Liebe geht DOCH durch den Magen: Rache ist Gulasch
Archivmeldung vom 05.10.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs gibt immer wieder Menschen, die auch nach dem Ende einer Beziehung noch einen gewissen Groll gegen den oder die Verflossene hegen. Manche von ihnen bekommen vom Schicksal die Gelegenheit geschenkt, Rache zu üben … wobei solche Vorhaben immer auch anders ausgehen können als geplant.
Er war schon immer ein falscher Fünfziger. Zumindest findest Du das und es stimmt mit Sicherheit im Bezug auf sein Alter. Denn inzwischen ist er Anfang sechzig, auch wenn er – zugegeben – durchaus noch als früher Fünfziger durchgehen kann. Jedenfalls kommt er, wie alle falschen Fünfziger, wieder zum Ausgangsort zurück, auch wenn es eine Weile dauert. Um präzise zu sein: Er kommt zu Dir zurück und es hat über zwanzig Jahre gedauert.
Wenn man es ganz genau betrachtet, kommt eigentlich nicht er wieder, sondern Deine Schwester. Er gehört nur zur Entourage. Ja, das ist ein schönes Bild …. aber es stimmt wohl nicht wirklich. Denn ein Ehemann ist vermutlich doch nicht einfach ein Teil des Fußvolks, erst recht nicht für Mimi. Du erinnerst Dich noch an den tränenfeuchten Glanz ihrer Augen, als sie Dir davon erzählte – von ihm. Und dass sie ihn SOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO liebt und ihn heiraten will. Mimi als kleines Schulmädchen, verliebt wie ein Backfisch im stolzen Alter von 43 Jahren. Das alles hättest Du ihr noch durchgehen lassen, es hätte Dich sogar gerührt, wenn nur ihr ganzes Kleinmädchengehabe einem anderen Mann gegolten hätte.
“Hast du eigentlich vergessen, dass wir fast mal verlobt waren, Robert und ich?” hattest Du sie gefragt, zu gleichen Teilen fassungslos und empört.
“FAST”, hatte sie geantwortet und “Wir wissen doch beide, wie lange das her ist und dass es ein Irrtum war. - Sei mir nicht böse, ihr hättet doch wirklich nicht zusammengepasst, Robse und du.”
Sie nennt ihn “Robse”. Das freut Dich, weil es in Deinen Ohren einfach nur doof klingt und er genau das verdient hat: einen wirklich doofen Spitznamen …. zumindest ist es ein guter Anfang.
“Wieso kommst du darauf, dass es ein Irrtum war?”, hattest Du wissen wollen. Die Formulierung gefiel Dir nicht. Sie stand zumindest niemand anderem zu als Dir selbst.
“Aber sonst wärt ihr doch noch zusammen, oder?” So schwer es Dir auch fiel, das zuzugeben, dieser Logik konntest Du Dich nicht entziehen.
Robert war einer Deiner Lehrer gewesen. So hattet Ihr einander kennen gelernt. Und dann, als Du die Schule hinter Dir gelassen hattest, war er für eine kurze, stürmische und letztlich unglückliche Zeit der Mann gewesen, für den Du um ein Haar alles aufgegeben hättest, vor allem Dich selbst. Glücklicherweise hattest Du noch rechtzeitig bemerkt, dass diese Beziehung in die falsche Richtung gegangen war. Er hätte Dich nicht nur zu einem Hausweibchen gemacht, er hätte Dich mit größter Wahrscheinlichkeit auch früher oder später betrogen, davon warst Du damals überzeugt und das glaubst Du auch noch heute.
Robert hatte Dich als Mädchen dafür geliebt, dass Du ihn angehimmelt hattest – wofür es durchaus gute Gründe gegeben hatte. Denn er war ein interessanter und gutaussehender Mann gewesen. Nur leider hatte es sein Ego nicht vertragen, dass Du relativ schnell der blinden Schwärmerei entwachsen warst. Das war der Anfang des Endes gewesen.
Nun, nach etwas über zwanzig Jahren, ist er wieder da und dank Deiner kleinen Schwester von “Robert” zu “Robse” mutiert. Sein Gesicht ist um diverse Falten reicher, sein Haar ergraut. Er sieht immer noch gut aus, wie Du anlässlich der Trauung feststellen konntest. Trotzdem könnte er Mimis Vater sein. Aber das stört sie nicht.
