Liebe geht DOCH durch den Magen: Aprikosen lügen nicht
Archivmeldung vom 20.07.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn Menschen sich zueinander hingezogen fühlen, dann haben sie meist Gemeinsamkeiten. Manchmal aber auch nicht. Oder jedenfalls nicht viele. Das sind die Fälle, in denen Kleinigkeiten deshalb umso wichtiger werden.
Es ist heiß – oder besser: es ist HEISS. Immer noch, selbst am Abend. So ist das, wenn man in Beton wohnt und wenn es draußen über so viele Tage nur Sonnenschein gibt.
Du bist müde. Das kommt vielleicht von der Hitze. Vielleicht liegt es aber auch an Deinem Gemütszustand. Der wiederum ist überwiegend undefinierbar, aber in jedem Fall eher trüb. Und das ist SEINE Schuld. Wieder einmal … wieder einmal ein Streit …. wieder einmal laute Worte, hitziges Gerede, nur graduell vom Schreien entfernt. - Natürlich hitzig, wie denn sonst bei diesen Temperaturen … und diesen Temperamenten …?
Jetzt ist er erst einmal weg. Du bist nicht besorgt und Du bist nicht enttäuscht. Du bist nicht einmal wütend, sondern einfach nur so etwas wie müde. Hitzemüde, streitmüde, beziehungsmüde. Müde eben.
Nach acht Jahren haben Konflikte ihre Schrecken verloren. Man könnte erwarten, dass sie ganz aus Eurem Leben verschwunden wären. Aber das sind sie nicht. Ihr seid einfach zu verschieden. Das wart ihr schon immer.
Du erinnerst Dich noch gut an die erste Zeit, das Verliebtsein, das plötzlich gekommen war und heftig gewesen war, begleitet von einem Hunger nach einander, einer Gier, die Du so vorher nicht gekannt hattest. Diese Beziehung zwischen Euch war von Anfang an anders gewesen, als das, was Du zuvor mit Männern erlebt hattest: größer, schneller – eine Naturgewalt. Ja, das war es wohl gewesen. Wie ein Sturm oder eine gigantische Welle, wie ein Erdbeben. Ebenso stark, ebenso unentrinnbar, ebenso sinnlos.
Da war keine Erklärung gewesen, kein „Ich liebe ihn, weil ….“, nichts, was auch nur dem geringsten Anspruch von Vernunft standgehalten hätte.
Man erwartet nicht, dass Menschen unter solchen Bedingungen zusammenbleiben. Meist tun sie es wohl auch nicht. Das ist die Sache mit den Gegensätzen, die einander anziehen. Ja, es macht die oder den anderen attraktiv, in ihr oder ihm die Dinge, die Eigenschaften zu finden, die man an sich selbst vermisst. Doch es gibt Beziehungen nicht gerade das, was man eine solide Grundlage nennt. Ganz im Gegenteil. Je weniger Übereinstimmungen, desto größer das Konfliktpotenzial. Je häufiger und je größer die Konflikte, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit einer Trennung. Acht Jahre, wie in Eurem Fall, das ist wirklich ungewöhnlich lang. Und so fühlt es sich auch an, wie eine Ewigkeit. Und dann wieder nicht …
Es ist Dir, als wäre es gerade erst gestern gewesen, dieses erste intime Beisammensein, dieses Erwachen am anderen Morgen, Arm in Arm … was sich gut anfühlte, aber irgendwie auch ein wenig seltsam, peinlich vielleicht. Und wie ihr versucht habt, Gemeinsamkeiten zu finden – Hobbies, Interessen irgendwelcher Art … und da war nichts gewesen. Im Gegenteil. Je länger Ihr miteinander darüber gesprochen hattet, desto klarer wurde, wie viel Euch eigentlich trennte.
