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Liebe geht DOCH durch den Magen: Kirschauflauf mit wenigstens sechs Beinen

Archivmeldung vom 21.07.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.07.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grafik: Herbert Jost-Hof
Grafik: Herbert Jost-Hof

Für manche Zeitgenossen ist nichts ärgerlicher, als keinen Anlass zum Ärgern zu haben. Gut also, wenn man etwas oder jemanden gefunden hat, über das oder den man sich so richtig nach Herzenslust aufregen kann - seine neuen Nachbarn, zum Beispiel. Dumm nur in diesem Fall, wenn sie sich schließlich als netter erweisen, als man gedacht hat.

Die Kirschen in Nachbars Garten sind ja – wenn man dem Volksmund glauben darf – immer verführerischer als die im eignen. Das könnte Dir nun wirklich egal sein, denn Du hast keinen Garten. Nicht wirklich jedenfalls. Hinter Deiner Wohnung im Erdgeschoss ist dieser kleine Streifen unbebauten Landes, der Dir vor fünf Jahren von einem Makler als „Kreativ-Biotop“ angepriesen wurde. Und obwohl Deine Kreativität in den wenigen Fällen ihres Erscheinens ganz bestimmt nicht nach Biotopen verlangt, um sich Ausdruck zu verschaffen, hast Du die Wohnung gemietet.

Nun stehen neben der Tür zur handtuchbreiten Terrasse ein zusammengeklappter Liegestuhl aus Kunststoff (in Grün mit Staub), Dein Fahrrad (Silber mit Rost) und ein wenig weiter auf diesem Grünstreifen, der vielleicht ein Rasen sein könnte, würdest Du ihn pflegen, ruhen zwei große Keramiktöpfe (Terracotta mit Moos), die Dir zum Einzug von wohlmeinenden Freunden geschenkt worden waren, die offensichtlich Dein Engagement für die Natur und das Grün all Deiner Daumen mächtig überschätzt hatten.
Ursprünglich waren in diesen Töpfen auch Pflanzen gewachsen, deren Namen Du nicht kanntest. Da Du aber schon immer für Leute (und Pflanzen zählen für Dich in diesem Fall dazu), die Dir nicht persönlich vorgestellt wurden, wenig Interesse aufgebracht hast, sind die armen Dinger verkümmert und inzwischen sprießen andere Gewächse aus den Pötten, die Du ebenfalls nicht namentlich kennst, von denen Du aber ziemlich sicher annimmst, dass es sich bei ihnen um Unkraut handelt.

Das ist nicht weiter tragisch, denn damit passen sie eigentlich gut zu dem Ambiente des verwilderten Gartens jenseits des herunter getretenen Maschendrahtzauns, der sich nach hinten an Deine eigene kleine Wildnis anschließt. Und dort nun gibt es tatsächlich Obst, unter anderem von zwei Kirschbäumen. Nicht, dass Deine botanische Bildung es Dir erlauben würde, Kirschbäume von Kastanien zu unterscheiden. Aber Du weißt natürlich, wie die Früchte aussehen. Und Du hattest genügend Gelegenheit, zuzusehen, wie in kleinen Eimern und Schüsseln diese Kirschen aus dem Garten herausgetragen wurden. Und da eben liegt das Problem.

Es wäre Dir völlig egal, wer sich der Mühe unterzieht, diese offensichtlich herrenlosen Kirschen aufzusammeln, wenn die Menschen, die das tun, nicht dazu etwa für zwei Meter über Deine persönliche Hintertüren-Wüstenei laufen müssten. Und das ist nun wirklich ein starkes Stück! Aufgrund der Bebauung ist wahrhaftig der einzige halbwegs bequeme Zugang zu dem Garten diese eine Stelle, an der der Zaun schon fast in den Boden gestampft ist. Was darauf schließen lässt, dass bereits andere diesen Weg nutzten, lange bevor Du in diese Wohnung gezogen bist. Aber während der letzten fünf Jahre war Ruhe gewesen, bis … ja, bis diese neuen Nachbarn im zweiten Stock des Hauses, in dem auch Du wohnst, eingezogen sind.

Ihr Name ist Fink. Was sie Dir nicht sympathischer macht, denn mit Vögeln im Allgemeinen und Besonderen hast Du auch nichts am Hut, im Gegenteil: sie verschwören sich regelmäßig, Dein Auto auf dem Firmenparkplatz als Toilette zu nutzen. Nur, weil Du darauf bestanden hast, dass Dir ein Platz unter einem der Bäume reserviert wird, damit Du nach Büroschluss nicht in einen von der Sonne völlig überhitzten Wagen steigen musst.
Je mehr Du über solche Dinge nachdenkst, desto deutlicher wird Dir, dass die Natur ohnehin größtenteils nur dazu da ist, Dich zu nerven. In jeglicher Form. Und dazu zählen nun eben auch Deine Nachbarn. Seit sie im Haus wohnen, ist alles anders und vor allem laut, denn Kinder haben sie auch noch.

