Prozess um Cholesterinsenker Urteil nach foodwatch-Klage soll erst am 5. Oktober 2012 fallen
Archivmeldung vom 17.08.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Prozess um Hinweise auf Nebenwirkungen der cholesterinsenkenden Margarine Becel pro.activ hat Hersteller Unilever vor Gericht bestätigt, dass die dem Produkt zugesetzten Pflanzensterine zu Ablagerungen in Gefäßen führen. Das Landgericht Hamburg forderte den Konzern am Freitag auf, eine schriftliche Erklärung dazu nachzureichen. Ein Urteil in dem von der Verbraucherorganisation foodwatch angestrengten Verfahren soll am 5. Oktober verkündet werden (Az 324 O 64/12). foodwatch hatte dem Konzern vorgeworfen, Hinweise auf Nebenwirkungen von Becel pro.activ zu leugnen.
Unilever hatte unter Verwendung von Zitaten eines Wissenschaftlers behauptet, es gebe bei Becel pro.activ "aus wissenschaftlicher Sicht keinen Hinweis" auf Nebenwirkungen. Tatsächlich hat eine Reihe wissenschaftlicher Studien jedoch den Verdacht erhärtet, dass die der Margarine zugesetzten Pflanzensterine das verursachen, was sie eigentlich verhindern sollen: Ablagerungen in den Gefäßen und damit ein erhöhtes Risiko auf Herzkrankheiten. Zuletzt hatte auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aufgrund der Fülle an neuen Studien gefordert, dass die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA eine Neubewertung von Produkten mit Pflanzensterinen vornehmen soll. foodwatch hatte gegen die Leugnung der Hinweise auf Nebenwirkungen durch die Aussagen Unilevers Klage eingereicht.
Die Vorsitzende Richterin bezeichnete den Konflikt als "Grenzfall". Die Kammer bewertete die von Unilever verbreitete Aussage vorläufig als bloße Meinungsäußerung, womit es nicht zu der von foodwatch erhofften Überprüfung ihres Wahrheitsgehaltes kommen würde. Allerdings warfen die Richter Fragen auf, inwieweit selbst Unilever von vorliegenden Hinweisen auf Nebenwirkungen ausgehe. In den Fokus rückte eine Aussage des Unilever-Becel-pro.activ-Produktmanagers Arne Kirchem in einem "Spiegel TV"-Beitrag vom 1. April 2012. Dieser sagte vor laufender Kamera: "Die Pflanzensterine, die im Körper verbleiben, werden ähnlich wie das Cholesterin, wahrscheinlich auch in Gefäßwänden abgelagert werden." Dies bestätigte der Rechtsvertreter heute von Unilever in der mündlichen Verhandlung. Er vertrat jedoch - anders als foodwatch - die Auffassung, dass diese Ablagerungen keine gesundheitlichen Folgen hätten.
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens forderte foodwatch Unilever auf, die cholesterinsenkende Margarine nicht mehr frei verkäuflich, sondern nur noch auf Rezept in der Apotheke anzubieten. "Becel pro.activ ist wie ein Medikament, mit dem Menschen unkontrolliert an ihren Blutwerten herumdoktern - das hat im Supermarkt nichts verloren", so foodwatch-Klageführer Oliver Huizinga. "Würde Unilever nicht nur auf den Umsatz schauen, sondern auf die Gesundheit seiner Kunden, würde der Konzern für ein potenziell riskantes Produkt ein arzneimittelrechtliches Zulassungsverfahren durchlaufen und sicherstellen, dass der Verzehr nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgt."
Unilever optimistisch: Landgericht Hamburg neigt zur Abweisung der Klage von Foodwatch
In der heutigen mündlichen Verhandlung hat das Landgericht Hamburg erkennen lassen, dass es dazu neigt, die Klage von Foodwatch abzuweisen. Das Unternehmen dürfte damit auch in Zukunft die Aussage des international renommierten Wissenschaftlers auf dem Gebiet des Cholesterins, Prof. Klör, zu dem Produkt Becel pro.activ verwenden. Prof. Klör hatte in einen Statement festgestellt, dass aus wissenschaftlicher Sicht für den Verzehr von Pflanzensterin-angereicherten Produkten keine Hinweise auf Nebenwirkungen vorliegen. Pflanzensterin-angereicherte Produkte wie Becel pro.activ sind daher ein gutes Konzept, um den Cholesterinspiegel zu senken und damit einen Beitrag zu leisten, einen Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen zu reduzieren. Das Gericht bat lediglich noch um eine kurze Erläuterung von Stoffwechselprozessen im Zusammenhang mit Pflanzensterinen. Mit diesem Verfahren versucht die sogenannte Verbraucherorganisation Foodwatch, Unilever die Verwendung der Aussage des Experten verbieten zu lassen - nach eigenen Angaben nicht unwesentlich auch aus dem Grund, um mediale Aufmerksamkeit zu generieren. Unilever kritisiert, dass Foodwatch hier offensichtlich versucht, die Gerichte für ihre PR-Arbeit zu instrumentalisieren und eine unnötige Verbraucherverunsicherung weiter schürt.
"Mit dem bisherigen Verlauf des Verfahrens sind wir sehr zufrieden. Wir sind zuversichtlich, dass durch eine baldige positive Entscheidung in unserem Sinne die Verunsicherung der Verbraucher ein Ende nimmt", sagt Arne Kirchem, Manager Becel pro.activ. Ein Urteil des Gerichts wird für den 05. Oktober 2012 erwartet.
Quelle: foodwatch e.V. / Unilever (ots)