Novel Food: Neue Regelungen im Anmarsch
Archivmeldung vom 27.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNoni-Saft hat es geschafft, Arganöl ebenfalls und bei den Phytosterinen scheint es schon fast von alleine zu gehen. Arakacha, ein kartoffelähnliches Wurzelgemüse aus Südamerika hingegen wartet noch, während Stevia-Kraut bereits einen zweiten Anlauf macht.
Die Rede ist von einer Zulassung als Novel Food. Seit 1997 muss für Lebensmittel, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht in nennenswerten Mengen in Europa verzehrt wurden, bewiesen werden, dass sie die Gesundheit nicht schädigen. Erst dann dürfen sie auf den europäischen Markt. Das bestimmt die Novel Food-Verordnung.
Mittlerweile wurden rund 35 solcher neuartigen Lebensmittel von der Europäischen Kommission genehmigt. 170 weitere sind als Novel Food notifiziert, das heißt sie sind geprüften Produkten so ähnlich, dass sie ebenfalls als sicher gelten. Händler und Hersteller sind von der Novel Food-Verordnung nicht gerade begeistert, denn das Zulassungsverfahren ist zeitaufwändig, bürokratisch und teuer. Dass die Zulassung zu lange dauert, meint auch die Europäische Kommission. Eine vollständige Überarbeitung der Novel Food-Verordnung soll das Verfahren daher vereinfachen. Vor allem für traditionelle Lebensmittel aus Drittländern, deren Verwendungsgeschichte belegt, dass ihr Verzehr nicht gesundheitsschädlich ist, wird eine leichtere Zulassung erwartet. Bisher liegen die neuen Regelungen aber erst im Entwurf vor, praktische Bedeutung werden sie frühestens im Jahr 2010 erlangen.
Für Stevia zum Beispiel gelten daher noch die alten Bestimmungen. Das südamerikanische Kraut beschäftigt seit Jahren die Gemüter: 300 Mal so süß wie Zucker schmeckt der Extrakt aus den Blättern. Im Gegensatz zu Zucker hat er aber weder Nährwert, noch fördert er Karies. Was Stevia-Freunde gerne als Vorteil gegenüber synthetischen Süßstoffen sehen, ist gleichzeitig das Problem: seine natürliche Herkunft. Naturprodukte können sehr unterschiedlich zusammengesetzt sein, ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit lässt sich daher oft nicht eindeutig feststellen. Und was nicht eindeutig sicher ist, darf nicht auf den Markt. So auch bei Stevia. Ein erster Zulassungsantrag scheiterte im Jahr 2000, ein zweiter liegt der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zur wissenschaftlichen Bewertung vor.
Die Schweiz gab im Jahr 2008 grünes Licht für Stevia. Allerdings auch nur bedingt: Das Gesundheitsamt erteilte Einzelgenehmigungen für drei Erfrischungsgetränke, die mit Stevia-Extrakten gesüßt sind. In Kräutertees darf außerdem bis zu zwei Prozent Stevia-Kraut enthalten sein. Der Verkauf von reinem Stevia-Kraut ist in der Schweiz wie hierzulande verboten. Ob die Schweizer Bewertung die Europäische Kommission beeinflusst und von der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Stevia überzeugt, bleibt abzuwarten. Klar ist hingegen, Stevia darf zurzeit auf dem europäischen Markt als Lebensmittel weder beworben noch vertrieben werden.
Quelle: aid, Dr. Christina Rempe