Nur zwei von drei Kindern und Jugendlichen frühstücken
Archivmeldung vom 15.11.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Frühstück gilt als wichtigste Mahlzeit für Kinder und Jugendliche, weil es eine Basis für den Tag liefert. Internationale Studien zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen einem ausgewogenen Frühstück und Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen im Schulalltag. Aber nur zwei von drei 11- bis 15-Jährigen in Deutschland frühstücken täglich. Dies zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie zum Gesundheitsverhalten von Schulkindern („Health Behaviour in School-aged Children" – HBSC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die internationale Vergleichsstudie wird im Abstand von vier Jahren in mittlerweile 40 Ländern Europas und Nordamerikas durchgeführt. Für den deutschen Studienteil ist eine Forschergruppe der Universität Bielefeld und von Hochschulen in Dresden, Frankfurt und Hamburg verantwortlich.
Wie die neue HBSC-Studie zeigt, steigt der Anteil derjenigen, die morgens das Frühstück auslassen, mit dem Alter: Bei den 15-Jährigen in Deutschland verzichtet jeder zweite darauf. Dabei findet sich ein deutlicher Einfluss der sozialen Lage: Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen gehen häufiger ohne Frühstück aus dem Haus. Dass so viele Jugendliche auf das Frühstück verzichten, könnte, so die Forscher, mit dem Wunsch verbunden sein, das Gewicht zu reduzieren: Laut der Studie findet sich jedes zweite Mädchen und jeder dritte Junge zu dick, und jedes sechste Mädchen und jeder zehnte Junge machen aktuell eine Diät.
Für die jüngste Erhebungswelle der Studie wurden im Schuljahr 2009/10 über 20.000 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren an fast 300 Schulen bundesweit befragt. Grundlage war ein standardisierter Fragebogen, mit dem erfragt wurde, wie die Schüler selbst ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität einschätzen. Erhoben wurden auch das gesundheitsrelevante Verhalten und soziale Einflussfaktoren auf die Gesundheit wie Schulklima, familiärer Wohlstand sowie die Beziehung zu Eltern und Freunden.
In Deutschland wurde die HBSC-Studie bereits zum fünften Mal durchgeführt. Koordiniert wurde sie von dem Bielefelder WHO Collaborating Centre for Child and Adolescent Health Promotion (WHO Kollaborationszentrum zur Kinder- und Jugendgesundheitsförderung) unter Leitung von Professorin Dr. Petra Kolip von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld. „Die Studie bietet die einmalige Chance, die sozialen Einflussfaktoren auf die Gesundheit zu analysieren“, sagt Petra Kolip. „Für viele Bereiche zeigt sich noch immer der Einfluss des familialen Wohlstands als Indikator für die soziale Lage: Kinder und Jugendliche aus Geringverdiener-Familien bewegen sich weniger, essen seltener Obst und geben häufiger einen schlechteren Gesundheitszustand an. Dies ist relevant, wenn wir zielgruppengerechte Präventionsmaßnahmen entwickeln wollen.“
Die Ergebnisse der Studie sollen für die Gesundheitsförderung und Maßnahmen zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung genutzt werden. So wurden Faktenblätter für Eltern und Lehrer entwickelt, die auf der Homepage des deutschen HBSC-Teams abgerufen werden: www.hbsc-germany.de/downloads/. Die ersten Ausgaben widmen sich unter anderem den Themen Häufigkeit des Frühstücks, Körperbild und Diätverhalten, Sexualität und Verhütungsverhalten, Nutzung von Computer und Spielkonsole sowie sportliche Aktivität.
Die Durchführung der HBSC-Studie gehört zu den Hauptaufgaben des WHO Collaborating Centre an der Universität Bielefeld. Außerdem unterstützt es internationale Publikationen aus den HBSC-Ergebnissen, etwa den International Report, der Anfang 2012 erscheinen wird. Das WHO-Centre ist Teil des Forschungsschwerpunktes „Menschliche Entwicklung, Konflikt und Gewalt“ der Universität Bielefeld, in dem Forschung auf internationalem Spitzenniveau betrieben wird. Hier befassen sich Forscher interdisziplinär mit den komplexen Vorgängen menschlicher Entwicklung – von der Entwicklung des Kindes bis hin zu sozialen Zusammenhängen und Institutionen, die menschliches Dasein in verschiedenen Gesellschaften und Komplexen prägen.
Quelle: Universität Bielefeld (idw)