„Menschen ändern sich“, hatte Mimi gesagt. Und seltsamerweise auch Robert, in exakt gleichem Wortlaut. Das war noch vor der Trauung gewesen, unmittelbar davor, in einem unbeobachteten Moment.
Trotzdem ist es ein Konzept, an das Du nicht glaubst, zumindest nicht in diesem Fall. Gut und schön, Menschen mögen sich ändern können. Die meisten von ihnen. Oder sogar fast alle, ja, vielleicht wirklich alle bis auf diesen einen: Robert.
Das mit Deiner Schwester zu diskutieren, war sinnlos. Sie befand sich in jenem Zustand voranschreitender Verblödung, der allgemein als „Verliebtheit“ bekannt ist. Abgesehen davon hatte Mimi ungefähr so viel Menschenkenntnis wie ein durchschnittlicher Fußballspieler Ahnung von Strickmusterbögen.
Was sich für Dich eindeutig dadurch bewiesen hatte, dass nichts, was Du ihr gesagt hattest, sie hatte stören oder gar von ihrem Plan abhalten können. Du hattest Dich immerhin ihrem Antrag entziehen können, Trauzeuge zu werden. Das war aber auch schon alles.
Wie hatte es so weit kommen können? Warum musste Deine Schwester auch Lehrerin werden? Damit hatte vermutlich das Unglück begonnen, das sie nun in ihrer kindlichen Verblendung für die größte Chance ihres Lebens hielt.
Als sie dann schließlich an die Schule versetzt worden war, an der auch Robert unterrichtete, hatte das Schicksal seinen Lauf genommen.
“Bist Du mir böse?” hatte er Dich nach der Trauung in einem weiteren Moment fern der Zeremonie und ihrer Gäste gefragt. Tatsächlich war es Dir gelungen, huldvoll zu lächeln, als Du antwortetest: “Nein. Wieso sollte ich denn?”
Und es stimmt: Du bist ihm nicht böse. Du hasst ihn, Du möchtest ihm mindestens eine schöne, sehr cremige Torte ins Gesicht klatschen, aber böse bist Du ihm nicht.
Das mit dem Backwerk als Anti-Faltenmaske ist zwar ein netter Gedanke, doch erstens kommt er zu spät, zweitens ist er nicht wirklich realisierbar. Und tatsächlich hast Du etwas ganz anderes im Sinn. Deshalb hast Du sie beide, Mimi und ihren “Robse”, zu Dir zum Essen eingeladen.
Du erinnerst Dich noch sehr gut an Deine Zeit mit Robert und an die vielen kleinen Unverträglichkeiten, mit denen er Dich genervt und damit einen ersten ernsten Schatten auf Deine Begeisterung für ihn geworfen hatte.
Also hast Du beschlossen, ein leckeres Gulasch für Deine Schwester und den frischgebackenen Ehemann zuzubereiten. Mit einer gehörigen Portion frischen Paprikas … roter und grüner und gelber, fein geschnitten und bis zur Unkenntlichkeit verkocht. Denn frischen Paprika verträgt Roberts höchst empfindlicher Magen nun leider überhaupt nicht. Aus welchen kuriosen Gründen auch immer ist jede Dareichungsform dieses würzigen Gemüses außerhalb des handelsüblichen Pulvers für ihn pures Gift. Es bringt ihn natürlich nicht um. Aber es bereitet ihm alles andere als Freude.
Du findest es nur fair, ihm auf diese Weise etwas von dem zurückzugeben, was er Dir damals zugemutet hat. Du nennst es nicht “Rache” sondern “verspätete Gerechtigkeit”. Und Du singst stillvergnügt in Deiner Küche vor Dich hin, während Du alles zubereitest.
Dann sind die beiden da. Mimi hängt erst an seinem Arm, dann – im metaphorischen Sinne – an seinen Lippen. Du fragst Dich, ob Du Dich wohl auch so aufgeführt hast, als ihr noch zusammen wart.
Überraschenderweise erscheint Dir Robert nun wirklich verändert, ruhiger, vielleicht sogar weniger selbstverliebt als früher. Aber das kann eigentlich nur Deine Einbildung sein. Jemand wie er ändert sich nicht. Er passt sich bestenfalls an.
