Biogemüse einen guten Start ins Feldleben geben
Archivmeldung vom 26.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Anlagen für die häufigsten von Bakterien und Pilzen hervorgerufenen Gemüsekrankheiten schlummern oft versteckt im Saatgut. Deshalb ist es üblich, das Saatgut vorbeugend chemisch zu behandeln, ein Vorgang der als Beizen bezeichnet wird. Seit 2004 darf im ökologischen Anbau jedoch nur noch ökologisch produziertes Saatgut eingesetzt werden, die chemische Beizung darf nicht mehr zum Einsatz kommen.
Das stellt Saatgutproduzenten vor neue Herausforderungen. Es gilt Alternativen
zu finden. Da im Ökogemüseanbau ohnehin nur sehr wenige Mittel zur Bekämpfung
von Krankheiten zur Verfügung stehen, ist die hohe Qualität der Samen ein
entscheidender Faktor. Im EU-Projekt "STOVE", das von der Biologischen
Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) koordiniert wurde, sind in den
vergangenen drei Jahren alternative Saatgutbehandlungsmethoden getestet worden.
Die ermutigenden Ergebnisse der Gewächshaus- und Feldversuche haben die
Projektpartner aus sechs Ländern kürzlich auf einem Abschlussworkshop in
Darmstadt vorgestellt.
"Es ist uns gelungen, in allen untersuchten
Erregersystemen alternative Behandlungsmethoden zu identifizieren, die ähnlich
effizient wirken wie die chemische Behandlung", so das Fazit von Dr. Eckhard
Koch vom Institut für Biologischen Pflanzenschutz der BBA. "So konnten wir
beispielsweise die wichtigsten pilzlichen Erreger bei Möhre, Petersilie und
Feldsalat (siehe Liste unten) ausschalten und so die Zahl der infizierten
Pflanzen deutlich senken. Bei den Bakterienkrankheiten stellt sich die Situation
etwas schwieriger dar", berichtet seine Kollegin Dr. Annegret
Schmitt.
Die besten Ergebnisse konnten laut dem Koordinatoren-Duo aus
Darmstadt mit physikalischen Verfahren, wie der Feuchtheißluft, der
Heißwasserbehandlung bzw. mit der Elektronenbeizung erreicht werden. Bei
letzterem Verfahren dringen Elektronen gleichmäßig an allen Stellen des Samens
in die äußere Schale ein. Durch die damit angeregten physikalischen, chemischen
und biologischen Prozesse werden die Krankheitserreger, die auf bzw. unmittelbar
unter der Samenschale leben, abgetötet. "Bei diesen Verfahren ist es jedoch
wichtig, dass die Parameter wie Luftfeuchte, Temperatur oder
Elektronenintensitäten für die speziellen Kulturen einzeln optimiert sein
müssen", berichtet Dr. Koch.
Als nicht ganz so effektiv erwies sich unter
den Versuchsbedingungen die Behandlung mit biologischen Mitteln. Dazu gehören
Mittel auf der Basis von Naturstoffen (Thymianöl) und antagonistischen
Mikroorganismen. Allerdings, gibt Dr. Schmitt zu bedenken, "wurden sehr stark
infizierte Samenchargen eingesetzt, wie sie so niemals eine Saatgutfirma
vertreiben würde." Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass die "sanfte" Biologie
unter normalen Bedingungen durchaus zum Schutz der Pflanze beiträgt. "Bei Möhre
haben wir mit einer Kombination von biologischem Mittel mit physikalischer
Behandlung bessere Erfolge erzielt, als mit der jeweiligen Einzelbehandlung",
berichtet die BBA-Wissenschaftlerin. Es könnte sich also durchaus als
vorteilhaft erweisen, wenn zugunsten der Vitalität der Samen (denn die Samen
werden durch Heißwasserdampfbehandlung durchaus gestresst) ein physikalisches
Verfahren niedriger Intensität eingesetzt wird und zusätzlich die biologische
Behandlung erfolgt. "Letzteres könnte sogar helfen, die Pflanze zusätzlich vor
bodenbürtigen Pathogenen zu schützen", erklärt Annegret Schmitt.
"Insgesamt sind die Resultate sehr ermutigend und dürften nicht nur für
Biobauern interessant sein", wagt Koch eine Prognose. Das STOVE-Projekt habe
gezeigt, dass für die meisten samenbürtigen Gemüsekrankheiten effektive
nicht-chemische Methoden der Samenbehandlung existieren, die zum Teil sogar
schon in der Praxis angewendet werden können. Die Einzel-Ergebnisse für die
Möhrenschwärze, Schwarzfäule der Möhre und Phoma in Feldsalat werden im Rahmen
der 55. Deutschen Pflanzenschutztagung vom 25.-28. September in Göttingen
vorgestellt.
Hintergrundinformation zum STOVE-Projekt:
STOVE
steht für "Seed Treatments for Organic Vegetable Production". Die Projektpartner
aus Deutschland, Schweden, den Niederlanden, Italien und Großbritannien haben
insgesamt sechs verschiedenen Gemüsekulturen (Möhren, Kohl, Feldsalat, Erbsen,
Bohnen, Petersilie) und ihre wichtigsten Erreger untersucht.
Die
Wirt-Erregersysteme waren:
Altenaria dauci/radicina und Xanthomonas hortorum
an Möhren
Alternaria brassicicola und campestris an Kohl
Colletotrichum
lindemuthianum an Bohnen
Ascochyta pisi an Erbsen
Phoma valerianellae an
Feldsalat
Septoria petroselini in Petersilie
(Blattfleckenkrankheit)
Auf dem Prüfstand standen neben den drei physikalischen Methoden, Elektronenbeizung, Heißwasserbehandlung und Feucht-Heißluftbehandlung auch biologische Mittel auf der Basis von Mikroorganismen, Pflanzenextrakten sowie handelsübliche Pflanzenstärkungsmittel. Als Kontrolle wurde jeweils eine chemisch behandelte Samencharge (Thiram) mitgeführt. Weitere Infos im Internet unter: http://www.stove-project.net/
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.