Du betrachtest Deine nackten Füße. Du liebst es, barfuß zu gehen. Er nicht. Und das ist nur ein Beispiel von tausenden …. Für einen Moment spielst Du mit dem Gedanken, sie alle aufzuzählen. Es erscheint Dir in diesem Augenblick wie ein guter Gedanke. So als müsstest Du etwas tun, um Dich weiter von ihm zu distanzieren.
Aber Du bist zu müde. Und es ist zu heiß. Nein, Du regst Dich nicht mehr auf und Du unternimmst keine Anstrengungen mehr, Dinge zu ändern, sie zumindest schlecht oder gut zu reden. Es ist, wie es ist. Und so wie es nun ist, ist es anstrengend. Doch war es eben in Wahrheit noch nie anders. Deshalb seid Ihr nie zusammengezogen. Du hast immer noch Deine Wohnung und er seine, in der er jetzt vermutlich sitzt und Gin mit Ginger Ale trinkt. Schon allein der Gedanke, Ihr hättet Euch auf Tapetenmuster oder die Farbe von Sitzbezügen einigen müssen, ist absurd.
Nein, da ist eben fast nichts, was Ihr gemeinsam habt. Das habt Ihr schon am Anfang festgestellt.
Er liebt Hunde, Du Katzen, er Kaffee, Du Tee.
Es war beim Frühstück gewesen, als Ihr – zu diesem Zeitpunkt schon völlig unerwartet und ganz und gar zufällig – auf die eine Sache gestoßen wart, die Ihr beide in gleichem Maße nicht nur mögt, sondern liebt: Aprikosen, in diesem Fall repräsentiert in einer wohlschmeckenden Marmelade.
Du hörst Dich noch sagen: „Wenn das alles ist, dann werden wir wohl nicht weit kommen. - Das ist doch einfach lächerlich.“
Aber Ihr seid weit gekommen, trotz allen Streits, trotz aller Widersprüche, Gegensätze, Meinungsverschiedenheiten. Weil Ihr einander liebt und weil Ihr verstanden habt, dass Liebe Arbeit ist und weil Ihr Euch auf diese Arbeit eingelassen habt.
Nein, es ist nicht Müdigkeit, warum Dich dieser Streit nicht weiter aufregt. Und es ist auch nicht die Hitze. Es ist Liebe. Und Vertrauen. Schließlich weißt Du: Aprikosen lügen nicht.
Text von Herbert Jost-Hof
Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgen hier nun zwei Rezepte, eines davon vegan.
Aprikosen - Melonen - Marmelade
Rezept für 6 Portionen
Zutaten
600 g Aprikose(n) (entsteint gewogen, dann grob gewüfelt)
400 g Honigmelone (Fruchtfleisch, grob gewürfelt)
500 g Gelierzucker, 2:1
3 EL Rum
1 Zitrone(n), davon den Saft
Zubereitung:
Aprikosen- und Honigmelonenstücke in einen Topf geben, pürieren, mit Zitronensaft und Gelierzucker mischen. Unter Rühren aufkochen, und 3 Min. unter Rühren sprudelnd kochen. Rum in die heiße Marmelade rühren. Dann in die vorbereiteten Twist-Off-Gläser füllen, sofort verschließen und 5 Min. auf den Deckel stellen.
Arbeitszeit: 30 Min.
Aprikosenaufstrich (vegan)
Rezept für 1 Portionen
Zutaten
80 g Aprikose(n), ungeschwefelt, getrocknet
80 ml Orangensaft, ca.
4 EL Nüsse, gemahlene
1/2 TL Zitronenschale, abgeriebene
1/2 TL Ingwer, frisch gerieben
Zubereitung:
Die Aprikosen etwas klein schneiden und in Orangensaft 6-8 Stunden einweichen.
Am nächsten Tag die aufgequollenen Trockenfrüchte pürieren und mit den Nüssen gut vermischen. Mit der Zitronenschale und geriebenem Ingwer abschmecken.
Der Aufstrich hält sich im Kühlschrank 2-3 Tage. Die Menge reicht ungefähr für 8 Scheiben Brot.
Arbeitszeit: 10 Min.