Geschenk statt „Doggy Bag“. Neue Verpackung gegen die Verschwendung in Restaurants
Archivmeldung vom 14.03.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBleibt in Frankreich nach einem Restaurantbesuch Essen übrig, wird dieses in den seltensten Fällen mit nach Hause genommen; die aus Amerika stammenden „Doggy Bags“ haben sich hier im Gegensatz zu vielen anderen Ländern bisher nicht etabliert. Anne Poggenpohl, Studentin der Köln International School of Design (KISD) der Fachhochschule Köln, hat deshalb während ihres Auslandssemesters an der Pariser Designhochschule ENSCI – Les Ateliers die Take-Away-Verpackung „C’était Bien Bon“ für kostbare Essensreste entworfen. Dafür wurde sie vom französischen Conseil National d’Emballage (Nationaler Rat für Verpackungen) beim Wettbewerb Emballé 3.0 mit der Juryauszeichnung „Coup du Coeur“ ausgezeichnet.
„Schätzungen zufolge bleiben in Frankreich bei jedem Restaurantbesuch zwischen 210 und 230 Gramm Essen übrig, das sind mehr als 20 Kilogramm pro Jahr pro Franzose“, sagt Poggenpohl. Es sei geradezu verpönt, das nicht verzehrte Gericht mit nach Hause zu nehmen. „Für mein ganzheitliches und nutzerorientiertes Konzept wollte ich verstehen, welche Hürden es gibt und diese durch eine ansprechende Gestaltung und Formgebung verringern. Die Essensreste sollen dabei als etwas Positives und Wertvolles wahrgenommen werden. Darum habe ich die Verpackung ‚C’était Bien Bon‘ (deutsch: Es hat sehr gut geschmeckt) entwickelt, die die Anmutung eines Geschenkes hat und durch die man den Restaurantbesuch Zuhause noch einmal genießen kann“, erklärt die 25-Jährige.
Der Bien Bon funktioniert einfach und intuitiv: Mit einer Handbewegung wird die Verpackung aufgestellt und die Essensreste können eingefüllt werden. Ein Aufkleber mit Platz für persönliche und individuelle Hinweise zum Aufwärmen oder erneuten Kochen verschließt die Verpackung. Zuhause faltet sich die rechteckige Box zu einem Oktaeder auf, so dass der Inhalt leicht auf Teller und Pfanne oder in einen Topf gleiten kann. Flachgefaltet ist die Restebox ungefähr so groß wie eine Din A4-Seite, nur einen Millimeter dick und lässt sich deshalb kostengünstig lagern und transportieren. Die Box gibt es in zwei Varianten: eine für Pizza und eine für sonstige Speisen.
„Da Essen in der französischen Kultur und Gesellschaft stark verankert ist, war es besonders als deutsche Designstudentin eine delikate Herausforderung das Thema der Verschwendung anzugehen und eine angemessene und akzeptable Verpackung zu gestalten,“ schildert Poggenpohl. „Um eine gute Grundlage zu bekommen, habe ich mit französischen und ausländischen Kommilitonen, älteren Einheimischen, sowie Kellnern und Restaurantgästen über Essenskultur gesprochen und vor Ort beobachtet, wie groß die Portionen sind, die übrigbleiben.“ Anschließend habe sie bei Papierherstellern nach einem geeigneten, lebensmittelverträglichen Material gesucht: Der Bien Bon wird aus einem zu 100 Prozent recyclingfähigen Kunststoff hergestellt, der die haptischen Qualitäten von Pappe hat. Zudem konzipierte die Kölnerin in Zusammenarbeit mit Verpackungsingenieuren eine Herstellungsweise, bei der zeitgleich die Form geschnitten und ein Muster eingeprägt wird, so können bei der Herstellung etwa zehn Prozent Energie eingespart werden.
30 bis 40 Prototypen musste Poggenpohl erstellen, bis sie ihre letztendliche Form fand. Diese testete sie zusammen mit einigen Kellnern. „Die Handhabung der Verpackung haben alle auf Anhieb verstanden. Auch der Transport von flüssigen Essensresten wie Soßen ist kein Problem“, berichtet die ausgebildete Mediengestalterin. Insbesondere ihre ganzheitliche Herangehensweise beeindruckte die Jury beim Emballé 3.0. In ihrer Begründung zur Verleihung des „Coup du Coeur“ schrieb sie: „C’était Bien Bon ist eine praktische und diskrete Verpackung, die es ermöglicht, die Reste eines guten Essens im Restaurant auch Zuhause noch einmal aufzuwärmen. Damit trägt sie dazu bei, die Verschwendung im Restaurantsektor zu begrenzen.“ Zurzeit arbeitet Poggenpohl an ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Integrated Design. Anschließend möchte sie sich wieder ihrer Verpackung widmen. „Ich konnte während der Preisverleihung bereits einige Kontakte zu Unternehmen der Verpackungsbranche knüpfen. Es wäre natürlich toll, das Produkt weiter zu entwickeln und zu produzieren.“
Die Fachhochschule Köln ist die größte Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Deutschland. Mehr als 23.000 Studierende werden von rund 420 Professorinnen und Professoren unterrichtet. Das Angebot der elf Fakultäten und des ITT umfasst mehr als 80 Studiengänge aus den Ingenieur-, Geistes- und Gesellschaftswissenschaften und den Angewandten Naturwissenschaften. Die Fachhochschule Köln ist Vollmitglied in der Vereinigung Europäischer Universitäten (EUA) und gehört dem Fachhochschulverband UAS7 an. Die EU-Kommission bestätigt der Hochschule internationale Standards in der Personalentwicklung der Forscherinnen und Forscher durch ihr Logo „HR Excellence in Research“. Die Fachhochschule Köln ist zudem eine nach den europäischen Öko-Management-Richtlinien EMAS und ISO 14001 geprüfte umweltorientierte Einrichtung und als familiengerechte Hochschule zertifiziert.
Die Köln International School of Design (KISD) der Fakultät für Kulturwissenschaften der Fachhochschule Köln zählt zu den renommiertesten Designausbildungsstätten an Hochschulen in Europa. Seit 1991 bietet die KISD ein projektorientiertes, interdisziplinäres Studienangebot, das Design als Prozess versteht und auf der Grundlage eines bewährten Konzeptes kontinuierlich Neues erprobt.
Quelle: Fachhochschule Köln (idw)