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Höchstmengen-Regulierung von Nahrungsergänzungsmitteln: Sinnvoll oder Verkaufsverbot über die Hintertür?

Archivmeldung vom 13.09.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.09.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
(Vorgeschlagene) Höchstwerte für den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln pro Tagesverzehrempfehlung eines Produkts  Bild: Natürlich gesund - Verband für G Fotograf: Natürlich gesund - Verband für G
(Vorgeschlagene) Höchstwerte für den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln pro Tagesverzehrempfehlung eines Produkts Bild: Natürlich gesund - Verband für G Fotograf: Natürlich gesund - Verband für G

68 % der Deutschen nutzen Nahrungsergänzungsmittel, die Tendenz steigend. Die Grünen unter der Federführung von Renate Künast sehen darin eine Bedrohung der Gesundheit und fordern in einem Antrag (19/19135) im deutschen Bundestag eine extrem strenge Regulierung von Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere nationale Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in den Produkten.

Was im Prinzip vernünftig klingt, erweist sich bei genauer Betrachtung als ein Verkaufsverbot für die allermeisten Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland. Denn als Grundlage für die neuen Höchstmengen sollen die Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) dienen. Diese sind wissenschaftlich höchst fragwürdig und weltweit einzigartig niedrig, denn sie liegen im Schnitt 70-80 % unter den Höchstmengen anderer Länder, insbesondere auch der EU (vgl. Tabelle). Auch CDU/CSU und SPD möchten Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe festlegen, aber den Weg auf EU-Ebene gehen. Dabei sollen ebenso die bestehenden Risikobewertungen des BfR maßstäblich sein.

Während die große Mehrheit der Deutschen Nahrungsergänzungsmittel nutzt und diese damit offensichtlich für sinnvoll hält, gehen viele deutsche Politiker davon aus, dass diese unnötig bis gesundheitsschädlich sind. Diese Meinung steht im Widerspruch zum Bürgerwillen, zu den in großen Studien nachgewiesenen häufigen und erheblichen Vitalstoffdefiziten sowie zu Expertenmeinungen, wissenschaftlichen Empfehlungen und Maßnahmen in aller Welt.

Da die Gesetzesanträge erst einmal vernünftig klingen, ist zu bezweifeln, ob sich unsere Parlamentarier überhaupt darüber bewusst sind, wie sehr die BfR-Empfehlungen von einem weltweiten wissenschaftlichen Konsens abweichen und dass deren Einführung quasi einem Verkaufsverbot der allermeisten Nahrungsergänzungsmittel gleichkommt.

Nährstoffmängel sind in der Bevölkerung nachweislich weit verbreitet. Eine Nahrungsergänzung vor allem mit immunrelevanten Nährstoffen ist sinnvoll für alle, die ein erhöhtes Risiko für einen Mangel haben, insbesondere für Ältere und in Zeiten einer Pandemie.

Die Höchstmengenvorschläge des BfR sind weltweit einzigartig niedrig und zutiefst fragwürdig

Die Regulierung von Nahrungsergänzungsmitteln ist an sich natürlich sinnvoll - sofern diese wissenschaftlich fundiert ist, was bei den geplanten Vorgaben leider nicht der Fall ist. Das BfR ist bezüglich der Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln extrem konservativ und diesbezüglich weltweit einzigartig. Die Höchstwerte des BfR liegen nicht nur meist 70-80 % unter denen weltweiter Höchstwerte, insbesondere auch anderer europäischer Länder, sondern bewegen sich in ganz anderen Dimensionen, was starken Zweifel an deren wissenschaftlicher Korrektheit aufkommen lässt.

Bei Kalium will das BfR nur 500 mg zulassen, das entspricht in etwa dem Kaliumgehalt einer Banane und nur 8 % der maximal zulässigen Menge in Belgien (6000 mg). Belgien hat das einzige aktive Zulassungsverfahren für Nahrungsergänzungsmittel in der EU, was zeigt, dass in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel gründlich und fundiert gearbeitet wird. Vitamin K2 soll nach Ansicht des BfRs in Nahrungsergänzungsmitteln auf maximal 25 µg am Tag begrenzt werden, während andere Länder aufgrund der Unbedenklichkeit des Vitamins eine Obergrenze für komplett unnötig halten.

