiegen. Österreich hat nach den USA die zweitschlechteste Rate aller Industrieländer. Das geht aus dem am Mittwochabend veröffentlichten WHO-Bericht "Born too soon" hervor, der auf Grundlage der Fachmeinung von 100 Experten erstmals das Problem der Frühgeburten in Zahlen fasst.

Jedes zehnte Kind - insgesamt rund 15 Mio. pro Jahr - kommt zu früh zur Welt. "Frühgeburt ist die zweithäufigste Ursache von Kindersterblichkeit, wird jedoch bisher von der Gesundheitspolitik völlig vernachlässigt", erklärt Berichts-Hauptautorin Joy Lawn im pressetext-Interview.

Folge später Mutterschaft

Absolute Prämiere ist die Auflistung der Frühgeburten nach Ländern. Malawi hält mit 18,1 Frühgeburten auf 100 Geburten den traurigen Rekord, gefolgt von anderen Ländern Afrikas südlich der Sahara. Indien ist mit 13 Prozent bzw. 3,5 Mio. Frühgeburten jährlich zahlenmäßig am häufigsten betroffen, doch auch die USA mit zwölf Prozent und Österreich mit 10,9 Prozent landen auf vorderen Plätzen, was Lawn als "verheerend" bezeichnet. Deutschland liegt bei 9,2 Prozent und die Schweiz mit 7,4 Prozent. Die niedrigste Frühgeborenenrate gibt es in Weisrussland (4,1 Prozent) sowie Ecuador, Lettland, Finnland und Kroatien (je rund fünf Prozent).

Die WHO-Autoren vermuten mehrere Ursachen hinter dem allgemeinen Anstieg, die allerdings in Industrieländern anderer Natur sind als in armen Regionen. In Ländern des Südens dürften unnötig eingeleitete Geburten sowie frühe Kaiserschnitte eine Rolle spielen, dazu auch Infektionen, Malaria und HIV und die Rate an Teenager-Schwangerschaften. "In Europa spielt mit, dass Frauen länger auf ihr erstes Kind warten, des weiteren auch Diabetes, Rauchen und die Zunahme von Mehrlingsgeburten als Folge der Reproduktionsmedizin. Völlig erklärt ist die Entwicklung damit aber noch nicht", betont Lawn.

Österreich sucht nach Ursachen

Österreich muss sich erst Überblick über sein Frühgeburten-Problem verschaffen, zeigt eine pressetext-Anfrage bei Gesundheitsminister Alois Stöger. "Die Frühgeburtenrate liegt hierzulande deutlich über dem WHO-Empfehlungen. Derzeit erkundet eine Arbeitsgruppe des Obersten Sanitätsrates die Ursache und mögliche Instrumente des Gegenwirkens", erklärt Ministeriumssprecher Fabian Fußeis. Bereits Ende März hat Stöger angekündigt, das In-Vitro-Fertilisationsgesetzes ändern sowie das Fortpflanzungsmedizingesetz novellieren zu wollen, unter anderem da die Einsetzung mehrerer befruchteter Eizellen für Frühgeburten problematisch sei.

Stiller Killer

Deutlich unterschätzt wird das Problem Frühgeburt auch in seiner Tragweite: Weltweit zählt sie zu den größten heimlichen Killern mit einer Mio. Todesopfern jährlich, legt Lawn dar. "Fast jeder zweite Todesfall von Neugeborenen ist der eines frühgeborenen Kindes, womit die Frühgeburt in dieser Gruppe zweimal gefährlicher als Malaria und sechsmal mehr als AIDS ist." Doch auch Überlebende leiden oft an körperlichen oder neurologischen Störungen oder haben es beim Lernen schwerer, was Betroffenen, ihren Familien und der Gesellschaft teuer zu stehen kommt.

Alarm schlagen die Forscher für die Überlebensrate: Während es in Industrieländern 90 Prozent der extremen Frühgeburten - also vor der 28. Schwangerschaftswoche geborene Kinder - schaffen, stirbt in Niedriglohnländern derselbe Prozentsatz. "Drei von vier Todesfällen bei Frühchen wären ohne große Kosten vermeidbar", sagt Lawn. 450.000 Leben jährlich könnte das Bekanntmachen der Kängaru-Technik retten, bei dem Hautkontakt zur Mutter das Kind warm hält, das Stillen erleichtert und die mütterliche Aufsicht verbessert.

Quelle: www.pressetext.com/Johannes Pernsteiner

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