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Liebe geht DOCH durch den Magen: Alle Jahre wieder

Archivmeldung vom 13.12.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.12.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grafik: Herbert Jost-Hof
Grafik: Herbert Jost-Hof

Manche Menschen glauben, man müsste für alles einen Grund haben – und staunen dann irgendwann darüber, wie viele gute Gründe es für alles gibt, zum Beispiel für einen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt.

Zu all den vielen Gewohnheiten, die sich so in ein Menschenleben einschleichen, gehören auch solche, über deren Sinn sich streiten lässt. Jeder kennt sie, jeder hat sie irgendwo. Das sind dann nicht selten die kleineren oder größeren Inkonsequenzen, die man mit sich herumschleppt und die letzten Endes irgendwie nur dazu gut sind, einen davon abzuhalten, wirklich perfekt zu sein.

In Deinem Fall sind es die Besuche des Weihnachtsmarkts Eurer Stadt. Eigentlich – und solche Bekenntnisse zur Inkonsequenz fangen IMMER mit diesem Wort an – ja, eigentlich bist Du keiner von diesen Menschen, die sich von der verschworenen Räuberbande der Geschäftsleute und anderen Konsumterroristen irgendwelche Stimmungen aufzwingen lassen.
Diese gesamte Weihnachtssache ist doch nur noch Kommerz, angefangen mit den immer früher in den Geschäften auftauchenden Weihnachtsdekorationen und Lebkuchen und noch lange nicht geendet mit den zipfelmützigen Werbespots des Fernsehens, den übergroßen leuchtenden Kinderaugen auf Flachbildschirmen, die beim Anblick von Schokoladennikoläusen zu strahlen beginnen und den gefühlten zwölftausend völlig sinnfreien Werbefilmchen für alle Arten von Parfüms, Rasierwassern und anderen Dingen, die man für teuer Geld in Drogeriemärkten kaufen und sich selbst gleich vor Ort in Geschenkpapier einwickeln kann.
Nein, das ist schrecklich und schändlich und wirkt sich gleichermaßen verklärend wie destruktiv auf Deine Erinnerungen an andere Zeiten aus, in denen alles, da bist Du ganz sicher, anders war, ganz anders und überhaupt viel besser.

In den Kreis all dieser Zumutungen gehören dann eben auch Weihnachtsmärkte mit ihrer permanenten Weihnachtsliedbeschallung und ihren erstickenden Odeurs aus Mischungen von gebrannten Mandeln, Bratwurst und Glühwein.
Trotzdem gehst Du in jedem Jahr wieder hin. Nur um zu sehen, ob es immer noch so schlimm ist … sagst Du zu Dir selbst, da Dir keine dümmere Entschuldigung einfällt.

So führt Dich Dein Weg nun auch in diesem Jahr genau wieder dorthin. Nicht, dass Du schon jemals irgendetwas Sinnvolles dort entdeckt hättest … oder auch nur etwas komplett Unsinniges, das es wert gewesen wäre, erstanden und verschenkt zu werden. Es ist irgendein tief in Dir verankerter innerer Drang hinter dieser Tat und vermutlich könntest Du einen Therapeuten für lange Zeit damit glücklich machen und ihm einen Teil seiner Miete finanzieren, wolltest Du den Ursachen auf den Grund gehen. Willst Du aber nicht. Schon allein deswegen nicht, weil Du der festen Überzeugung bist, dass Therapeuten eh alle einen an der Klatsche und daher einem so normalen Menschen wie Dir nichts zu sagen haben. Aber was ist schon normal? Oder wer?

Zum Beispiel hast Du immer geglaubt, Deine frühere Kollegin Karin sei normal. Nun triffst Du sie in dieser Umgebung wieder – was noch nicht völlig reicht, daran zu zweifeln. Doch irgendwie ist ihr Verhalten eigenartig. Sie scheint unter einer Art Druck zu stehen, als warte sie auf jemanden … auf jemanden, mit dem sie nicht gern gesehen werden möchte. Ein Grund mehr für Dich, nicht von ihrer Seite zu weichen. Deine Neugier ist geweckt.