Einen ausführlichen Vergleich der Höchstwerte von BfR, Frankreich und Belgien finden Sie in der Tabelle der Pressemitteilung. Im Gegensatz zu Deutschland haben beide Länder schon seit Jahren sinnvolle Höchstmengen rechtlich festgelegt.

Nahrungsergänzungsmittel sollen Defizite ausgleichen - die in Deutschland weit verbreitet sind

Die BfR-Empfehlungen für Höchstmengen in Nahrungsergänzungsmitteln beruhen auf der Annahme, dass der Anwender bereits ausreichend mit allen Nährstoffen versorgt bzw. sogar überversorgt ist (95. Zufuhrperzentile!) und die Produkte zusätzlich eingenommen werden. Die Empfehlungen beziehen sich also auf Personen, die sich bereits sehr ausgewogen ernähren und Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich nicht oder nur in Ausnahmefällen benötigen. Nahrungsergänzungsmittel sind aber eben nicht für diese Personengruppe gedacht, sondern für diejenigen, die sich nicht ausgewogen ernähren können oder wollen und die empfohlene Nährstoffzufuhr nicht erreichen. Für diese reichen die vom BfR vorgeschlagenen Höchstmengen bei weitem nicht aus.

Nahrungsergänzungsmittel werden verwendet, um bestehende Defizite auszugleichen, die in der Bevölkerung weit verbreitet sind. Hier nur einige Beispiele:

  • 88 % der Deutschen sind nicht gut mit Vitamin D versorgt.
  • 26 % der Frauen und 8 % der Männer sind unzureichend mit Vitamin B12 versorgt.
  • Über 75 % der Frauen und über 50 % der Männer nehmen zu wenig Kalium zu sich. Unter der US-Empfehlung von 4,7 g liegen sogar 90 % der Frauen und 75 % der Männer.
  • Etwa jeder Zweite nimmt ohne Nahrungsergänzungsmittel nicht ausreichend Calcium auf.
  • 29 % der Frauen und 26 % der Männer sind nicht ausreichend mit Magnesium versorgt.
  • Mehr als die Hälfte der Frauen (58 %) nimmt zu wenig Eisen auf.

Sollten die Empfehlungen des BfR tatsächlich als neue Höchstmengen gelten, so wären nur noch Produkte im Handel, die unzureichend dosiert wären, um Mängel auszugleichen oder zu verhindern.

Wie wissenschaftlich fundiert sind die BfR-Berechnungsgrundlagen?

Die Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Vitamine und Mineral-stoffe), die als BfR-Berechnungsgrundlage dienen, entbehren nicht selten nachvollziehbaren wissenschaftlichen Grundlagen. So galt bei Vitamin D bis 2012 eine Zufuhr¬empfehlung von 200 I.E. am Tag, die dann auf 800 I.E. vervierfacht wurde. Vitamin-D-Experten und Fachgesellschaften halten auch dies für deutlich zu niedrig, um wirkungsvolle Blutspiegel von über 75 nmol/l zu erreichen. Die Zufuhrempfehlung der DGE für Kalium wurde 2016 von 2 g auf 4 g täglich verdoppelt und ist noch immer niedriger als die sinnvolle Empfehlung der USA von 4,7 g pro Tag.

Die DGE-Zufuhrempfehlungen sind stark verallgemeinernd und identisch für große und kleine Menschen, für Schlanke und Übergewichtige, für Büroangestellte und Spitzensportler. Dabei variiert der Bedarf erheblich, z. B. in Abhängigkeit vom Körpergewicht und der körperlichen Belastung. Bei Vitamin B12 kann sich der tatsächliche Tagesbedarf aufgrund der individuell stark variierenden Aufnahmefähigkeit um den Faktor 100 bis 1000 unterscheiden. Die gegenwärtigen pauschalisierten Mikronährstoff-Zufuhrempfehlungen sind praktisch, aber leider wirklichkeitsfremd.

Das BfR lässt an seiner Vertrauenswürdigkeit zweifeln

Es ist fraglich, ob die Entscheidungen des BfR neutral und rein wissenschaftlicher Natur sind. Denn erstaunlicherweise ist das BfR leider nur in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel so vorsichtig. Wenn es um Chemie geht, legt man andere Maßstäbe an. So hält das BfR - ganz im Gegensatz zur Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO - Glyphosat für harmlos und nicht krebserregend. Frankreich dagegen verbietet Glyphosat und setzt insgesamt sinnvolle Maßstäbe für den Verbraucherschutz. Auch sinnvolle Höchstmengenregeln für Nahrungsergänzungsmittel gibt es in Frankreich schon lange - nur liegen diese im Schnitt 4- bis 6-mal höher als die BfR-Höchstwerte.