Das wäre so weit in Ordnung, denn irgendwer soll später Deine berechtigten Ansprüche auf Rente befriedigen. Aber ob diese Kinder dazu taugen, erscheint Dir doch fraglich. Schließlich gehen sie bereits jetzt, in sehr jungen Jahren, ganz offensichtlich kriminellen Aktivitäten nach, angeleitet von ihren Eltern. Oder wie sonst sollte man die Überquerung Deiner „Grünfläche“ zum Zwecke des gemeinschaftlichen Erntens fremder beweglicher Sachen – hier: Kirschen ungeklärter Zugehörigkeit – bezeichnen?
Das kleine Bisschen juristischen Verständnisses, das in Dir steckt, wallt auf und empört sich.

Gut, irgendwie haben Sie Dich tatsächlich gefragt, ob sie das dürfen und Du hast es ihnen vielleicht auch irgendwie erlaubt. Aber da konntest Du nicht absehen, dass Dein joviales „Ach, klar könnt Ihr da durch gehen!“ zu einem Kirschauflauf mit mindestens sechs Beinen führen würde, zu einer Art Wanderbewegung, gegen die die Pilgerströme des Mittelalters Deiner Meinung nach wie kleine und nicht weiter bedeutende Ausflüge in die Sommerfrische wirken.

So ist das nun eben: Sie haben sich Dir vorgestellt, als sie eingezogen sind und damit provoziert, dass Du Dich für sie interessierst. Und dann haben Sie dich überrumpelt und provozieren Dich nun mit ihren Ernteritualen dazu, dieses Interesse eindeutig in Ärger umschlagen zu lassen.
Du würdest es nie zugeben, nicht einmal vor Dir selbst, doch eigentlich haben sie Dir damit einen großen Gefallen getan, da Du nun endlich über ein Feindbild verfügst, in das Du auch allen Ärger aus dem Büro hineinprojizieren kannst. Jetzt hast Du wieder jemanden, der an allem Schuld ist, egal woran.

Gerade bist Du wieder dabei, Dich in eine ebenso heftige wie sinnlose Rage hinein zu reden, wozu Dir ein Brief des Finanzamtes einen willkommenen Anlass gegeben hat, da klingelt es an Deiner Wohnungstür.
Du willst niemanden sehen und dass Dich offenbar jemand sehen will, den Du ganz sicher nicht sehen willst, ist auch nur wieder eine von diesen Unverschämtheiten, die Dir ständig zugemutet werden. Also öffnest Du die Tür mit Schwung und dem Vorsatz, jeden, der sich erfrecht, dort draußen zu stehen, in Grund und Boden zu brüllen.

Du wirst allerdings zunächst dadurch abgebremst, dass Du den Blick senken musst, um die Person zu sehen, die sich dort eingefunden und all das Donnerwetter auf sich gezogen hat, das Dir aufgrund dieser Tatsache auch erst einmal im Hals stecken bleibt.
Es ist eines der Fink-Kinder, den Vornamen hast Du vergessen. Genau genommen ist es eines der Nachbarskinder in Begleitung einer Schüssel. Und es sagt sehr höflich und ein wenig verlegen „Guten Tag“.
Da Du Dir nicht vorwerfen lassen willst, an der kriminellen Zukunft des Knaben mitschuldig geworden zu sein, weil Du eine Gelegenheit ungenutzt gelassen hast, ihn durch gute Manieren weiter auf dem Weg der Tugend wandeln zu lassen, erwiderst Du den Gruß, freust Dich aber, dass Du ziemlich unwirsch klingst. - Von kleinen Kindern lässt Du Dich nicht einwickeln und schon gar nicht aus einem Wutanfall bringen.

Der Junge streckt die Arme aus und hält Dir die Schüssel hin.
„Is'n das?“ fragst Du und es ist das perfekte verbale Äquivalent eines Naserümpfens.
„Von meiner Mama“, sagt der Junge, der sich nicht wohl fühlt in Deiner Gegenwart. „Das is' Kirschauflauf.“
Kirschauflauf? RICHTIGER Kirschauflauf? - Den hattest Du nicht mehr, seit Du ein Knirps warst und die Welt noch gemocht hattest. Ja, natürlich: Kirschauflauf! Nun riechst Du es auch und es scheint, das ganze Treppenhaus duftet danach. Diese süße Wolke benebelt Dich und trägt Dich zurück in Deine Kindheit … Da sind plötzlich Bilder von Orten und Menschen, an die Du lange nicht mehr gedacht hast. Da ist der Geschmack von …
„Kirschauflauf“, wiederholst Du, leicht benommen.
„Wenn Sie den mögen“, sagt das Kind vor Dir. Die Schüssel schwankt ein wenig in seinen Händen. Du nimmst sie ihm ab.
„Und am Sonntag macht meine Mutter Kirschstreusel“, erklärt der Junge, während er verlegen seine nun freien Hände hinter sich verschwinden lässt. „Soll ich Ihnen sagen. Wenn Sie mögen … also ...“
„Danke“, antwortest Du, „danke, das ist sehr nett. Sag' Deiner Mutter: gern. Kirschstreusel ist toll.“
Das Kind nickt, zögert noch einen Moment, ruft dann „Tschüss!“ und ist weg.

