Pferdefleisch-Skandal: Aigner sieht Wettbewerb im Lebensmittelmarkt nicht als Entschuldigung
Archivmeldung vom 15.02.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.02.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sieht den starken Wettbewerb im europäischen Lebensmittelmarkt nicht als Entschuldigung für den Pferdefleisch-Skandal. Im Interview mit der "Bild-Zeitung" sagte sie: "Die Verbraucher müssen sich jederzeit darauf verlassen können, dass ihre Lebensmittel sicher sind und richtig gekennzeichnet - egal, ob sie preisgünstig im Supermarkt einkaufen oder teuer im Feinkostladen."
Die Ministerin betonte: "Wir erleben einen handfesten Betrugsskandal, der seinen Ursprung außerhalb Deutschlands hat. Wer hinter diesem Skandal steckt, muss jetzt schleunigst aufgeklärt werden." Bei so üblen Verstößen gegen geltendes Recht wie im Pferdefleisch-Skandal müssten Lebensmittelüberwachung, Polizei und Justiz "mit aller Härte durchgreifen".
Aigner: "Wozu haben wir in der gesamten EU strenge Gesetze?" Dass die Kontrollaufsicht bei den Bundesländern liegt, hält sie für richtig. "Wir leben in einem föderalen Staat, in dem seit jeher die Bundesländer wie für Schulen und Polizei auch für die Lebensmittelüberwachung zuständig sind", sagte Aigner.
Angesichts des sich ausweitenden Pferdefleisch-Skandals hat Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) die Kontrollbehörden der Bundesländer zur Wachsamkeit aufgerufen. "Wichtig ist, dass alle falsch gekennzeichneten Produkte schnell vom Markt genommen und Proben in den Labors gründlich untersucht werden, auch auf Arzneimittelrückstände", sagte Aigner der "Saarbrücker Zeitung".
Die Bundesverbraucherministerin betonte weiter, bisher gebe es für Deutschland keine Hinweise auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung, "doch auch hier müssen die zuständigen Lebensmittelkontrollbehörden der Länder wachsam bleiben". Gegenwärtig seien die Dimensionen des Skandals "schwer abzuschätzen". Alle EU-Mitgliedstaaten müssten daher in einem breit angelegten Screening vor allem tiefgefrorene Fertiggerichte testen. "DNA-Tests sind zwar aufwendig, aber sie sind das richtige Instrument."
Verbraucherschützer fordern Schnellwarnsystem für Verbrauchertäuschung
Der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Gerd Billen, hat als Konsequenz aus dem Pferdefleisch-Skandal ein Schnellwarnsystem für Verbrauchertäuschung gefordert. Die bisherigen Vorschläge der EU-Kommission seien lediglich eine kurzfristige Maßnahme, die es den Behörden ermögliche, Fakten für ein Gesamtbild der Situation zusammenzutragen. "Dann muss die EU auch langfristig die Weichen stellen, um die Lebensmittelüberwachung in Europa zu verbessern", sagte Billen "Handelsblatt-Online". Es dürfe nicht nur dann "beherzt" gehandelt werden, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten seien. Auch Täuschungen verstießen gegen geltendes Recht und müssten von der Lebensmittelüberwachung "energisch" verfolgt werden, sagte Billen weiter. Dazu gehöre auch, dass Informationen über Täuschungen über "Schnellwarnsysteme" zügig verbreitet werden. "National und in anderen europäischen Mitgliedsstatten wäre es sinnvoll, eine Plattform für Täuschungen analog zur Seite www.Lebensmittelwarnungen.de aufzubauen", schlug Billen vor. "So könnten sich die nationalen Überwachungsbehörden schneller über Täuschungsdelikte informieren, und die Öffentlichkeit hätte auch den zügigen Zugang zu diesen Daten im Falle eines Skandals."
Die Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn forderte eine "lückenlose" Aufklärung des Skandals, insbesondere was die Frage der Gesundheitsgefährdung betrifft. Zugleich rief sie die Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) zum Handeln auf. "Ministerin Aigner darf sich nicht hinter der EU und den Ländern verstecken", sagte Höhn "Handelsblatt-Online". "Wir brauchen eine bessere Rückverfolgbarkeit von Zutaten in Fertiggerichten über entsprechende Regelungen im Lebens- und Futtermittelrecht."
Zudem müssten die Behörden die Kompetenz erhalten, die Öffentlichkeit über die betroffenen Produkte zu informieren - auch wenn keine Gesundheitsgefährdung vorliege. "Beides kann und muss die Bundesregierung regeln, um Täuschungen solchen Ausmaßes künftig zu erschweren", betonte Höhn. Darüber hinaus müsse auch geklärt werden, "warum die Falschdeklaration in Deutschland erst jetzt bekannt wurde und ob eventuell Unternehmen auffällige Ergebnisse bei den Eigenkontrollen nicht an die Behörden gemeldet haben".
Quelle: dts Nachrichtenagentur