Vitamine und Mineralstoffe hält das BfR aufgrund weltweit einzigartiger und bizarrer Risikoanalysen in sinnvoller Dosierung für gefährlich. So will das BfR mehr als 500 mg Kalium - also das Kalium in einer Banane - und 250 mg Magnesium am Tag verbieten. Magnesium führe bei einigen Menschen zu weichem Stuhl. Man traut dem deutschen Bürger nicht zu, Vitamine und Mineralstoffe selbst zu dosieren, lässt ihn aber unbegrenzte Mengen an Alkohol und Zigaretten kaufen und konsumieren. Während es weltweit noch keinen Todesfall durch Magnesium gab, kosten Zigaretten und Alkohol jedes Jahr viele Millionen das Leben.

Auch die Politik setzt falsche Maßstäbe zum Schutz der Gesundheit

Das Argument im Bundestagsbeschluss, dass Deutsche eine Milliarde Euro für angeblich unnötige Nahrungsergänzungsmittel ausgeben und daher Handlungsbedarf bestehe, macht den Regulierungswahn nicht nachvollziehbarer. Jährlich geben Deutsche etwa 26 Milliarden Euro für Alkohol sowie 25 Milliarden Euro für Tabak aus - und der Staat verdient kräftig mit. Neben Zigaretten und Alkohol kosten auch Fleischerzeugnisse, die laut WHO bekanntlich krebserregend sind, allein in Deutschland jedes Jahr zigtausend Menschen das Leben. Es gäbe in Deutschland tatsächlich extrem viel zu tun, um Leben und Gesundheit der Bürger zu schützen. Doch hier werden offensichtlich andere Prioritäten und Maßstäbe angesetzt. Statt den Verzehr von krebserregenden und klimaschädlichen Fleischerzeugnissen zu reduzieren, wird die Fleischindustrie mit über einer Milliarde Euro Agrarsubventionen pro Jahr gefördert.

Eine ausgewogene Ernährung ist für die meisten unerreichbare Theorie

Bei einer ausgewogenen Ernährung sind Nahrungsergänzungsmittel in der Regel überflüssig. Und auch bei einem Nährstoffmangel kann man die Ernährung umstellen und so oft fehlende Vitamine und Mineralstoffe aufnehmen. Aber warum haben wohl Millionen Deutsche ernährungsbedingte Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Fettleibigkeit? Weil es eben nicht so einfach ist, im stressigen Alltag seine Ernährung umzustellen und sich dauerhaft gesund und ausgewogen zu ernähren. Nehmen wir dann lieber die Mängel der Bevölkerung in Kauf oder bieten wir den Menschen doch besser einfache Möglichkeiten, diese zu verhindern? Natürlich sollen Nahrungsergänzungsmittel nicht suggerieren, eine gesunde Ernährung sei unnötig, denn dies ist nicht der Fall! Dennoch sind sie in vielen Fällen zur (zeitweisen) Unterstützung der Ernährung sinnvoll.

Nahrungsergänzungsmittel sind keine Gesundheitsgefahr

Grundsätzlich sollten Nahrungsergänzungsmittel gezielt eingesetzt werden, z. B. auf Grundlage einer Analyse der eigenen Ernährungsgewohnheiten und -defizite, einer Blutuntersuchung oder der Empfehlung durch einen Arzt, Heilpraktiker oder Ernährungsberater. Doch auch bei ungezielter Einnahme sind in der Regel keine gefährlichen Überdosierungen zu erwarten, denn seriösen Herstellern liegt das Wohl ihrer Kunden am Herzen, so dass die Produkte sinnvoll dosiert und sicher sind. Schwere Nebenwirkungen aufgrund der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sind Einzelfälle, die vor allem bei dubiosen Produkten aus dem Ausland oder aber aufgrund einer eigenständigen Überdosierung über die Verzehrempfehlung hinaus auftreten. Werden die Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland zu stark reguliert, so werden diese Fälle vermutlich häufiger.

