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Liebe geht DOCH durch den Magen: Märchenstunde

Archivmeldung vom 23.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grafik: Herbert Jost-Hof
Grafik: Herbert Jost-Hof

Beziehungen funktionieren im richtigen Leben irgendwie anders als im Märchen … was möglicherweise einfach daran liegt, dass es hier und heute keine Drachen mehr gibt, die man erschlagen könnte, wenn man einer Frau seine Liebe beweisen möchte.

Es war einmal eine junge Dame von großer Schönheit. Sie lebte in einer mittelgroßen Stadt, wo sie ein mittelgroßes Apartment bewohnte und ein mittelgroßes Auto fuhr, da sie auch das ihr Eigen nannte, was man als ein mittleres Einkommen bezeichnet.

Diese junge Dame war nicht nur außergewöhnlich schön, sie war auch klug und witzig und nur ein ganz klein wenig versnobt, weshalb es der mutigen Recken viele gab, die ihr Avancen machten, darunter ein Arzt, ein Steuerberater, ein Fitnesstrainer und ein Hersteller von Raumbeduftern in Form von Indoor-Gartenzwergen, die wahlweise nach Vanille, Orange oder Lavendel rochen.

Trotz der stattlichen Anzahl mindestens ebenso stattlicher Anwärter um ihre Gunst war die schöne junge Dame nur an einem einzigen Mann interessiert, einem Friseur, den sie bei einer Laufgruppe kennengelernt hatte und in dessen Knie (speziell das linke) sie sich bereits beim ersten Mal, als sie ihn in kurzen Hosen sah, aufs Unsterblichste verliebt hatte. Der so vom Glück gesegnete Figaro wiederum liebte auch die junge Dame über alles … und eigentlich hätten sie daher an dieser Stelle ja nun wirklich für den Rest ihres Lebens freudig für einander da sein und miteinander alt werden können.
Aber dann wäre meine Kolumne nach einer knappen halben Seite schon fertig und das geht nun wirklich nicht.

So kam es denn, dass trotz all der innigen Liebe, die die beiden zueinander empfanden (und sie liebten einander tatsächlich), ihr gemeinsames Dasein von den rosa und himmelblauen Höhen frischen Verliebtseins langsam und unmerklich in die grauen Niederungen mittelmäßigen Alltagslebens rutschte.
Es dauerte eine Weile, bis sie es bemerkten und als sie dessen gewahr wurden, geschah dies zunächst eher unbewusst. Plötzlich waren gemeinsame Abende ermüdender als zuvor, Dinge, die man stets begeistert geteilt hatte, wurden fad und die entdeckungsfreudige Leidenschaft wurde allmählich zu vorhersehbarer Routine.
Alles fühlte sich nicht mehr so an wie früher. Beide registrierten das, doch beide verschlossen zunächst die Augen vor dieser Erkenntnis.

Dann kam die Phase, in der sie beide versuchten, dieses Gefühl durch Äußerlichkeiten zu überwinden. Gemeinsame Reisen in ferne Länder und andere Unternehmungen konnten aber auch nicht lange die Illusion aufrechterhalten, es sei eigentlich noch alles in Ordnung.

Beide litten unter der Einsicht der Veränderung, deren Ursache sie nicht verstanden. Aber anstatt darüber zu sprechen und gemeinsam zu ergründen, was anders geworden war und warum, versuchten sie, das, was sich ihnen als Rätsel darstellte, zunächst für sich zu lösen, um die jeweils Andere bzw. den Anderen nicht zu verletzen oder traurig zu machen.

Dummerweise gehen solche Gedanken recht schnell in eine andere Richtung, dann wird nicht mehr nach Gründen gefragt, sondern es werden Schuldige gesucht. Wenn dieser Punkt erreicht ist, verändert sich die Wahrnehmung und mit einem Mal glaubt man an der anderen Person eindeutig Fehler festzustellen, die einem früher nicht aufgefallen sind. - Natürlich. Denn die Schuld liegt immer und ausschließlich beim Anderen und es geht nur noch darum, sie benennen und mit Indizien belegen zu können.

