Foodwatch: So machen Nestlé & Co. im Globalen Süden die Menschen krank
Archivmeldung vom 25.08.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.08.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttLaut Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich in 73 Ländern der Erde der Anteil der Fettleibigen seit 1980 mindestens verdoppelt. Erstmals gibt es global mehr fettleibige als untergewichtige Menschen. Betroffen sind neben den westlichen Industrienationen auch ärmere Länder in Asien, Afrika, Südamerika und dem Mittleren Osten.
Fettleibig – und trotzdem mangelernährt
Hintergrund ist, dass globale Nahrungsmittel-Multis wie Nestlé mit aller Macht in diese Länder drängen, weil die Märkte in den Industrieländern im wahrsten Sinne des Wortes gesättigt sind. Dabei richten Nestlé & Co immense Schäden an, indem sie traditionelle Ernährungsweisen verdrängen und die Menschen an ungesunde und hochverarbeitete Lebensmittel gewöhnen. Diese Produkte enthalten oft viele Kalorien, Salz, Zucker und Fett – aber kaum Vitamine und andere wertvolle Nährstoffe. So kann die absurde Situation entstehen, dass Menschen in ärmeren Ländern übergewichtig oder sogar fettleibig sind – und zur gleichen Zeit mangelernährt.
Zahl fettleibiger Kinder seit 1975 verzehnfacht
Die Zahlen sind überwältigend: Seit 1980 hat sich die Zahl der an Diabetes Typ 2 Erkrankten mehr als vervierfacht. 124 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit sind fettleibig, etwa zehn Mal so viele wie 1975. Mitschuldig sind die großen Lebensmittelkonzerne, die in Entwicklungs- und Schwellenländern Profit auf Kosten der Gesundheit machen:
- In Brasilien fuhr
jahrelang ein Nestlé-Schiff hunderte Kilometer den Amazonas entlang und
verkaufte dort seine Produkte in abgelegenen Ortschaften an Menschen,
die vermutlich zuvor nur selten mit hochverarbeiteten Lebensmitteln in
Berührung gekommen waren. Heute ziehen etwa 7000 Händlerinnen und
Händler von Tür zu Tür und verkaufen vornehmlich Produkte wie Eis, süße
Joghurts, Kekse und gezuckerte Frühstücksflocken. Dazu kommt ein
beängstigend enges Verhältnis zwischen den Konzernen und der Politik:
Als die brasilianische Regierung Beschränkungen bei der Werbung an
Kinder und eine transparente Lebensmittelkennzeichnung plante,
scheiterten beide Initiativen am Lobbydruck der großen Konzerne.
Ergebnis: Der Anteil der erwachsenen Fettleibigen in Brasilien hat sich seit 1980 vervierfacht, bei Kindern fast verfünffacht. Jedes Jahr erkranken 300.000 Brasilianerinnen und Brasilianer an Typ-2-Diabetes.
- In Malaysia beispielsweise ist der Verkauf verarbeiteter Lebensmittel in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 100 Prozent gestiegen. Mehr als die Hälfte der Menschen ist übergewichtig oder fettleibig.
Zugleich haben globale Lebensmittelkonzerne die Ernährungswissenschaft
des Landes unter ihrer Kontrolle: So wurde die führende
Ernährungsgesellschaft Malaysias, die Nutrition Society of Malaysia, zu
großen Teilen von Unternehmen wie Nestlé, Kellogg’s und PepsiCo
finanziert. Studien wurden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Konzerne vor Veröffentlichung begutachtet und freigegeben.
- In vielen Ländern in Afrika engagieren sich Lebensmittelkonzerne in entwicklungspolitischen Allianzen und
bieten mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Lebensmittel an –
vordergründig, um Mangelernährung zu bekämpfen. Tatsächlich aber mit
dem Ziel, ihre Produkte langfristig in den Märkten zu etablieren. Häufig
wird dabei eine traditionelle, natürliche Ernährung dauerhaft durch
angereicherte oder stark verarbeitete Nahrung ersetzt.
Mehr zu den Strategien der globalen
Lebensmittelkonzerne können Sie im aktuellen Buch von Thilo Bode „Die
Diktatur der Konzerne“ lesen. Darin analysiert er anhand verschiedener
Wirtschaftsbereiche – Banken, Energie- und Automobilkonzerne – wie die
Macht globaler Großunternehmen gewachsen ist. Internationale Konzerne
zahlen kaum Steuern, schädigen die Umwelt, verstoßen gegen
Menschenrechte – und werden dafür selten zur Verantwortung gezogen.
Quelle: Foodwatch