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Foodwatch: Wie groß ist der Einfluss der Nahrungsindustrie-Lobbyisten tatsächlich?

Archivmeldung vom 08.09.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Lobbyisten, Untreue & Bestechung: "Nur damit rein zufällig das passiert, was ich will"
Lobbyisten, Untreue & Bestechung: "Nur damit rein zufällig das passiert, was ich will"

Bild: Unbekannt / Eigenes Werk

Baben Sie sich schon einmal gefragt, WARUM eigentlich so viele umstrittene Pestizide in der Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen, obwohl die meisten Menschen das ablehnen? WARUM die wichtigsten Angaben auf Lebensmittelpackungen in winzig kleiner Schrift versteckt auf der Rückseite stehen? Oder WARUM die Tierschutzstandards nicht endlich besser kontrolliert werden?

Ein Teil der Antwort liegt sicher in dem, was die frühere Ernährungs- und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner laut „Spiegel“ einem Bundestagsabgeordneten beim Bier gestanden haben soll: „Ich tue alles, was der Bauernverband will.“ Eine gewählte Volksvertreterin und vereidigte Ministerin, die sich ihre Politik von der Agrarlobby diktieren lässt? Das ist schlimm – noch schlimmer aber ist, dass es sich bei der Ministerin mitnichten um einen Einzelfall handelt. Im Gegenteil: Die Macht der Einflüsterer vom Bauernverband und den Lobbyverbänden der Lebensmittelindustrie ist gewaltig, und wir spüren sie jeden Tag.

Wie groß der Einfluss der Lobbyisten tatsächlich ist, lässt sich an einigen erschreckenden Beispielen nur erahnen:

  • Die Wissenschaftler der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) haben im Auftrag der Bundesregierung Qualitätsstandards für eine gute Ernährung in Kindergärten entwickelt. Aber: Das Ernährungsministerium hat sie danach nicht einfach veröffentlicht, sondern erst einmal dem Lobbyverband der Lebensmittelwirtschaft zur Stellungnahme gegeben – und die Standards daraufhin allen Ernstes abgesenkt! Die Lobbyisten freuten sich, dass sie „zahlreiche Inhalte“ noch „verbessern“ konnten. Konkret: Künstliche Aromen, Geschmacksverstärker, Schmelzkäse oder Süßstoffe blieben in den Kitas weiter „erlaubt“. Und das entgegen dem Rat der unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler!

  • Eine Milliarde Euro (!) hat die Lebensmittelindustrie EU-weit investiert, um die von zahlreichen Verbraucherinnen und Verbrauchern gewünschte Ampelkennzeichnung für Lebensmittel zu verhindern – mit vollem Erfolg, es gibt bis heute keine verbindliche Nährwert-Ampel. In der Lobby-Schlacht um die Kennzeichnungsvorgaben baute die Lebensmittelindustrie ihre „Informations“-Stände sogar mitten im Europaparlament auf! Auch eine bessere Herkunftskennzeichnung, für die sich das Europaparlament schon ausgesprochen hatte, verhinderte sie. Und sie drückte zusätzlich noch eine 1,2-Millimeter-große Schrift für die Angaben auf Etiketten durch, nachdem ursprünglich größere Angaben vorgesehen waren.

  • Die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung zeigt besonders deutlich, welche Macht die Wirtschaftslobby hat. Bei ihrer Risikobewertung schrieb die zuständige Behörde aus Monsanto-Studien ab. Und als bei der EU-Abstimmung das deutsche „Ja“ den Ausschlag für eine erneute Zulassung des Ackergifts gab, hatte der damalige Landwirtschaftsminister Christian Schmidt gute Unterstützung: Sein Staatssekretär Peter Bleser nämlich ist in der Branche bestens vernetzt. Vor seinem Amt im Ministerium war er nicht einfach nur der „verbraucherschutzpolitische Sprecher“ seine Fraktion, sondern saß auch im Aufsichtsrat eines Agrarhändlers mit Milliardenumsatz. Und ließ sich auch mal zum „Paten“ (!) eines Monsanto-Gentechnikfeldes ernennen! Wenig überraschend, dass Monsanto bis heute seine Studien, nach denen Glyphosat angeblich unbedenklich sei, noch nicht einmal veröffentlichen muss…

Das alles dürfen wir uns nicht länger gefallen lassen. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass sich Politiker zum Büttel der Industrie machen und sich mehr für den Profit der Industrie- und Agrarkonzerne einsetzen als für die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das aber geschieht immer und immer wieder. Bitte helfen Sie uns, diese Fälle ans Licht zu bringen und immer wieder unseren Finger in die Wunde zu legen – seien Sie dabei als Förderin/Förderer von foodwatch!

Der einseitige Einfluss von Konzern- und Agrarlobbyisten gefährdet das Gemeinwohl und die Demokratie. Allein der Bauernverband habe in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich eine Vielzahl strengerer Umwelt- und Tierschutzvorgaben verhindert, zitierte die Süddeutsche Zeitung einen Abgeordneten. Ja, es ist die bittere Wahrheit: Der lange Arm der Wirtschaftslobbyisten reicht hinein bis in unsere Ställe, Supermärkte und Kindergärten! Es ist aber nicht damit getan, diesen Missständen auf die Schliche zu kommen. Wir müssen uns wehren. Wehren Sie sich gemeinsam mit uns und werden Sie Förderer/Förderin von foodwatch! Wir sind fest davon überzeugt: Die beschriebenen Fälle sind nur die kleine Spitze eines gewaltigen Eisbergs. Wir wissen nur einen Bruchteil, das meiste geschieht im Verborgenen.

Aber wir dürfen das nicht länger hinnehmen. Mit foodwatch wollen wir eine starke Gegenlobby aufbauen – helfen Sie uns dabei und werden Sie jetzt Förderin/Förderer von foodwatch! Schätzungen zufolge sind allein in Brüssel 25.000 Lobbyisten aktiv, mit einem Jahresbudget im Milliardenbereich nehmen sie Einfluss auf die Gesetzgebung der EU, oftmals hinter verschlossenen Türen – und die meisten arbeiten für Unternehmen oder Wirtschaftsverbände. Mit öffentlichen Recherchen und Kampagnen wollen wir dagegenhalten. Welchen Einfluss Industrie und Konzerne haben, muss ans Tageslicht – und wir müssen etwas dagegensetzen! Bitte stärken Sie uns als Antwort auf Nestlé, Monsanto, Zuckerlobby & Co. – unterstützen Sie uns dabei, eine starke, europaweite Verbraucherorganisation aufzubauen – werden Sie noch heute Mitglied von foodwatch!

Quelle: Foodwatch von Martin Rücker

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