Ab da ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis irgendeine idiotische Kleinigkeit den großen Knall verursacht und dann werden plötzlich all diese Schuldzuweisungen und -beweise ausgepackt und einander vorgeworfen wie alte Lumpen. Dabei kommt es gar nicht wirklich darauf an, was konkret gesagt wird. Allein die Tatsache, dass es in dieser Form vorgetragen wird, in der es aus den Beteiligten herausbricht, bedeutet schon Verletzungen auf beiden Seiten. Denn große Gefühle erzeugen große, teilweise sogar übergroße Erwartungen an das Denken und Tun des geliebten Menschen, die dann in einer solchen Situation auf alle Fälle enttäuscht werden müssen.

In einem Märchen ist dies der Moment, indem die Dame schließlich einen Liebesbeweis fordert, um ihre aufgekommenen Zweifel zu zerstreuen. Sie sagt dann so etwas wie „Bring mir den Kopf des Drachen Zympelfrizz“, woraufhin ihr Galan seine Rüstung anlegt, sein Pferd sattelt und sich zur Drachenhöhle aufmacht.
Unnötig zu erwähnen, dass er dort das Untier komplett vermöbelt und ihm zum guten Schluss den Kopf abschlägt, um seiner Dame einen Gefallen zu tun.
Das ist dann eine wirklich heldenhafte Tat, bei der er sein Leben riskiert, um ihr zu beweisen, wie sehr er sie noch immer liebt – denn wenn sie ihm das nicht glaubt, dann ist sein Leben eh nichts mehr wert und so weiter.

Außerhalb eines Märchens ist das alles schon etwas schwieriger und meist braucht der Ritter in rostroter Rüstung auch ein wenig mehr Phantasie.
Unser Friseur zum Beispiel war nach dem großen Streit ebenso untröstlich wie die von ihm noch immer geliebte schöne Dame und er selbst kam auf die Idee, ihr das irgendwie beweisen zu wollen.
Und hatte sie ihm nicht unter anderem vorgeworfen, ihr nicht mehr zuzuhören und sich überhaupt nicht mehr um ihre Bedürfnisse zu kümmern?

Doch er HÖRTE ihr zu, immer noch, denn er liebte ihre Stimme so wie alles andere an ihr, auch wenn er an ihren Klang seit langem gewöhnt war. So erinnerte er sich gut, dass sie ihm vor langer Zeit einmal davon erzählt hatte, wie sie als Kind einen Kuchen mit wilden Heidelbeeren bei ihrer Tante gegessen hatte und dass sie immer wieder darüber nachdachte, selbst einmal zu versuchen, einen solchen Kuchen zu backen. Wenn sie nur wüsste, woher sie die Heidelbeeren bekommen könnte, denn die wachsen ja nun nicht einfach so überall.

Also nutzte der Liebende die Gelegenheit, die ihm gegeben war, da er ohnehin aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgesperrt und aufs Sofa verbannt war, um sich mit Hilfe des Laptops seiner Partnerin Informationen darüber zu besorgen, wo man solche Beeren denn bekommen kann. Im Märchen würden sie natürlich tief in einer Drachenhöhle wachsen. Aber wir haben ja das Reich der Phantasie verlassen – und in der Realität sind die kleinen Biester tatsächlich schwierig zu finden. Zumindest außerhalb von gut sortierten Geschäften, wo man sie fix und fertig in Gläsern erstehen kann … und das sogar in höchst gesunder Bioqualität.

Ja, ja, ich weiß: Das klingt nicht wie das Äquivalent eines Kampfs mit dem Drachen. Nur, gebe ich zu bedenken, dass wir erstens eben nicht im Märchen sind und es zweitens in dieser Kolumne um Speisen und Getränke geht. Und ein abgeschlagener Drachenkopf … Ich bitte Sie! Was wollen Sie denn damit? Ihn zu Drachensülze verarbeiten? - Na also.

Überhaupt habe ich vergessen zu erwähnen, dass unser Friseur zu den wenigen Dinosauriern gehört (was fast so gut wie ein Drache ist, wenn Sie denn auf dessen Vorkommen in meiner Geschichte bestehen), die nicht geübt sind im Umgang mit Computern. Daher ist sein Einsatz an der Tastatur fast so gut wie ein Kampf mit einem Ungetüm und kostet ihn die ganze Nacht.