Jetzt bist Du allein mit einer fremden Schüssel, aus der es duftet. Mit Erinnerungen. Und mit der Tatsache, dass gerade Deine Wut geplättet wurde und Du feststellen musst, dass die Finks vielleicht wirklich gar nicht so übel sind …

Nein, denkst Du Dir, während Du in der Küchenschublade nach dem richtigen Werkzeug suchst, um Dich an dem unverhofften Geschenk gütlich zu tun, nein, das lässt Du nicht mit Dir machen. Du möchtest weiter wütend sein … Und zum Glück für Dich gibt es da ja noch das Finanzamt, das nun in Deinen Gedanken all Deinen Zorn abbekommt. Aber dafür werden die auch bezahlt. Bildest Du Dir ein.

Text von Herbert Jost-Hof

Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgt hier nun das Rezept (das Zweite ist in der bio-Variante).

Kirschauflauf

Zutaten für 6 Portionen
1 Glas Kirschen, ( 720 ml ) oder
500 g Kirschen, frische
3 EL Zucker
2 Ei(er)
80 g Zucker
1 Pck. Vanillezucker
100 g Mandel(n), gemahlen
60 g Mehl
1 TL, gestr. Backpulver
50 g Mandel(n), in Blättchen
2 EL Zucker
2 TL Zimt
Butter und Paniermehl für die Form

Zubereitung
Auflaufform buttern und Paniermehl darin verteilen. Abgetropfte Kirschen in die Form geben und mit 3 EL Zucker bestreuen.
Eier trennen, Eiweiß steif schlagen, 80 g Zucker langsam einrieseln lassen, Vanillezucker auch, Eigelb unterziehen. Gemahlene Mandeln, Mehl, Backpulver mischen und vorsichtig unter die Eimasse heben. Teig über die Kirschen geben. Mandelblätter mit Zimt und Zucker mischen und über dem Auflauf verteilen. Im vorgeheizten Backofen bei 200° ca. 20 bis 30 Minuten zu schöner Farbe backen.
Dazu passen gut Vanillesauce, Sahne, Kirschsauce oder am besten Vanille-Eis.
Noch eine Anmerkung: Ich schäle meistens 200 g Mandeln selbst, gebe 100 g fein gemahlen in den Teig und der Rest kommt etwas gröber gehackt oben drauf. Diese Mandeln schmecken uns einfach besser.
Arbeitszeit: ca. 20 Min.

Kirschauflauf mit Schoko - Mandel - Baiser

Zutaten für 4 Portionen
1 Liter Soya-Milch
1 Prise Meersalz
250 g bio Milchreis
1 Glas bio Schattenmorellen, (720 ml)
1 EL bio  Speisestärke
110 g Rohrohrzucker
4 bio Ei(er), (Gr. M)
50 g weiche bio Butter
etwas Bourbon Vanille gemahlen
1 TL Zitronensaft aus einer bio Zitrone
20 g Mandel(n) - oder Haselnussblättchen
50 g bio Schokoladenraspel (dunkel)

Zubereitung
Milch und Salz in einem Topf aufkochen. Reis hineinschütten, einmal umrühren und bei schwacher Hitze ca. 30 Min. ausquellen lassen. Anschließend abkühlen lassen.
Kirschen abtropfen lassen, den Saft dabei auffangen. Stärke und etwas Saft glatt rühren. Den restlichen Saft und 30 g Zucker in einem Topf aufkochen. Kirschen unterheben. Das Kompott abkühlen lassen.
Eier trennen. Fett und 30 g Zucker mit den Schneebesen cremig rühren. Eigelb und Aroma zufügen und schaumig rühren. Reis portionsweise unterrühren.
Reis in eine gefettete Auflaufform füllen. Kompott darauf verteilen. Im vorgeheizten Backofen (E-Herd: 200° C / Umluft: 175° C / Gas: Stufe 3) 20 Minuten goldgelb backen.
Die Hälfte des Eiweiß steif schlagen, 50 g Zucker einrieseln lassen und Zitronensaft unterrühren. Auf dem Auflauf verteilen. Mandelblättchen und Schoko-Raspeln darüber streuen. Den Auflauf bei gleicher Temperatur ca. 10 Min. weiterbacken.
Arbeitszeit: ca. 30 Min.

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