Ihr seid gerade mitten in der üblichen Aufwärmphase und tauscht mehr oder minder interessierte Fragen zum jeweiligen Wohlbefinden und die entsprechenden Antworten aus, da erscheint plötzlich von der Seite die Gestalt eines Mannes und drückt sich höchst vertraulich an Karin, die Dich mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck („Na schön, jetzt ist es also passiert!“) vorstellt und dann den Neuankömmling: „Klaus.“

Klaus und Karin. Das ist eine hübsche Alliteration und findet daher Dein Gefallen. Der Andere drückt Dir Deine Hand in einer Art, die Dich nicht wirklich beeindruckt. Überhaupt ist er eher einer der Nichtssagenden. Mausige Haare, mausiges Gesicht, große mausige Zähne, deren Lächeln für Großbildschirme geeignet ist, wenn man den ganzen Klaus auch lieber nicht in superhohen Auflösungen betrachten sollte.

„Geht’s dir jetzt besser?“, fragt Karin ihren Begleiter und er nickt, ohne die vielen großen Zähne wieder wegzustecken.
„Jo“, meint Klaus, „viel besser. Jetz‘ kann ich wieder nachladen. Eh, wollt ihr auch Glühwein, Kinder?“ Er ist richtig leutselig – und schon ziemlich angeschickert.
„Nein, danke“, sagt Karin und sieht in die andere Richtung und Du schüttelst ebenfalls den Kopf und antwortest dann: „Nö. Aber lass‘ du dich nur nicht abhalten, Klaus.“
„Nee“, meint er daraufhin, „nee, mach‘ ich auch nich‘ …“ Schon entfernt er sich ein paar Schritte, dann dreht er sich noch einmal um und ruft: „Un‘ ihr geht da nich‘ weg, wa?“
Karin antwortet nicht. Du antwortest nicht und Klaus ist’s letztlich egal, er stolpert weiter in Richtung Glühwein.

„Und? Gehen wir?“, willst Du wissen.
„Nein. Ich jedenfalls nicht. Ich fühle mich für ihn verantwortlich.“
„Oh“, Du setzt Dein Unschuldsgesicht auf und beginnst: „Versteh‘ mich nicht falsch, ich will überhaupt nicht indiskret sein …“
„Quatsch“, fällt Dir Karin ins Wort, „natürlich willst du das. – Es gibt zwar überhaupt keinen Grund für Erklärungen … außer vielleicht Fremdschämen …“
„Was eigentlich ein guter Grund ist“, wirfst Du schnell ein.
„Ja, vielleicht. – Es ist so: Er ist ein Cousin. Nicht meiner, sondern der einer wohlmeinenden Freundin. Oder zumindest glaubte ich bisher immer, dass sie das sei. Eine von diesen Frauen, denen es nicht reicht, sich irgendeine der tausend Zahlkarten für wohltätige Zwecke zu schnappen, mit denen um diese Jahreszeit die Briefkästen überschwemmt werden und Geld zu spenden. Nein, sie muss ein gutes Werk tun und zwei ihrer Meinung nach einsame und daher bedürftige, also auch zwangskompatible Seelen miteinander verkuppeln.“

„Karin und Klaus“, bemerkst Du.
„Ja, Karin und Klaus. Es klingt wie ‚Hanni und Nanni‘, ist aber, wie Du sehen, hören und vermutlich auch riechen konntest, wesentlich alkoholhaltiger.“
„Schön gesagt“, lobst Du. „Dieser da ist also ein Date, wie man es heute nennt.“
„Nein“, nun klingt Karin wirklich böse. „Dieser da ist DEFINITIV KEIN DATE. Ein Date ist etwas, das man sich selbst einbrockt. Dieser da ist so eine Art ‚Kannst-du-meinen-Hund-Gassi-führen-während-ich-Weihnachtsgeschenke-einkaufe‘-Verabredung.“
„Tut mir leid. Ich wollte Dir wirklich nicht zu nahe treten.“
„Schon verziehen“, erwidert sie und fährt fort: „Jedenfalls habe ich ihn dem Glühwein-Resistenz-Test unterzogen und er hat leider nicht bestanden.“
„Das klingt interessant und fast wissenschaftlich.“
„Ist ganz einfach“, erläutert sie: „Du nimmst jemanden mit auf den Weihnachtsmarkt und gibst ihm die Gelegenheit, sich selbst durch übermäßigen Alkoholkonsum zu disqualifizieren. Er hat’s geschafft.“