Doch kurz darauf musst Du erkennen, dass wohl selbst ein Mann wie Robert zu bestimmten Veränderungen in der Lage und durchaus lernfähig ist. Denn es geschieht nichts von dem, womit Du gerechnet hast. Dein Gulasch ist gut und wird gelobt, wenn auch alle inklusive Dir selbst feststellen, dass es wirklich extrem scharf geraten ist. In der Tat ist es so scharf, dass Dir fast die Luft wegbleibt und Du Dich plötzlich gar nicht mehr wohl fühlst. Also entschuldigst Du Dich und hoffst, noch rechtzeitig die Toilette zu erreichen.
Während Du die Serviette beiseitelegst und aufstehst, hörst Du Robert mitfühlend sagen: “Ich kenne das nur zu gut. Ich habe Gulasch immer geliebt, aber ich vertrage ja leider keinen frischen Paprika. Zum Glück habe ich dieses wunderbare Medikament gefunden und wenn ich es vor dem Essen nehme, ist alles in Ordnung ...”
Dann bist Du aus der Tür und Dir entgeht, wie er zu Mimi sagt: “Früher hatte sie diese Probleme nie. Hätte ich das geahnt, hätte ich ihr doch eine von meinen Pillen abgegeben.”
Text von Herbert Jost-Hof
Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgen hier nun zwei Rezepte, eines davon vegetarisch.
Rindergulasch
Rezept für 4 Portionen
Zutaten
1 kg Gulasch, vom Rind
800 g Zwiebel(n)
150 ml Wein, rot
2 Paprikaschote(n), rot
2 kl. Dose/n Tomate(n) oder 1 große Dose
Tomatenmark
Brühe
Schmand oder Cremefine
Butterschmalz
Salz und Pfeffer
Tomatenketchup
3 Zehe/n Knoblauch
Paprikapulver, edelsüß
Zubereitung:
Das Gulaschfleisch in entsprechende Würfel schneiden und in Butterschmalz sehr scharf anbraten. Mit Salz, Pfeffer und edelsüßem Paprika würzen. Die Zwiebeln schälen und in kleine Würfel schneiden und mit anbraten. Mit Rotwein ablöschen (150 ml waren geschätzt - sollte jeder nach Gusto machen).
Den Paprika klein schneiden (geht auch welcher aus dem Glas...) und zugeben. Anschließend den Knoblauch durchpressen, die Tomaten aus den Dosen zerkleinern und beides hinzufügen. Dann soviel Brühe hinzugeben, das alles gut bedeckt ist. 1/2 Std. köcheln lassen.
Reichlich Tomatenmark und Ketchup hinzugeben. Etwa insgesamt 2 Std. kochen lassen, wobei zwischendurch immer umgerührt werden muss und ggf. Flüssigkeit hinzugefügt werden sollte.
Am Schluss mit Cremefine oder Schmand (Creme fraiche) verfeinern.
Dazu schmecken Spätzle oder Nudeln meiner Meinung nach am Besten.
Arbeitszeit: ca. 45 Min.
Gulasch mit Seitan
Rezept für 4 Portionen
Zutaten
1 kg Seitan (Ein Rezept zum selber machen findet man hier)
2 Zwiebel(n)
2 Paprikaschote(n), ( rot und grün)
3 Karotte(n)
1 Dose Tomate(n), gestückelte
4 Zehe/n Knoblauch
2 EL Gemüsebrühe, instant
1/2 Liter Wasser
1 kleine Chilischote(n)
Meersalz und schwarzer Pfeffer
Paprikapulver
Zubereitung:
Zwiebeln und Knoblauch würfeln und die Paprika und die Karotten in kleine Würfel schneiden.
Öl erhitzen und den Seitan darin kräftig anbraten. Zwiebeln dazugeben. Wenn die Zwiebeln glasig sind, die Paprikawürfel und Knoblauch hinzugeben. Mit Salz, Pfeffer, Paprikapulver würzen. Danach die Dose Tomaten hinzugeben.
Gemüsebrühe in einem halben Liter Wasser auflösen und ebenfalls hinzugeben. Alles gut aufkochen lassen und gut umrühren. Solange köcheln, bis das Gemüse bissfest ist.
Arbeitszeit: ca. 20 Min.
Diese Ausgabe unserer Kolumne wurde speziell verfasst für die Live-Lesung anlässlich des Benefiz-Events zur Premiere des Films „Rindergulasch und der rosarote Cadillac“ am 2. Oktober 2013 in Oberschwappach.
Mehr dazu demnächst in der nächsten Ausgabe unseres Magazins „Jost oder nie!“ hier bei ExtremNews!