Das Problem ist nicht ein Mangel an Regulierung, sondern die fehlende Durchsetzung der vorhandenen Vorgaben. So müssten die Überwachungsbehörden im nahezu rechtsfreien Raum des größten Online-Monopolisten endlich durchgreifen und sicherstellen, dass das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln den geltenden Verordnungen der EU entspricht. Diese Maßnahme, wie von CDU/CSU/SPD vorgeschlagen, ist tatsächlich dringend notwendig.

Nahrungsergänzungsmittel können viele Leben verlängern, verbessern und retten

Tatsächlich können Nahrungsergänzungsmittel richtig eingesetzt viele Leben retten. Nur ein Beispiel: Eine Studie des Deutsche Krebsforschungsinstituts (DKFZ) ergab, dass eine Nahrungsergänzung aller über 50-Jährigen in Deutschland mit nur 1000 I.E. Vitamin D pro Tag jährlich fast 30 000 Krebstodesfälle verhindern könnte - und gleichzeitig 254 Millionen Euro einsparen würde. Es gibt viele weitere wissenschaftlich belegte Beispiele.

Auch gegen akute Atemwegsinfektionen einschließlich COVID-19 schützt Vitamin D sehr wirksam. Die Datenlage ist so überzeugend, dass nicht nur führende Wissenschaftler und Fachgesellschaften eine tägliche Vitamin-D-Gabe von 4000 I.E. (100 µg) - das 5-Fache der BfR-Obergrenze - für alle älteren Personen fordern, sondern auch einige Regierungen in Europa Vitamin D kostenlos an Risikogruppen verteilen.

In der ausführlichen Version der Pressemitteilung finden sie weitere eindrucksvolle Beispiele.

Zu Vitamin D laufen aktuell auch klinische Studien zur Optimierung der Impfwirkung durch Nahrungsergänzung. Bei Impfungen gegen Grippe konnte bereits beobachtet werden, dass die Impfung bei Personen mit unzureichendem Vitamin-D-Status eine reduzierte Immunantwort auslöste.

Nahrungsergänzungsmittel können das Immunsystem und die Impfwirkung verbessern

Bei Senioren ist ein Vitalstoffmangel besonders häufig, aber auch Jüngere sind regelmäßig betroffen. Dies kann dazu führen, dass das Immunsystem nicht normal funktioniert und auch die COVID-19-Impfungen nicht ihr volles Potential erreichen. Eine Nahrungs¬ergänzung mit immunrelevanten Nährstoffen ist daher sinnvoll für alle, die ein erhöhtes Risiko für einen Nährstoffmangel haben, insbesondere für Ältere.

Nur ein Beispiel von sehr vielen Expertenempfehlungen: Prof. Philip Calder, Präsident (2019-2023) der Federation of European Nutrition Societies (FENS), empfiehlt, alle über 70-Jährigen vor und nach der Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus über einen Zeitraum von insgesamt 45 Tagen kostenlos mit einem Supplement zu versorgen, das möglichst alle immunrelevanten Nährstoffe bereitstellt (z. B. die Vitamine A, B6, B9, B12, C, D und E sowie Zink, Kupfer, Selen und Eisen).

Statt sinnvoller Gesundheitspolitik gesundheitsschädliche Verbotspolitik

Tatsächlich haben Ernährung und Mikronährstoffe eine sehr hohe präventive Bedeutung für die Gesundheit des Menschen, und der Forschungsbedarf ist riesig. Doch leider steht die Gesundheits-prävention sowohl für den Einzelnen als auch für die Politik und das Gesundheitssystem in Deutschland im Hintergrund. Denn verdient wird vor allem an kranken Patienten und nicht an gesunden.

Während Politiker viel über gesunde Ernährung reden, vor allem wenn es darum geht Nahrungsergänzungsmittel zu regulieren, wird sehr wenig dafür getan. Es fehlt an wirkungsvollen politischen Maßnahmen (wie den richtigen Subventionen statt der falschen) sowie Bildungs- und Aufklärungskampagnen, angefangen bei Kindern und Eltern.

Es gibt also sehr viel zu tun in Sachen Gesundheitsbildung, -fürsorge und -vorsorge. Mehr Regulierung aufgrund wissenschaftlich falscher Vorgaben gehört nicht dazu. Den ausführlichen Artikel mit Literaturangaben finden Sie auf https://vitamind.science


Quelle: Natürlich gesund - Verband für Ganzheitliche Gesundheitsberatung e. V. (ots)

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