„Mein Beileid. Wann kannst du ihn wieder abgeben?“ Du bist nun wirklich besorgt.
„Ich hoffe, bald. Und ich hoffe, er kann bis dahin noch auf zwei Beinen gehen.“
„Soll ich dir helfen?“, der Kavalier in Dir bricht durch. Doch sie schüttelt den Kopf.
„Nein, ist okay. Zieh‘ du gern deiner Wege, ich komme zurecht …“
Die Aufforderung ist nicht zu überhören und nach einem Abschied, der fast so gut war, wie die letzte Szene zwischen Bogart und Bergmann in „Casablanca“, trollst Du Dich.

Die Sache geht Dir durch den Kopf. Wer hätte gedacht, dass es Menschen gibt, die tatsächlich etwas mehr oder weniger Sinnvolles mit einem Weihnachtsmarkt anzufangen wissen?

Text von Herbert Jost-Hof

Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgen hier nun zwei Rezepte.

Glühwein

Rezept für 1 Portion
Zutaten:

700 ml Wein, rot
150 ml Rum
1 Stange/n Zimt
2 Sternanis
9 Nelke(n)
1 Orange(n), unbehandelt,, mit den Nelken gespickt
1 Orange(n), Schale entfernt, in mundgerechte Stücke geschnitten
1/2 Zitrone(n), Saft ausgepresst
200 ml Orangensaft
Rohrohrzucker

Zubereitung:

Rotwein und Rum in einer weiten Pfanne heiß werden lassen. Der Sud sollte nicht kochen. Zimtstange, Sternanis, die gespickte Orange und die Orangenstücke dazugeben. Das Ganze ca. 20 Minuten auf kleiner Hitze ziehen lassen. Vor dem Servieren den Glühwein mit Zitronensaft, Orangensaft und Rohrohrzucker abschmecken. Nochmals kurz erhitzen, Gewürze und die gespickte Orange entfernen. Anschließend knn der Glühwein in Tassen ausgegeben werden.

Arbeitszeit: ca. 10 Min.

"Kinder" - Glühwein

Rezept für 4 Portionen
Zutaten:

1 Liter Wasser
2 EL Blüten (Malvenblüten)
1 Stange/n Zimt
4 Gewürznelke(n)
1 Schuss Zitronensaft
n. B. Rohrohrzucker 

Zubereitung:

Wasser aufkochen. Malvenblüten, Zimt, Nelken und Zitrone etwa 10 Minuten darin ziehen lassen. Durch ein Sieb in Punschgläser abgießen. Nach Geschmack süßen.

Arbeitszeit: ca. 10 Min.

Liebe Freundinnen und Freunde unserer Kolumne „Liebe geht DOCH durch den Magen“,
alles verändert sich, so ist das Leben. Menschen kommen und gehen, Dinge entwickeln sich – und nichts ist im digitalen Zeitalter so schnell in seiner Entwicklung wie die Kommunikationsmedien.
Unsere Kolumne wird in der bisherigen Form zum Ende des Jahres 2014 eingestellt. Aber die Liebe wird auch weiterhin durch den Magen gehen, wenn auch in anderer Gestalt: Wir planen eine interaktive live Spiel-Talk-Kochshow und bitten Sie dabei um Unterstützung auf der Suche nach geeignete Lokalitäten. Wenn Sie ein Lieblingslokal haben mit toller Küche (oder vielleicht selbst Gastronomin oder Gastronom sind), zu dem ein neues und ganz anderes Format gut passen würde, dann melden Sie sich bitte bei uns. Wir freuen uns auf Ihre Ideen!

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