Am nächsten Tag geht er also (nach Einnahme von circa 1.000 Einheiten Koffein) los und besorgt die Heidelbeeren und überhaupt alles, was man benötigt, um sie in einen leckeren Kuchen zu backen. Das alles legt er in der Küche zurecht und dazu einen Brief, indem er ihr erklärt, dass er ihr sehr wohl und immer zuhört und dass er sie noch immer liebt und dass er hofft, dass sie ihm vergibt und einen wundervollen Heidelbeerkuchen backt und dass er, wenn sie ihm vergibt, ja auch gern ein Stück hätte und dann könnten sie doch in aller Ruhe reden über all die Dinge, die sie gesagt haben und nicht hätten sagen sollen und über alles, was sie stattdessen bereden sollten. Er hätte ja für sie den Kuchen gebacken, schreibt er, aber das kann sie doch besser … wie so viele andere Dinge, für die er sie liebt und bewundert … und es folgt eine lange Aufzählung.

Nun überlasse ich es Ihnen, ob sie an ein Happy-End glauben.

Gut, ich gebe zu, so ganz haben wir doch das Reich der Märchen nicht verlassen. Denn natürlich ist es höchst unrealistisch, dass dieser Mann wirklich keine Ahnung von Computern hat. Sehr viel wahrscheinlicher ist sogar, dass er ein Smartphone mit einer Obst-App hat, die ihm in Nullkommanichts mit detaillierter Entfernungsangabe den Weg zum nächsten Glas Heidelbeeren weist.
Aber, ganz unter uns: Ist das noch romantisch?

Text von Herbert Jost-Hof

Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgen hier nun zwei Rezepte, eines davon vegan.

Blaubeerkuchen

Rezept für 1 Portion
Zutaten:

500 g Heidelbeeren
80 g Butter, oder Margarine für die Form
400 g Vollkornmehl
1 Pck. Backpulver
1 Prise Meersalz
1 Pck. Vanillezucker
200 g Rohrohrzucker
300 ml Buttermilch
3 Ei(er)
etwas Fett

Zubereitung:

Die Blaubeeren waschen, verlesen und dann abtropfen lassen.

Das Fett zerlassen und anschließend etwas abkühlen lassen.

Mehl mit Backpuler, Salz, Vanillezucker und 100 g Zucker vermischen. Buttermilch mit den Eiern verquirlen und langsam zur Mehl-Zucker-Mischung gießen. Alles mit dem Schneebesen des Handrührgerätes zu einem glatten Teig verrühren. Zum Schluss die zerlassene Butter unterrühren.

Eine 30 cm Pie-Form fetten, den Teig hineingeben, glatt streichen. Blaubeeren darauf verteilen, mit dem restlichen Zucker (100 g) bestreuen.

Im vorgeheizten Backofen (200 Grad) ca. 30 Minuten backen, bis es schön gebräunt ist. Auskühlen lassen.

Arbeitszeit: ca. 20 Min.

vegane Blaubeermuffins

Rezept für 1 Portion
Zutaten:

250 g Vollkornmehl
50 g Dinkelmehl
50 g Rohrohrzucker
2 TL Natron
2 TL Backpulver
1 TL, gestr. Steinsalz
200 g Heidelbeeren
150 ml Sojamilch
100 ml Dicksaft (Agavendicksaft)
50 g Margarine, vegane
2 TL, gehäuft Kokosraspel

Zubereitung:

Die Margarine zerlassen, Sojamilch und Agavendicksaft dazugeben. Mit 250 g Mehl, 50 g Dinkelmehl, 50 g Rohrohrzucker, 2 TL Backpulver, 2 TL Natron und 1 gestr.TL Steinsalz mit dem Handrührgerät mischen.

Die Heidelbeeren vorsichtig unterheben. Den Teig in die Förmchen füllen.

Bei 170°C ca. 15 Min. backen.

Arbeitszeit: ca. 10 Min.

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